Das Endspiel der Gegensätze

SID
Stürmerin Abby Wambach ist vor dem Finale in Frankfurt gegen Japan siegessicher
© Getty

Ballzauber gegen Willenskraft, asiatische Zurückhaltung gegen flotte Sprüche, nationale Aufgabe gegen gelebten Pathos: Das Finale der Frauenfußball-WM zwischen Japan und den USA am Sonntag in Frankfurt wird zum Endspiel der Gegensätze.

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Die einen träumen ganz still vom Sieg und Balsam für die geschundene Volksseele, die anderen wollen mit großem Pathos ihre Mission WM-Gold vollenden: Wenn sich am Sonntag Japans Ballvirtuosinnen und die scheinbar unerschütterlichen US-Girls im Finale der Fußball-WM in Frankfurt/Main (20.30 Uhr im LIVE-TICKER) gegenüberstehen, dann wirken nicht nur die Spielsysteme völlig konträr.

Die deutsche Fahne hält vor den Augen von Bundespräsident Christian Wulff und Bundeskanzlerin Angela Merkel Vorzeige-Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus hoch. Die 32 Jahre alte Polizeibeamtin aus Hannover wurde nach zwei ordentlichen Leistungen in der Gruppenphase von der FIFA mit der Leitung des Endspiels betraut. Damit geht für Steinhaus ein Traum in Erfüllung.

Die US-Girls geben sich selbstbewusst

Während sich vor dem großen Duell die Spielerinnen von Deutschland-Bezwinger Japan asiatisch zurückhaltend geben, ist Olympiasieger USA in punkto flotte Sprüche klopfen bereits Weltmeister.

"Die Welt wird im Finale hinter uns stehen", sagte Torhüterin Hope Solo voller Überzeugung - und ohne weitere Erklärung. Ihr Selbstbewusstsein tragen die Spielerinnen in diesen Tagen gern zu Schau. Auch auf dem Team-Shirt mit der Aufschrift "Legenden wachsen unter Druck".

Ähnlich deutlich dokumentierte Kultstürmerin Abby Wambach (3 Tore) die wilde Entschlossenheit des Titelträgers von 1991 und 1999, der mit einem Sieg am Sonntag zum alleinigen Rekordweltmeister aufsteigen kann: "Alles, was sich uns in den Weg stellt, können und wollen wir überwinden. Im Endspiel zu stehen, reicht uns längst nicht. Wir haben erst die Hälfte unserer Arbeit getan", sagte die 31-Jährige mit Blick auf den Showdown, dessen Sieger eine FIFA-Prämie von 1,075 Millionen Euro kassiert.

Seitenhieb auf die deutsche Mannschaft

Wambach, quasi die personifizierte Willenskraft der US-Elf, konnte sich auch einen Seitenhieb auf die bereits im Viertelfinale ausgeschiedenen Gastgeber nicht verkneifen: "Die Deutschen haben uns vor acht Jahren bei unserer WM den Titel gestohlen. Jetzt", so kündigte das Kraftpaket an, "jetzt holen wir uns den Pokal in ihrer Heimat endlich zurück."

Obwohl First Lady Michelle Obama nun doch nicht nach Frankfurt kommt, sorgt der Erfolg in der Heimat für Aufsehen. "Diese Mannschaft hat das Interesse des Landes geweckt. Mit ihrer ganz eigenen Identität", schrieb "USA today".

Die wuseligen und trickreichen Japanerinnen dagegen verfolgen in den WM-Tagen nicht nur eine sportliche Mission. Der erste WM-Titel der Nadeshiko ("Prachtnelke") soll nach der Fukushima-Katastrophe im März wie Balsam auf die geschundene (Volks-)Seele wirken.

Sawa winkt der Goldene Schuh

"Wir müssen den Pokal holen, damit die Menschen auf der ganzen Welt wieder an Japan glauben", erklärte Offensivkraft Shinobu Ohno den nationalen Auftrag. Und man wolle den Landsleuten nach der schweren Zeit "ein bisschen Freude" schenken.

Nach dem unerwarteten Siegeszug ist mittlerweile auch die Titelprämie ausgehandelt. 13.340 Euro würde jede japanische WM-Teilnehmerin im Fall eines Erfolges gegen den Weltranglistenersten USA kassieren. Mittelfeldspielerin Homare Sawa (4 Tore) winkt sogar der goldene Schuh als beste WM-Torschützin. Derzeit liegt sie noch mit Brasiliens Marta gleichauf.

Doch während sich die Nadeshiko über das Kollektiv identifiziert, projiziert sich das öffentliche Interesse bei den US-Amerikanerinnen vor allen Dingen auf Keeperin Solo und Torjägerin Wambach. Bester Beweis: "Bei Twitter folgen mir nun 112.000 Leute, vor der WM waren es gerade einmal 10.000", berichtete Solo.

Das Interesse an dem bereits seit Monaten ausverkauften WM-Finale hat nach dem Ausscheiden der deutschen Mannschaft spürbar nachgelassen. Am Freitag waren beim Internet-Auktionshaus Ebay zwei Tickets der zweite Kategorie für insgesamt 53 Euro zu haben.

Für fünf VIP-Karten, die für insgesamt 1190 Euro offeriert wurden, lag bis kurz vor Ablauf der Frist kein einziges Angebot vor.

Die voraussichtlichen Mannschaftsaufstellungen:

USA: Solo - Krieger, Rampone, Sauerbrunn, LePeilbet - Lloyd, Boxx - O'Reilly, Cheney - Rodriguez (Morgan), Wambach. - Trainerin: Sundhage

Japan: Kaihori - Kinga, Iwashimizu, Kumagai, Sameshima - Sakaguchi, Sawa - Ohno, Miyama - Ando, Kawasumi. - Trainer: Sasaki

Schiedsrichterin: Bibiana Steinhaus (Hannover)

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