"Doch, doch, das stimmt schon. Wir haben letztes Jahr in sieben afrikanischen Ländern mit Hilfe von 5950 Mitarbeitern eine Fußball-Talent-Sichtung durchgeführt, bei der wir in 26.000 Spielen 429.600 Kinder aus dem Jahrgang 1994 gescoutet haben", erzählt Dr. Andreas Bleicher fast schon beiläufig.
"24 Spieler wurden daraufhin von uns zum vierwöchigen Finale nach Katar eingeladen", so Bleicher weiter, "schlussendlich erhielten vier ein Stipendium bei uns".
4 aus 429.600.
Die "ASPIRE Academy for Sports Excellence" macht ihrem Namen in der Tat alle Ehre und filtert aus. Nur wer exzellent ist, darf auch auf die exzellente Sportakademie in Doha, der Hauptstadt des Emirats Katar.
"Wir sind jedem suspekt": Hier geht es zum Interview mit Dr. Andreas Bleicher!
Gigantische Sporthalle
Rund viereinhalb Jahre ist es her, als Bleicher aus Deutschland an den persischen Golf zog. Sein Auftrag: Als Sportdirektor eben jene ASPIRE-Akademie aufzubauen. "Die Königsfamilie hat einen starken Bezug zum Sport", erklärt Bleicher die enormen finanziellen Aufwendungen, die mit der Gründung von ASPIRE einhergingen.
Rund zwei Milliarden Dollar etwa soll der Bau des ASPIRE-Dome, dem Herzstück der Akademie und mit 290.000 Quadratmeter Fläche die größte Sporthalle der Welt, gekostet haben. Entworfen wurde sie von Roger Taillibert, Star-Architekt und Schöpfer des Pariser Prinzenpark-Stadions.
Unter einem frei schwebenden Dach mit 250 Meter Spannweite beherbergt der in zwei Hälften geteilte Dome ein Fußball-Ministadion, eine Leichtathletikarena, eine Schwimmhalle, acht Fechtbahnen, zwei Squash-Courts und diverse weitere Sportplätze.
"Unglaubliches Projekt"
Auf dem ASPIRE-Campus, der praktisch auf einer Sandwüste erbaut wurde, befinden sich neben dem Dome die Schlafstätten der Stipendiaten, Vorlesungs- und Seminarräume für die Schulstunden, eine Bibliothek, ein Medizin-Zentrum, ein Fitness-Center sowie wissenschaftliche Labors. Bei Außentemperaturen von bis zu 50 Grad versorgt ein eigenes Kraftwerk die Klimaanlagen mit Strom.
"Man kann schon sagen, dass ich einen Traumjob habe", so Bleicher. "Es ist ein unglaubliches Projekt, in das der Staat Katar viel investiert. Das heißt aber nicht, dass wir das Geld mit beiden Händen aus dem Fenster schmeißen. Wir gucken schon, was Sinn macht."
Zum Beispiel der Bau des ASPIRE-Geländes. Oder eben das größte Fußballer-Casting seit Menschengedenken. Die Sichtung in Afrika organisierte Bleicher zusammen mit einem gewissen Josip Colomer, ehemaliger Scout des FC Barcelona. Colomer war es, der den damals 13-jährigen Lionel Messi entdeckte.
Alles nur vom Feinsten: Die ASPIRE Academy in Bildern!
Ausländische Supertalente als Inspiration
Bleicher: "Mit dem breit angelegten Scouting in Afrika verfolgen wir zwei Ziele. Erstens: Die Stipendiaten sollen den einheimischen Schülern helfen, sich weiterzuentwickeln. Zweitens: Kindern aus Entwicklungsländern soll eine Chance gegeben werden, sich dank des Spitzensports sozial abzusichern."
Dabei, so dementiert Bleicher aufkeimende Gerüchte, sei es nicht das Bestreben Katars, ausländische Talente einzubürgern, damit diese für die Nationalmannschaft spielberechtigt wären. "Nach den neusten FIFA-Richtlinien ist es sowieso quasi unmöglich. Dennoch machen wir weiter. Das ist doch Beweis genug."
Vielmehr sollen sich die knapp 200 einheimischen Schüler, die bei ASPIRE trainieren und leben, von den importierten Supertalenten aus Afrika und auch Asien eine gewisse Wettkampfhärte abschauen, um international konkurrenzfähig zu sein.
Zumal die Akademie keine Mühen beziehungsweise Dollar scheut, um zum Beispiel Messi oder den ehemaligen portugiesischen Nationaltrainer Luiz Felipe Scolari nach Doha als Nachhilfelehrer einzuladen.
"Die Zukunft gehört ihnen"
"Der Eindruck vom ganzen Drum und Dran ist überwältigend. Die Spieler sind bereits auf einem tollen Niveau", erzählt Messi. "Die Zukunft gehört ihnen."
Bleicher ergänzt: "Letztlich erhoffen wir uns, dass in ein paar Jahren einige der besten Spieler der Welt von uns entwickelt wurden. Spätestens 2018 peilt Katar mit einem Stamm an ASPIRE-Absolventen die WM-Qualifikation an."
Katar, der Mini-Staat mit 803.000 Einwohnern, rangiert in der aktuellen Weltrangliste übrigens auf Platz 80, hinter Gabun und kurz vor Äquatorial-Guinea. Dennoch: Das Ziel WM-Qualifikation klingt ganz und gar nicht absurd, oder?
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