Europa League: Eurofighter-Legende Yves Eigenrauch: "Huub Stevens meinte, ich sei ein Querulant"

Von Johannes Ohr
An Yves Eigenrauch kam Weltstar Ronaldo im UEFA-Cup kaum vorbei.
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2017 sagten Sie, dass Sie sich mit dem Profifußball nicht mehr identifizieren könnten. Das ist fünf Jahre her. Wie hat sich der Fußball seitdem entwickelt?

Eigenrauch: Was heute zum Tragen kommt, ist, dass es so unglaublich ausdifferenziert und professionalisiert ist. Aber auch da sprechen wir nicht nur über den Fußball, sondern über alle Bereiche. Dass man kaum noch in der Lage ist, die Verknüpfungen zu überblicken.

Was ist in Ihren Augen die Aufgabe des Fußballs?

Eigenrauch: Ich glaube die gibt es in dem Sinne nicht. Aber es gibt etwas, das man durch den Sport entwickeln könnte. Fußball war für mich immer etwas Natürliches. Eine Natürlichkeit, Einfachheit, Herzlichkeit, Ehrlichkeit, für die der Sport stand. Und das, finde ich, fehlt heute. Das fängt ja aber schon bei ganz profanen Sachen an. Wenn ich mit dem Rad oder zu Fuß unterwegs bin, sage ich 'Guten Tag', wenn mir jemand entgegenkommt. Da wird man heute dann schon schief angeguckt. Von den Basics ist zu viel in Vergessenheit geraten - auch auf den Fußball bezogen.

Hat die Branche die Bodenhaftung verloren?

Eigenrauch: Ich tue mich mit dem Begriff schwer. Klar kann die verloren gegangen sein. Wobei man jetzt den Protagonisten aus dem Bereich zugute halten muss, dass es schwer geworden ist, nicht abzuheben. Wenn dir von allen Seiten immer nur auf die Schultern geklopft und gesagt wird, wie cool und toll und besonders du bist, ist es schwer, sich davon freizumachen.

Gleichzeitig ist immer mehr Geld im Umlauf, wenn Sie auf Klubs wie Manchester City oder Paris Saint-Germain blicken. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Eigenrauch: Ich habe kein Problem damit. Das ist in Ordnung und muss jeder selbst wissen, wie er das handhabt. Ich würde es teilweise nicht so machen wollen, wobei das als Außenstehender leicht gesagt ist. Ob es wirklich scheiße ist, vermag ich nicht zu beurteilen, weil ich die Zusammenhänge nicht kenne.

Schalke 04: "Habe den Abstieg einfach zur Kenntnis genommen"

Was lief auf Schalke in den letzten Jahren schief, dass der Klub so abgestürzt ist?

Eigenrauch: Abgestürzt finde ich unglücklich formuliert. Dass es nicht so gelaufen ist wie man sich das vorgestellt hat, finde ich sinnhafter. Ich würde es darauf herunterbrechen, dass man zu viele Leute über zu lange Zeit hat gewähren lassen. Und das bezieht sich jetzt nicht auf Herrn Tönnies und nicht nur auf Herrn Peters, sondern auf das Gesamtkonstrukt. Es ist ja nicht nur eine Person, die verantwortlich war. Es ist die Gesamtheit, das große Team, dass dann nicht mehr funktioniert hat und schlechte Entscheidungen getroffen wurden, unter welchen Umständen auch immer.

Wie haben Sie den Abstieg eigentlich damals erlebt?

Eigenrauch: Ich habe ihn einfach nur zur Kenntnis genommen. Aus der Distanz heraus war es schwer, so ein Gefühl zu bekommen, in welche Richtung es jetzt geht. Wenn ich versuche, mir ein Urteil zu bilden, brauche ich konkrete Sachen. Das war nicht möglich. Ich habe jahrelang immer nur den Kopf geschüttelt, wenn ich manche Sachen mitbekommen habe. Jetzt scheint Schalke in der personellen Besetzung aber auf einem guten Weg zu sein. Man versucht das Alte, Negative aus dem Verein rauszukriegen und positiv zu denken. Für mich persönlich ist das relativ schwer. Weil ich immer denke, da muss doch noch einen Haken sein. Das ist manchmal schon ein bisschen erschreckend für mich persönlich. Ich suche noch nach dem Haken - auch wenn ich mich natürlich freuen würde, wenn der Verein wieder in eine Situation kommt, in der man sagen kann: Da sind welche, denen kannst du glauben. Die machen nicht nur Business, sondern lieben den Sport. Und das nicht nur als Buchstaben auf einer Werbetafel.

Yves Eigenrauch: Seine Karriere in Zahlen

VereinSpieleToreAssistsGelbe KartenRote Karten
Arminia Bielefeld (1989 - 1990)463050
FC Schalke 04 (1990 - 2002)27358200

Was machen Sie aktuell?

Eigenrauch: Beruflich im absoluten Sinne nichts. Ich musste aus familiären Gründen in meine alte Heimat zurückkehren. Ich betreibe seit dem letzten Jahr den Podcast 'YVES - der Podcast'. Das kam durch einen Zufall zustande. Ich finde es schön, Leute persönlich zu sprechen und deren Sichtweisen zu erfahren. Jens Lehmann war vor Kurzem zu Gast oder auch WestBam, der in meiner Jugend eine große Rolle gespielt hat. Ich finde es schön, Personen auf eine andere Art kennenzulernen.

Sie haben nach Ihrer Karriere unter anderem im Handwerk gearbeitet. Wie kam es dazu?

Eigenrauch: Ich möchte nicht nur einfach arbeiten oder bei bei einer Sache mitmachen, damit ich mir etwas zu Essen kaufen kann. Ich möchte gerne, dass das, was ich mache, auch einen Gehalt, Sinn und Zweck hat. Das ist leider in manchen Bereichen schwierig. Ich habe manches machen dürfen. Ob am Theater in Gelsenkirchen oder im handwerklichen Bereich, wo ich für eine Werbetechnik-Firma u.a. auf Montage war und eine CNC-Fräse bedient habe. Im Call-Center habe ich auch mal kurzzeitig gearbeitet. Das sind alles so Erfahrungen, die mein Menschenbild nicht gerade verbessert haben. Nicht auf das Individuum bezogen, sondern auf Menschen in einem Gefüge, also wie man zusammenarbeitet und welche Werte man hochhält.

Das heißt: Sie haben sich auf der Suche nach einer sinnstiftenden Tätigkeit ausprobiert?

Eigenrauch: Ganz genau. Ich bin nach wie vor noch auf der Suche nach einer beruflichen Betätigung im eigentlichen Sinn.

Können Sie sich auch eine Tätigkeit im Fußball vorstellen oder schließen Sie das aus?

Eigenrauch: Man soll ja nie etwas ausschließen. Ich halte es aber für mich persönlich als sehr, sehr unwahrscheinlich. Es sei denn, irgendwer liest das Gespräch und schenkt mir danach einen Klub. Dann vielleicht ja.