FC Bayern München und seine Fanfreundschaften: Bei Schlägereien, Kongressen und Retterspielen

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Die Ultras Schickeria vom FC Bayern München haben vor einigen Tagen eine Freundschaft mit Fans des italienischen FC Empoli verkündet. Mit welchen Klubs bestehen sonst noch Freundschaften - und wie kamen sie eigentlich zustande? Ein Überblick.

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FC Empoli

Beim Serie-A-Spiel gegen den SSC Neapel Ende Februar hing erstmals die Zaunfahne der Schickeria München in Empolis Curva Maratona Emiliano del Rosso. "Wir freuen uns schon, die Empolesi bald zum Gegenbesuch in der Südkurve begrüßen zu dürfen", heißt es in einem Statement der Schickeria.

Kontakte zwischen den beiden Fanlagern bestehen bereits seit über acht Jahren. Damals besuchten fünf Empolesi ein Champions-League-Spiel des FC Bayern bei der AS Roma - und bejubelten gemeinsam mit den Münchnern einen 7:1-Sieg. Empoli ist eine Kleinstadt in der Nähe von Florenz (knapp 50.000 Einwohner), der Klub pendelte in den vergangenen Jahren zwischen der Serie A und B.

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VfL Bochum

Beim Bundesligaspiel zwischen dem FC Bayern München und dem VfL Bochum am 11. Februar erstrahlten sowohl die Münchner Südkurve als auch der Auswärtsblock im Oberrang in rot und blau: Mit einer großen Choreografie feierten die beiden Fanlager das 50-jährige Bestehen ihrer Freundschaft.

Los ging es 1973 mit einer Auseinandersetzung: Bei einem Auswärtsspiel des FC Bayern in Bochum wurden Mitglieder des Münchner Fanclubs Südkurve 73 vor dem Stadion an der Castroper Straße von einigen Heimfans attackiert - und von anderen beschützt. "Wir sahen den Angriff auf die Bayern, gingen kurzerhand dazwischen und haben für Ruhe gesorgt", sagte Ralf Wolf, ein Gründungsmitglied des Fanclubs Bochumer Jungen, später im Gespräch mit der Website von Fanpoint München.

Anschließend wurde gemeinsam gefeiert, dann bekamen die Bochumer Post aus Hamburg. "Später meldeten sich die bis dahin mit uns befreundeten HSV-Fans", sagte Wolf. "Sie stellten uns vor die Wahl: Entweder Freundschaft zu ihnen oder Bayern. Wir lassen uns nicht erpressen und so haben wir uns natürlich für die Bayern entschieden!"

Beim Rückspiel im Münchner Olympiastadion durften die Bochumer ihr Banner über die Tartanbahn tragen. Seitdem sind ihre blau-weißen Farben bei Spielen des FC Bayern omnipräsent. Das Aufkommen der Ultras hat die zwischenzeitlich etwas eingeschlafene Freundschaft nochmal neu belebt.

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Hertha BSC

Heute zwar nicht mehr so intensiv gelebt wie die Beziehung mit Bochum, dafür aber vermutlich sogar noch etwas älter ist die Fanfreundschaft mit Hertha BSC: Schon in den späten 1960er Jahren soll es laut eines Berichts auf der Website von Fanpoint München gute Kontakte zwischen den beiden Fanlagern gegeben haben.

1972 kam es nach einem 4:0-Sieg des FC Bayern gegen Hertha im Münchner Olympiastadion zu einem Platzsturm, bei dem Fans beider Klubs gemeinsam feierten und sangen: "Wir halten zusammen wie der Wind und das Meer, die blau-weiße Hertha und der FCB." Ältere Fans der beiden Klubs pflegen bis heute gute Beziehungen.

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FC St. Pauli

Alles begann mit dem sogenannten "Sommertheater": Unter diesem Fachterminus gingen die Vorfälle und Konsequenzen der Meisterfeier 2003 auf dem Münchner Marienplatz in die Geschichte ein. Fans des FC Bayern lieferten sich damals eine Auseinandersetzung mit der Polizei. Die Klub-Führung stellte sich gegen die eigenen Anhänger und entzog hunderte Dauerkarten, unter anderem der Schickeria.

Die Bayern-Fans wehrten sich juristisch und bekamen unerwarteten Beistand von Anhängern des FC St. Pauli - und zwar ausgerechnet bei einer wohltätigen Geste der Münchner Klub-Führung um Manager Uli Hoeneß zu ihren Gunsten.

Nach dem Abstieg aus der 2. Bundesliga standen die Hamburger kurz vor der Insolvenz, konnten diese aber auch dank der Hilfe des FC Bayern gerade noch abwenden. Im Juli 2003 gastierten die Münchner zum sogenannten "Retterspiel" bei St. Pauli, die Einnahmen der Partie kamen den Gastgebern zu Gute. Trotz dieser Hilfsaktion kritisieren die Hamburger Fans die Führung des FC Bayern auf einem Spruchband für ihr Vorgehen gegen die eigenen Anhänger. "Berührt, tief beeindruckt und überrascht von so viel Solidarität, Engagement und Differenzierungsvermögen", sei man bei der Schickeria über diese Geste gewesen, wie es auf der offiziellen Website heißt.

Auf die Geburt dieser Fanfreundschaft folgte eine weitere positive Nachricht für die Münchner Anhänger: Die Führung des FC Bayern machte einen Rückzieher, rehabilitierte die Ultras und gab ihnen ihre Dauerkarten zurück. Darüber hinaus wurde ein Fanrat gegründet und mit Andreas Brück ein Fanbeauftragter direkt aus der Szene installiert.

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FC Carl-Zeiss Jena

Die Fanfreundschaft mit dem FC Carl-Zeiss Jena geht auf einen Kongress des Bündnis Aktiver Fußball Fans BAFF in Leipzig 2006 zurück: Damals lernten sich die Delegationen der Schickeria und der Jenaer Ultras Horda Azzuro kennen und schätzen. Beide Szenen gelten als eher links, genau wie die Ultras von St. Pauli.

Was sie abgesehen davon verbindet: Beide sind in ihren jeweiligen Stadien in der Südkurve beheimatet - beim aktuellen Regionalligisten stand diese Positionierung zuletzt aber in Frage. Im Zuge des Neubaus des Ernst-Abbe-Sportfeldes war eine Umsiedlung angedacht, der sich die Ultras mit der Kampagne "Südkurve bleibt!" entgegenstellten.

Die Münchner solidarisierten sich mit ihren Freunden, bei einem Aufeinandertreffen im DFB-Pokal 2016 zeigten beide Fanlager eine gemeinsame Choreografie: "Egal ob in Jena oder München - Südkurve für immer". Die Kampagne war von Erfolg gekrönt: Auch im neuen Stadion, das im kommenden Sommer fertiggestellt sein soll, werden Jenas Fans in der Südkurve stehen.

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Girondins Bordeaux

Beim FC Bayern weckt der Klub Girondins Bordeaux vor allem Erinnerungen an das siegreiche UEFA-Cup-Finale 1996. Damals gewannen die von Franz Beckenbauer trainierten Münchner mit 2:0 und 3:1 gegen die Mannschaft um den jungen Zinédine Zidane von der französischen Atlantikküste.

Die Freundschaft zwischen der Schickeria und Bordeauxs Ultramarines entstand aber erst 2009 bei einem Aufeinandertreffen in der Champions-League-Gruppenphase, als sich beide Klubs auf Kosten von Juventus Turin durchsetzten. Seitdem ging es mit Bordeaux steil bergab, sogar bis in die Zweitklassigkeit.

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SS Sambenedettese Calcio und Civitanova Calcio

In den Nullerjahren entwickelten sich freundschaftliche Beziehungen zwischen der Schickeria und Ultras von zwei unterklassigen italienischen Klubs: Den Ultras Samb von SS Sambenedettese Calcio und der Brigate Rossoblu Civitanovese Calcio. Die beiden Kleinstädte San Benedetto del Tronto und Civitanova liegen nur rund 30 Autominuten voneinander entfernt an der italienischen Adriaküste etwas südlich von Ancona.

2014 wurde das 30-jähriges Bestehen der Brigate Rossoblu in der Allianz Arena noch mit einer gemeinsamen Choreografie gefeiert, kurz darauf löste sich die Gruppierung aufgrund von interner Zerrissenheit auf. Damit endete auch die Fanfreundschaft mit der Schickeria.