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Jean-Kevin Augustin von RB Leipzig: "Ich wollte überhaupt kein Fußballer werden"

Jean-Kevin Augustin wechselte im Sommer 2017 von Paris-Saint Germain zu RB Leipzig.
© getty

16 Millionen Euro Ablöse hat RB Leipzig im Sommer 2017 an Paris Saint-Germain für Jean-Kevin Augustin überwiesen. Der Stürmer spricht im Interview vor dem Rückspiel gegen CSU Craiova in der Europa-League-Qualifikation (18.30 Uhr im LIVETICKER) über seine Anfänge im Fußball und deutsche Tugenden.

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Außerdem äußert sich Augustin über die Zeit mit Zlatan Ibrahimovic bei PSG und seine Schwächephase in der letzten Saison.

SPOX: Herr Augustin, Sie gehen nun in Ihre zweite Saison bei RB Leipzig. Wenn Sie einer Ihrer französischen Freunde fragen würde, was typisch deutsch ist, was würden Sie antworten?

Jean-Kevin Augustin: Disziplin und Strenge. (lacht)

SPOX: So schlimm gleich?

Augustin: Nein. Ich habe hier aber gelernt, unerbittlich zu arbeiten und disziplinierter zu sein. Diese Eigenschaften sieht man den Deutschen meiner Meinung nach im Alltag an und das ist für jemanden wie mich sehr hilfreich. Ich bin natürlich im Grunde immer noch derselbe Typ, aber ich bin dadurch seriöser geworden. Früher war ich schon noch etwas verrückter und unangepasster unterwegs.

SPOX: Woran mussten Sie sich am meisten gewöhnen?

Augustin: An die Arbeitsmoral. Früher war das gefühlt leichter für mich, da ich hin und wieder auch gern das getan habe, was ich tun wollte. So ging das ehrlich gesagt hier auch los. Ich habe allerdings schnell gemerkt, dass das hier so nicht klappt - und es wurde mir zusätzlich auch entsprechend signalisiert.

SPOX-Redakteur Jochen Tittmar sprach mit Jean-Kevin Augustin im Leipziger Trainingslager in Seefeld.
© spox
SPOX-Redakteur Jochen Tittmar sprach mit Jean-Kevin Augustin im Leipziger Trainingslager in Seefeld.

SPOX: Wie viel Respekt hatten Sie rund um Ihren Wechsel von Paris Saint-Germain nach Sachsen davor, Ihre gewohnte Pariser Umgebung erstmals in Ihrem Leben zu verlassen?

Augustin: Darüber habe ich nicht viel nachgedacht, denn es war mir damals sehr bewusst, was ich wollte: mehr spielen. Zudem habe ich die Bundesliga auch schon eine Weile aus eigenem Interesse verfolgt. Die Bundesliga liegt mir, das wusste ich irgendwie schon im Vorfeld. Ich wollte diese Herausforderung daher unbedingt annehmen, auch wenn ich durchaus ein paar Probleme hatte zu akzeptieren, dass ich meine Familie künftig sehr selten sehen werde. Wir bekommen das mit den Besuchen aber mittlerweile so regelmäßig hin, dass es nun tatsächlich kaum einen Unterschied für mich macht.

Augustin über seine fußballerischen Anfänge im Pariser Banlieue

SPOX: Sie sind in einem Pariser Banlieue aufgewachsen. Wie sind Sie dort zum Fußball gekommen?

Augustin: Sehr zufällig, denn ich wollte überhaupt kein Fußballer werden. (lacht)

SPOX: Tatsächlich?

Augustin: Ja. Ich war als Kind oft draußen und habe mit meinen Kumpels gespielt, natürlich wurde da auch häufig gekickt. Ich war davon anfangs aber nicht so angetan, dass ich den ganzen Tag nichts anderes hätte tun wollen. Irgendwann sagte mein Bruder zu mir, dass ich jetzt unbedingt in einen Verein gehen müsste, weil ich so gut war. Ich wollte mich wohl schlicht nicht an regelmäßige Termine wie Trainingseinheiten und Spiele binden. Das war ihm aber wurscht, er hat mich dann einfach angemeldet.

Jean-Kevin Augustin: Leistungsdaten bei RB Leipzig in der Saison 2017/18

WettbewerbSpieleToreAssists
Bundesliga2595
Europa League933
Champions League510
DFB-Pokal100

SPOX: Und dann?

Augustin: Nach dem ersten Training haben die Coaches gesagt, dass ich bei den Gleichaltrigen nicht mitspielen könne, weil ich die alle ausgespielt habe. Sie steckten mich dann in einen Jahrgang über mir, aber da lief es ähnlich. Also ging es noch eine Mannschaft weiter nach oben und seitdem spielte ich immer mit deutlich älteren Jungs zusammen. Im Verein merkte ich dann recht schnell, wie sehr mir der Fußball wirklich gefällt. Ab dann gab es nichts anderes mehr für mich. Daher nochmal vielen Dank an meinen Bruder! (lacht)

SPOX: Was wäre aus Ihnen wohl ohne die Entscheidung Ihres Bruders geworden?

Augustin: Ich habe keine Ahnung. Wahrscheinlich nichts, was auch nur annähernd so gut ist wie der Fußball. Es ist nicht einfach, wenn man aus einem Viertel der Pariser Banlieue kommt. Man hat dort im Alltag viele Probleme zu bewältigen. Ich habe Freunde, die kaum Arbeit finden, bei denen das Geld knapp ist. Mein Leben hat sich glücklicherweise zu etwas Positivem gewandelt, aber ich behandle dort deswegen niemanden anders.

Augustin über den Wechsel zu RB Leipzig und Disziplin-Probleme

SPOX: PSG hat Sie direkt an RB Leipzig verkauft. Warum kam ein Leihgeschäft nicht in Frage?

Augustin: Das war eine bewusste Entscheidung von mir. Sie schlugen mir zuvor schon immer mal wieder ein Leihgeschäft vor. Ich war jedoch der Meinung, dass das für meine Entwicklung und Karriere nicht gut ist. Bei einer Leihe ist immer viel Ungewissheit dabei. Man weiß nie, was in einem Jahr passiert und plötzlich muss man wieder zurück und weiß nicht, wie es weitergeht.

SPOX: David Bechkoura, einer Ihrer Jugendtrainer in Paris, hat einmal gesagt, dass Sie damals nicht so reif waren wie gleichaltrige Spieler. Weshalb war das so?

Augustin: Ich war schon immer der Zwerg in der Mannschaft, seit ich mich erinnern kann. Das ging auf der Straße los und änderte sich wie gesagt dann auch im Verein nicht. Die anderen waren immer größer und körperlich stärker als ich. Sie waren oft aber auch erfahrener und haben daher teilweise gewissenhafter gearbeitet als ich. Mir war klar, dass ich das Potential habe, richtig stark zu sein. Mir war damals aber noch nicht so bewusst, wie wichtig es ist, immer pünktlich zu kommen oder auch mal Zusatzschichten zu absolvieren. Die Disziplin außerhalb des Spielfelds hat in diesen Jahren immer wieder mal gefehlt, das war die Meinung vieler meiner Trainer. Und sie hatten damit natürlich Recht.

SPOX: Gibt es Momente, in denen es Ihnen auch heute noch schwerfällt, diszipliniert und professionell zu sein?

Augustin: Ja, die gibt es schon. Alles andere wäre in meinen Augen auch unmenschlich. Heutzutage kann ein Profifußballer einfach nicht all das tun, was er gerne tun würde. Aber das muss man akzeptieren. Bei mir hat das vielleicht etwas länger gedauert als bei anderen, doch mittlerweile ist das natürlich auch bei mir angekommen. Ich würde manchmal gerne Dinge mit meinen Kumpels tun, ohne dabei an den Fußball oder meine Karriere denken zu müssen. Als öffentliche Person ist es nicht leicht, aber so geht es anderen Fußballern auch. Man sollte sich zudem auch immer wieder an die vielen Privilegien erinnern, die wir Spieler genießen.

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