RB Leipzigs einstiges Top-Talent Oliver Burke: Gute Hardware, leere Festplatte

Oliver Burke stieg in der vergangenen Saison mit Sheffield United aus der Premier League ab.
© getty

Oliver Burke wechselte 2016 für rund 15 Millionen Euro zu RB Leipzig, setzte sich aber nicht durch - genau so wenig wie bei seinen folgenden Stationen. Die Geschichte des nächsten Gareth Bale, der den großen Erwartungen nicht gerecht wurde.

Cookie-Einstellungen

2016, als Oliver Burke 19 Jahre alt war, da galt der Rechtsaußen als eines der gefragtesten Talente überhaupt. Für sein Alter erstaunlich wuchtig und gleichzeitig schnell, wahnsinnig schnell sogar. Ein bisschen wie Gareth Bale, raunten sie bei seinem Jugendklub Nottingham Forest. Eine große Zukunft war ihm vermeintlich gewiss.

Während die Verbände Schottlands (wo er geboren wurde) und Englands (wo er aufwuchs) um Burkes Nationalmannschafts-Dienste buhlten, buhlten etliche europäische Top-Klubs um einen Transfer. Den Zuschlag bekam letztlich RB Leipzig, damals gerade in die Bundesliga aufgestiegen und gierig nach den vielversprechendsten Talenten des ganzen Kontinents.

Am letzten Tag der sommerlichen Transferphase 2016 zahlte Leipzig rund 15 Millionen Euro und Sportdirektor Ralf Rangnick jubilierte: "Er passt mit seinem hohen Tempo und seiner Spielweise sehr gut zu unserer Philosophie."

Zunächst schien es, als würde Rangnick recht behalten. Bei seinem Premiereneinsatz bereitete Burke nach Einwechslung das Siegtor gegen Borussia Dortmund vor, bei seinem Startelfdebüt zwei Wochen später traf er erstmals und mittlerweile hatte er auch schon sein Pflichtspieldebüt für die schottische Nationalmannschaft gefeiert.

Und dann? Dann kam nicht mehr viel, der Hype klang ab, nach nur einem Jahr verließ er Leipzig und seitdem hörte man kaum mehr was von Burke. Wie konnte es soweit kommen? Und was ist aus ihm geworden, dem neuen Gareth Bale, dem vermeintlich größten Talent Schottlands?

Oliver Burke stelle PL-Negativrekord auf

Nun, Burke ist mittlerweile 24 Jahre alt und in der vergangenen Saison mit Sheffield United abgeschlagen aus der Premier League abgestiegen. Zum Einsatz kam er oft erst dann, wenn seine Mannschaft - vornehmlich hoffnungslos - zurücklag. Zwei Scorerpunkte gelangen ihm, einer war immerhin das Siegtor gegen Manchester United im Februar.

Kurz vor diesem kleinen Erfolgserlebnis war Burke bei einem 0:1 gegen den FC Burnley Klub-übergreifend in seinem 25. Premier-League-Einsatz in Folge sieglos geblieben und hatte somit einen neuen Negativrekord aufgestellt. Los ging das Unheil bei West Bromwich Albion, das ihn aus Leipzig geholt hatte. Fortgesetzt hat es sich - unterbrochen von Leihstationen zu Celtic Glasgow und Deportivo Alaves - bei Sheffield.

Vorheriger Inhaber dieses Negativrekordes war übrigens ausgerechnet Bale, mit dem Burke einst so gerne verglichen wurde. Der mehrmalige Champions-League-Sieger mit Real Madrid blieb ganz am Anfang seiner Karriere mal 24 Spiele in Folge sieglos.

In der Saison 2016/17 gelangen Oliver Burke in 26 Pflichtspielen ein Tor und zwei Assists.
© getty
In der Saison 2016/17 gelangen Oliver Burke in 26 Pflichtspielen ein Tor und zwei Assists.

Oliver Burkes Wechsel zu RB Leipzig

Bergab ging es mit Burke eigentlich ab seinem überhasteten Abschied aus Nottingham, den er gar nicht angestrebt hatte. Doch der damalige Klub-Besitzer Fawaz al-Hasawi wollte aus seinem vielversprechendsten Spieler unbedingt einen schnellen Transfererlös erzielen. "Ich hatte das Gefühl, sie haben mich liebend gerne abgegeben und das Geld genommen", sagte Burke.

Der Wechsel sorgte für Wut unter den Fans, wegen seines Ziels aber auch für Verwunderung. Warum Leipzig? Es waren schließlich auch englische Top-Klubs wie der FC Chelsea an ihm interessiert. Burke fürchtete jedoch die legendären Leihspieler-Armeen, er wollte direkt gefragt sein. Und gefragt fühlte er sich nach den ersten Gesprächen mit den Leipziger Verantwortungsträgern um Rangnick.

Von der Stadt Leipzig hatte Burke vor einer spontanen Google-Recherche beim Aufkommen des Interesses übrigens noch nie etwas gehört, wie er später freimütig erzählte. Überrascht war er vor Ort dann vor allem von seinen neuen Kollegen. "Als ich an meinem ersten Tag zum Training gekommen bin, dachte ich, die Spieler sehen aus wie von der Forest-U16", sagte er dem Guardian. "Dann haben wir angefangen zu spielen und ich dachte: 'Vielleicht doch nicht.'"

Hasenhüttl über Burke: "Festplatte war leer"

Diese Episode fasst sehr gut zusammen, warum Burke in Leipzig nicht funktionierte. Seine neuen Kollegen schauten vielleicht jung und schwach aus, spielten aber mit perfektem Feintuning. Burke war mit seinen 1,88 Metern dagegen groß und stark und spielte ein bisschen so, wie er ausschaute.

"Das auffälligste bei ihm war seine herausragende körperliche Hardware", erinnert sich sein damaliger Kollege Willi Orban bei SPOX und Goal. "Er hatte zwar eine außergewöhnliche Wucht, Dynamik und Schnelligkeit, konnte diese Attribute in unserem System aber nicht entsprechend einbringen."

Anders als in der zweiten englischen Liga wurden Burkes fehlendes Spielverständnis und seine taktischen Defizite in Leipzig schnell deutlich. "Seine Festplatte war leer", sagte Trainer Ralph Hasenhüttl rund einen Monat nach seiner Ankunft dem kicker. "Jetzt ist schon ein bisschen was drauf und wir müssen schauen, dass da schnell noch etwas dazukommt."

Passiert ist das aber nicht. Stattdessen gesellte sich zu den taktischen Defiziten bald auch noch eine Ineffizienz vor dem Tor. Hasenhüttl verlor zunehmend die Geduld mit Burke und setzte ihn immer sporadischer ein. Am Saisonende waren sie in Leipzig froh, dass er mit seinem Wechsel zu West Bromwich Albion die investierte Ablösesumme von rund 15 Millionen Euro wieder einbrachte.

Sportlich hatte Burke in Leipzig zwar keinen Eindruck hinterlassen, dafür immerhin menschlich. Orban erinnert sich an einen "guten Typen" und erzählt: "Er war locker, offen und hat in der Kabine viel kommuniziert. Typisch schottisch. Er hatte einen guten Humor und immer einen Spruch auf Lager." Die Anpassung an ein neues Land und eine neue Sprache fiel ihm trotzdem schwer: "Um alles zeigen zu können, haben ihm in Leipzig glaube ich die letzten Prozentpunkte Glücklichkeit gefehlt."

Oliver Burke: Die Vorwürfe verfolgten ihn

Der Wechsel zurück nach Großbritannien erschien also wie der genau richtige Schritt, um seine Karriere wieder voranzubringen. Aber auch während seinen eineinhalb Jahren bei West Brom überzeugte Burke selten. Immer mehr verdeutlichte sich das Bild eines Fußballers, der zwar alle körperlichen und technischen Voraussetzungen für höchstklassigen Profifußball besitzt, diese aber nicht zielführend einsetzen kann. Der Vorwurf der taktischen Defizite begleitete ihn von Station zu Station: schlechte Laufwege, zu wenig Engagement gegen den Ball, falsche Entscheidungen. Überall äußerten sich seine Trainer ähnlich. Mal deutlicher, mal versteckter.

Nachdem Burke bei West Brom zeitweise sogar zur Reservemannschaft abgeschoben worden war, ließ er sich im Januar 2019 an Celtic ausleihen. Dort spielte der gelernte Rechtsaußen regelmäßig als Mittelstürmer, schoss vier Tore und hatte somit einen kleinen Anteil am Double-Gewinn, ehe er zum spanischen Erstligisten Alaves weiterzog. Es war wieder wie damals mit Leipzig: Kurz vor Transferschluss wechselte er in eine Stadt, die er erst googlen musste. "Ich wollte einfach nur spielen, das Spiel wieder genießen, das Spiel wieder lieben", sagte er später.

Bei Alaves spielte Bruke zwar tatsächlich regelmäßiger als je zuvor, einmal sogar gegen Real Madrid und Bale. Für einen Offensivspieler blieb er aber weiterhin viel zu ineffektiv: im Schnitt ein Scorerpunkt alle 479 Minuten. "Er hat sich verbessert, aber kein wirkliches Zeichen gesetzt", sagte West-Brom-Trainer Slaven Bilic nach Burkes Leih-Rückkehr vor einem Jahr.

Kurz darauf wechselte er für 6,5 Millionen Euro nach Sheffield. Der Negativrekord, der Abstieg, keine Berufung in den schottischen EM-Kader - und was nun? 24 ist er mittlerweile, seine Zukunft ist unklar. Trotz Vertrages bis 2023 könnte er Sheffield noch in dieser Transferperiode verlassen. Zuletzt war von einem angeblichen Interesses Nottinghams berichtet. worden Dem Klub also, bei dem Burke einst zum neuen Bale wurde.

Oliver Burkes Karrierestationen

ZeitraumKubPflichtspieleToreAssists
bis 2016Nottingham Forest3163
2015Bradford City (Leihe)2--
2016 bis 2017RB Leipzig2612
2017 bis 2020West Bromwich Albion2413
2019Celtic Glasgow (Leihe)1943
2019 bis 2020Deportivo Alaves (Leihe)3212
seit 2020Sheffield United3021
Artikel und Videos zum Thema