WM

Pelés Erben: Die besten jungen Spieler der WM-Geschichte

Von Justin Kraft
Argentinien, WM 2022, Enzo Fernandez
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Enzo Fernández ist der beste junge Spieler der WM 2022 in Katar. Der Argentinier und Weltmeister tritt damit in große Fußstapfen. Auf der Liste der Gewinner befinden sich neben echten Legenden auch einige ehemalige Top-Talente, die den Sprung in die Elite des Weltfußballs verpasst haben.

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Weltmeisterschaften sind oft auch die große Bühne für junge Spieler, um bekannter zu werden. Seit einiger Zeit vergibt die FIFA bei jedem Turnier den Award für den besten jungen Spieler. Die Liste ist lang und glorreich. Unter ihnen sind aber auch Talente, die die ganz großen Erwartungen nie erfüllen konnten.

SPOX zeigt die Gewinner seit der WM 1998 und schaut bei jedem Turnier auf weitere junge Spieler, die eingesetzt wurden. Das einzige Kriterium: Sie müssen zum Zeitpunkt ihrer Einsätze 21 Jahre oder jünger gewesen sein.

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WM: Auf den Spuren von Pelé und Franz Beckenbauer

Den ersten Award für den besten jungen Spieler einer Weltmeisterschaft gab es erst 2006 bei der WM in Deutschland. Doch bereits zuvor hatte die FIFA mittels einer Internet-Abstimmung rückwirkend die besten Nachwuchsspieler bei Weltmeisterschaften von 1958 bis 2002 ermittelt. Darunter fanden sich dann Größen wie Pelé und Franz Beckenbauer.

Pelé ist sogar der erste Spieler überhaupt, der in dieser Liste geführt wird. Bei der WM 1958 in Schweden war der Brasilianer erst 17 Jahre jung. Nachdem er in den ersten beiden Partien nicht zum Einsatz kam, erzielte er in den restlichen vier Spielen sechs Tore und bereitete einen weiteren Treffer vor. Im Finale gegen den Gastgeber traf er doppelt und krönte Brasilien zum Weltmeister.

Beckenbauer war bei der WM 1966 in England 21. Auch er spielte groß auf, traf in sechs Spielen viermal. Die Finalniederlage gegen die Engländer konnte aber auch der Kaiser nicht verhindern. 1974 holte er sich den Titel dann aber in der Heimat.

Voting, Stürmer
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WM 1998: Michael Owen (4 Spiele, 2 Tore, 1 Vorlage)

Obwohl England im Achtelfinale gegen Argentinien ausschied, wurde Owen rückwirkend zum besten jungen Spieler des Turniers gekürt. Mit seinem Treffer bei der 1:2-Niederlage gegen Rumänien deutete der 18-Jährige sein Potenzial bereits in der Gruppenphase an.

Die 18 Minuten nach Einwechslung bescherten ihm zwei WM-Einsätze über die volle Distanz gegen Kolumbien und eben Argentinien. Dort holte er nach 0:1-Rückstand einen Elfmeter heraus und traf kurz darauf selbst zur 2:1-Führung. Gereicht hat es nicht.

Owen galt fortan als eines der größten Talente im Weltfußball, konnte sein Versprechen aber nur teilweise einlösen. 158 Tore und 47 Vorlagen in 297 Partien für den FC Liverpool sind zweifelsohne Topwerte. Seine Zeit bei Manchester United und Real Madrid war jedoch deutlich weniger erfolgreich. Für die Three Lions traf er in 89 Einsätzen immerhin 40-mal und sein Ansehen in der Heimat ist nach wie vor groß.

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WM 1998: Weitere eingesetzte Talente

Die Liste an vielversprechenden jungen Spielern ist bei Weltmeisterschaften in der Regel lang. Einige von ihnen waren bei vorherigen Turnieren schon mal dabei, wurden nun aber erstmals bei einer WM eingesetzt:

  • Samuel Eto'o, David Trézéguet, Thierry Henry, Raúl, Ronaldo
USA, Bundesliga
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WM 2002: Landon Donovan (5 Spiele, 2 Tore, 1 Vorlage)

Er war die US-Entdeckung eines aus amerikanischer Sicht sehr erfolgreichen Turniers. Immerhin erreichte die USA das Viertelfinale. Der damals 20-Jährige stand in jedem Spiel in der Startelf und erzielte im Achtelfinale das 2:0 gegen Mexiko. Gegen Deutschland war dann aber Schluss.

Donovan versuchte es immer wieder in Deutschland - zunächst bei Bayer Leverkusen, wo er sich aber nicht so richtig durchsetzen konnte. Im Winter 2009 holte ihn schließlich Jürgen Klinsmann zu den Bayern. Seine größten Erfolge feierte er aber in den USA, wo er sechsmal die MLS gewann.

Mit der Nationalmannschaft sicherte er sich zudem viermal den Gold Cup. Viermal wurde Donovan darüber hinaus Fußballer des Jahres in den Staaten. Es hätte auch schlechter laufen können, wenngleich der große Sprung nach Europa missglückte.

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WM 2002: Weitere eingesetzte Talente

Diese Namen haben es in sich, aber ihr Durchbruch sollte erst später kommen:

  • Kaká, Zlatan Ibrahimovic, Iker Casillas, Owen Hargreaves
Lukas Podolski
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WM 2006: Lukas Podolski (7 Spiele, 3 Tore, 0 Vorlagen)

Mit seinem Doppelpack gegen Schweden im Achtelfinale brachte er das Sommermärchen so richtig ins Rollen. Podolski war der Protoyp eines Gewinners in der Kategorie "junger Spieler" - auch und gerade, weil der 21-Jährige jugendliche Spielfreude ausstrahlte. Übrigens ist das tatsächlich ein Kriterium bei der FIFA-Wahl.

Seine Karriere ging zunächst vielversprechend weiter, denn der Kölner wechselte zum FC Bayern München. So richtig warm wurde er mit den Münchnern aber nie und auch seine Karriere stagnierte. "Poldi" wechselte durch halb Europa und schließlich auch nach Japan.

Nach einiger Zeit wurde er als Spieler gebrandmarkt, der nur in der Nationalmannschaft oder in der Heimat funktioniert. Und tatsächlich: Für den DFB traf er in 130 Einsätzen 49-mal - und wurde 2014 Weltmeister. Wenn auch als Ersatzspieler.

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WM 2006: Weitere eingesetzte Talente

Die Konkurrenz für den Award war riesig. Hier eine Auswahl an eingesetzten U22-Spielern:

  • Lionel Messi, Cesc Fàbregas, Wayne Rooney, Sergio Ramos, Luka Modric, Cristiano Ronaldo, Per Mertesacker, Bastian Schweinsteiger
Thomas Müller, DFB-Team
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WM 2010: Thomas Müller (6 Spiele, 5 Tore, 3 Vorlagen)

Für den Profi des FC Bayern München war die Saison 2009/10 der große Durchbruch. Insofern war seine Leistung bei der WM 2010 keine große Überraschung mehr - und doch fühlte er sich wie die Neuentdeckung des Weltfußballs an.

Mit erst 20 Jahren spielte er große Teams wie England und Argentinien schwindelig. Müller traf nur bei der 0:1-Niederlage gegen Serbien nicht, sonst aber in jedem Spiel. Mit seinen fünf Treffern sicherte er sich den Award für den besten Torjäger. Besonders bitter: Wegen einer Gelbsperre fehlte er bei der Halbfinal-Niederlage gegen Spanien.

Seine weitere Karriere ist ein offenes Buch. Mit dem FC Bayern schrieb er ebenso Geschichte wie mit der Nationalmannschaft. Zweifacher Champions-League-Sieger, Weltmeister, nationaler Titelhamster - Müller hat sich Legendenstatus erarbeitet. Viel mehr ging nicht. Nach der WM 2022 ist unklar, ob er nach 121 Länderspielen und 44 Toren Schluss macht beim DFB. 2010 ging seine wilde Reise los.

Christian Eriksen, EM 2021,
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WM 2010: Weitere eingesetzte Talente

Auch Müller hatte namhafte Konkurrenz, aber um ehrlich zu sein: Dieser Award ist wohl unstrittig. Hier eine Auswahl:

  • Christian Eriksen, Toni Kroos, Alexis Sánchez, Mesut Özil, Jérôme Boateng, Javi Martínez, Sergio Busquets
pogba
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WM 2014: Paul Pogba (5 Spiele, 1 Tor, 1 Vorlage)

2014 war das Jahr, in dem ein 21-jähriger Mittelfeldspieler in Italien so richtig durchstartete. Pogba spielte mit einer Mischung aus Physis und Eleganz, die viele Zuschauerinnen und Zuschauer verzauberte. Auch bei der WM in Brasilien zählte er zu den aufregendsten Spielern des Turniers.

Manchester United ärgerte sich irgendwann so sehr darüber, dass sie dieses Juwel an Juventus Turin verloren haben, dass sie 2016 105 Millionen Euro auf den Tisch legten. Pogba wurde einst als zukünftiger Ballon-d'Or-Gewinner gesehen - doch dieses Versprechen löste er nie ein.

Immerhin konnte er bei der WM 2018 dann aber entscheidend dazu beitragen, dass die Équipe Tricolore Weltmeister wurde. United verließ er inzwischen erneut ablösefrei - wieder zu Juve.

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WM 2014: Weitere eingesetzte Talente

Pogba war nahezu konkurrenzlos. Das lag aber nicht an der Qualität der anderen jungen Spieler, sondern an seinem nahezu unbegrenzten Talent.

  • Raheem Sterling, Romelu Lukaku, Raphaël Varane, Marco Verratti, Memphis Depay, Mateo Kovacic, Marcelo Brozovic
Kylian Mbappe, Frankreich
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WM 2018: Kylian Mbappé (7 Spiele, 4 Tore, 1 Vorlage)

19 Jahre jung, unbekümmert und mit einer Offensivpower, die kaum ein anderer je auf den Platz brachte: Mbappé begeisterte die Menschen bereits bei der letzten Weltmeisterschaft in Russland. Vor allem seine Performance gegen Argentinien im Achtelfinale blieb in Erinnerung. Frankreich gewann mit 4:3 und Mbappé traf nicht nur doppelt, sondern sammelte auch einen Assist. Hinzu kamen Tore gegen Peru in der Gruppenphase und im Finale gegen Kroatien. Bereits in diesem Alter hatte er das erreicht, wovon die meisten Fußballer nur träumen.

Doch Mbappés Karriere geht weiter steil bergauf. Nach langwieriger Streiterei mit seinem Klub Paris Saint-Germain und kolportiertem Wechsel zu Real Madrid unterschrieb er bei PSG einen Vertrag, der ihn wohl zum aktuell mächtigsten Fußballer macht. Von Mitspracherecht bei Transfers war sogar die Rede.

Mbappé ist erst 23 und hat bei seiner zweiten WM-Teilnahme erneut gezeigt, was für ein Weltklasse-Fußballer er ist. Mit nun insgesamt zwölf WM-Toren jagt er alle Rekorde und wandelt auf den Spuren von Miroslav Klose und Pelé.

England
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WM 2018: Weitere eingesetzte Talente

In Russland konnten sich ebenfalls viele Talente erstmals beweisen - doch an Mbappé gab es kein Vorbeikommen. Eine Auswahl:

  • Achraf Hakimi, Trent Alexander-Arnold, Marcus Rashford, Ousmane Dembélé, Youri Tielemans, Gabriel Jesus, Sofyan Amrabat
Argentinien, WM 2022, Enzo Fernandez
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WM 2022: Enzo Fernández (7 Spiele, 1 Tor, 1 Vorlage)

Der 21-Jährige entwickelte sich im Turnierverlauf zu einer fast schon ungeahnten Stütze für das argentinische Team. Zweikampfstark, aber auch klug antreibend mit dem Ball war er das entscheidende Puzzleteil im stabilsten Mittelfeld aller Turnierteilnehmer. In sieben Einsätzen gelangen ihm zudem ein Tor und eine Vorlage.

Wie es für Fernández weitergeht, bleibt abzuwarten. Erst im vergangenen Sommer wechselte er für zwölf Millionen Euro zu Benfica, wo er sich ebenfalls schon zum Schlüsselspieler entwickelt hat. Halb Europa klopft bereits an seine Tür. Ob er aber zu den Mbappés und Müllers dieser Liste gehört oder doch eher zu den Donovans und Podolskis, muss sich zeigen. Den Weltmeister-Titel hat er auf seiner Liste jedenfalls schon abgearbeitet.

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WM 2022: Weitere eingesetzte Talente

Gut für Fernández war es sicherlich, dass viele der zuvor groß gefeierten Top-Talente zu wenig Zeit hatten, um zu performen. Schließlich war Jamal Musiala trotz lediglich drei Einsätzen unter den gefährlichsten Offensivspielern. Und auch Jude Bellingham oder die spanischen Youngsters hätten bei besserer Teamleistung wohl eine gute Chance gehabt. Nun ist es aber Fernández geworden und die Wahl ist absolut verdient. Eine Auswahl an weiteren eingesetzten Talenten:

  • Youssoufa Moukoko, Gavi, Pedri, Eduardo Camavinga, Ansu Fati, Jude Bellingham, Jamal Musiala, Josko Gvardiol, Gonçalo Ramos
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