Oleksandr Zinchenko bei Manchester City: Wie Kevin de Bruyne, nur schöner

Oleksandr Zinchenko bejubelt mit seinen Kollegen den Sieg im League Cup.
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Der 22-jährige Ukrainer Oleksandr Zinchenko hat sich bei Manchester City einen Stammplatz als Linksverteidiger erkämpft. Es ist die vorläufige Krönung einer wechselhaften Karriere. Am Dienstag empfängt Zinchenko mit City den FC Schalke 04 zum Achtelfinalrückspiel der Champions League (21 Uhr im LIVETICKER). Das Hinspiel endete 3:2.

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Gut, Zinchenko hatte schon in der vergangenen Saison den League Cup und die Premier League gewonnen, aber weil er damals nicht wirklich mitspielen durfte, wird sich der League-Cup-Sieg in dieser Saison für ihn wie sein erster richtiger Titel angefühlt haben. Im Finale gegen den FC Chelsea spielte Zinchenko 120 Minuten durch und er machte es gut. Anders als alle seine Kollegen durfte er den verdienten Pokal bei der Siegerehrung aber nicht hochstemmen.

Einer nach dem anderen präsentierte ihn der Welt von der kleinen Bühne im Wembley-Stadion, aber als Aymeric Laporte als vorletzter Spieler in der Reihe sah, wer nach ihm kam, nahm er den Pokal lieber selbst mit. Nachdem Zinchenko bei der Meisterfeier im vergangenen Mai die Premier-League-Trophäe von ihrem Sockel geschmissen hatte, bestand berechtigte Sorge, dass er den schönen und sicherlich auch teuren Pokal kaputt machen könnte.

Mendys Verletzungsanfälligkeit ist Zinchenkos Glück

Viel wichtiger als das Pokalhochstemmen wird Zinchenko aber ohnehin gewesen sein, dass er im Finale durchspielen durfte - und auch bei den Partien davor und danach. Der 22-jährige Ukrainer ist der heimliche Gewinner dieser Saison von Manchester City. Seit Anfang Februar hat er seinen Stammplatz als Linksverteidiger sicher.

Im Sommer 2017 verpflichtete Trainer Pep Guardiola eigentlich Benjamin Mendy für 57,5 Millionen Euro von der AS Monaco, um diese Position langfristig hochkarätig zu besetzen. Seitdem aber verletzt sich Mendy abwechselnd an Oberschenkel, Knie und Fuß und weil er zwischendurch auch noch Reha machen muss, ist er zumeist verhindert. In über eineinhalb Jahren im Klub machte Mendy lediglich 20 Pflichtspiele.

Als Ersatz probierte Guardiola mal den gelernten Innenverteidiger Laporte, mal den gelernten Rechtsverteidiger Danilo, mal den gelernte Mittelfeldspieler Fabian Delph - und seit Anfang Februar eben den anderen gelernten Mittelfeldspieler Zinchenko. In der Jugend lief dieser zumeist im Zentrum auf. Sechs der vergangenen sieben Pflichtspiele spielte Zinchenko links hinten jedenfalls durch. Beim 6:0-Sieg in der Premier League gegen Chelsea gelangen ihm sogar zwei Assists.

Flucht vor Krieg, keine Flucht vor Konkurrenz

Es ist eine Wendung seiner Zeit bei City, die Zinchenko kaum jemand zugetraut hatte. In gewisser Weise war es aber auch absehbar, denn Zinchenkos Karriere hat eine Vorliebe für Wendungen. Einst spielte er in die Jugendabteilung von Shakhtar Donezk, was so lange gut funktionierte, bis in der Gegend Krieg ausbrach. Als Zinchenko 17 war, flohen seine Eltern nach Moskau, Donezk aber beharrte auf seinen Vertrag und so durfte er sich in seiner neuen Heimat zunächst keinem Klub anschließen. Stattdessen spielte er auf den Straßen von Moskau und hoffte auf bessere Zeiten.

Irgendwann zeigte Rubin Kasan Interesse. Zinchenko reiste mit dem Klub sogar in ein Vorbereitungstrainingslager, aber ein Vertrag wurde letztlich nicht unterschrieben. Zinchenko war zurück auf den Straßen von Moskau. Dann kam der FK Ufa und diesmal klappte eine Einigung mit Donezk. Über ein halbes Jahr nach seinem Abschied aus der Ukraine hatte Zinchenko im Februar 2015 wieder einen Klub, für den er spielen durfte.

In der Rückrunde sammelte er etwas Spielpraxis, in der nächsten Saison eroberte er sich einen Stammplatz und wurde von den Ufa-Fans sogar zum Spieler des Jahres gewählt. Der ukrainische Nationaltrainer Mykhaylo Fomenko nominierte den damals 19-jährigen Zinchenko für den EM-Kader und setzte ihn bei allen drei Gruppenspielen ein.

Dann folgte der Wechsel zu City - für lediglich zwei Millionen Euro. Noch im selben Sommer verlieh ihn sein neuer Klub für ein Jahr an die PSV Eindhoven in die Niederlande, wo Zinchenko zunächst wenig und schließlich gar nicht zum Einsatz kam. Mehr Spiele bekam er auch bei seiner ersten Saison bei City nicht, also plante der Klub im vergangenen Sommer, ihn an die Wolverhampton Wanderers zu verkaufen. Zinchenko aber wollte unbedingt bleiben. City beugte sich und sollte es nicht bereuen.

Blonde Skyblues: Kevin de Bruyne und Oleksandr Zinchenko.
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Blonde Skyblues: Kevin de Bruyne und Oleksandr Zinchenko.

Lob von Guardiola und Aussehen von de Bruyne

Guardiola schätzt Zinchenko - vor allem auch für seine Mentalität. Es war im Dezember bei einem Premier-League-Spiel beim FC Southampton (3:1), als Zinchenko mit einem einfachen Ballverlust gegen Pierre-Emile Höjbjerg das Gegentor verschuldete. "Zinchenko war heute der beste Spieler auf dem Platz und wisst Ihr warum?", fragte Guardiola nach dem Spiel. "Weil er sich nach dem Fehler nicht versteckt hat. Ich habe den Jungs in der Halbzeit gesagt: 'Lernt von Zinchenko!' Jeder kann Fehler machen, jeder. Aber schaut Euch seine Reaktion an!"

In seinen folgenden Einsätzen jedenfalls passierten Zinchenko keine weiteren groben Schnitzer und wenn er so weitermacht, kennen ihn womöglich bald sogar die City-Fans und verwechseln ihn nicht mehr andauernd mit Kevin de Bruyne. "Wenn ich aus dem Mannschaftsbus aussteige, rufen die Fans immer: 'Kev, ich will ein Foto mit dir machen?'

Aber wenn ich mich dann zu ihnen hindrehe, merken sie: 'Oh, das ist ja gar nicht Kevin'", erzählte Zinchenko neulich dem Guardian. "Aus der Ferne sehen wir vielleicht wie Zwillinge aus, aber aus der Nähe denke ich nicht - ich bin nämlich auf jeden Fall schöner als er."