Schlafwagen-Standfußball! Auch Englands bestes Spiel bei der EM ist grausam: Drei Dinge, die gegen die Schweiz auffielen

EM 2024, Viertelfinale, Jude Bellingham, England, Schweiz, Kobbie Mainoo
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England steht im Halbfinale der EM 2024, im Elfmeterschießen wurde die Schweiz bezwungen. Die Three Lions zeigten ihre bislang beste Leistung - doch die war erneut grausam. Immerhin gibt es einen Lichtblick. Vor der Schweiz ist der Hut zu ziehen. Drei Dinge, die auffielen.

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England: Auch das beste Spiel bei der EM 2024 ist grausam

Es wurde während dieser EM schon ausgiebig darüber gesprochen, welch biederen Fußball die individuell hochkarätig besetzte englische Nationalmannschaft in den bisherigen vier Partien zeigte. Daher die gute Nachricht zuerst: Fußballerisch war der Auftritt gegen die Schweiz der bis dato beste. England hatte besonders im ersten Abschnitt viel Kontrolle über die Partie und unterband die Schweizer Umschaltbemühungen gekonnt.

Die schlechte Nachricht: Auch die Darbietungen der Three Lions am Samstag waren grausam anzuschauen. Nationaltrainer Gareth Southgate (der sein 100. Länderspiel coachte) griff zwar wieder auf die Dreierkette zurück und beorderte Phil Foden - endlich - in eine zentralere Rolle, wo er zusammen mit Jude Bellingham und Harry Kane für Gefahr sorgen sollte.

Nur: England erzeugte keine Gefahr, sondern produzierte erneut Schlafwagen-Standfußball der übelsten Sorte. Ohne Tempo, ohne Dynamik, ohne Esprit - die Mängelliste ist weiterhin lang.

Die Spieler weisen in ihrem viel zu langsamen Passspiel viel zu große Distanzen zueinander auf. Der Ballführende besitzt keine Optionen zwischen den Linien. Teils tummelten sich fünf englische Spieler vor der ersten Schweizer Kette, dahinter herrschte knallrote Überzahl. Der zwischenzeitliche Höhepunkt von Englands Gekicke: Bei einem kurz ausgeführten Eckball in der 30. Minute landete der Ball per Rückpass innerhalb von Sekunden beim eigenen Torwart.

Doch festgehalten werden muss freilich auch: England, das mit drei Schüssen aufs Tor gegen die Slowakei und die Schweizer drei Tore schoss, steht dank dieser Effizienz im Halbfinale - zum zweiten Mal in Folge unter Southgate bei einer EM.

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England: Kobbie Mainoo geht als Lichtblick durch

Trotz des erneut verheerenden Auftritts der Engländer ist ein Akteur aus Southgates Mannschaft herauszuheben - und dies nicht nur, weil er der jüngste englische Spieler seit Wayne Rooney im Jahr 2004 wurde, der für die Three Lions im Viertelfinale eines großen internationalen Turniers startete.

In Kobbie Mainoo dürften nach dem Turnier viele Hoffnungen gesetzt werden. Der 19-Jährige von Manchester United war zusammen mit Bukayo Saka der beste Kicker bei England. Vor allem war er der Einzige mit permanentem Zug und Zielstrebigkeit zum Tor, sobald er an den Ball kam.

Mainoo brachte in Halbzeit eins, der besseren zweier enttäuschenden Hälften des Teams, all seine 24 Pässe zum Mann. Er gewann seine beiden Tacklings und alle drei Zweikämpfe. Besonders stark war seine Szene in der 33. Minute, als er tief in der eigenen Hälfte ein Zuspiel auf ihn so verarbeitete, dass es nur eine Körpertäuschung benötigte, um an zwei Schweizern vorbei zu kommen und die Mittelfeldlinie zu durchbrechen.

Was jedoch irgendwie ins skurrile englische Bild passte: Als Mainoo, der Trent Alexander-Arnold aus der Mannschaft verdrängte, vom Feld musste, fiel eine Minute später mit dem ersten englischen Schuss aufs Tor das 1:1 ...

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Pech in der Lotterie - aber Hut ab vor der Schweiz!

Um ein Haar hätte die Schweiz Historisches erreicht, noch nie standen die Eidgenossen schließlich im Halbfinale eines großen Turniers. Doch auch wenn es in der Lotterie Elfmeterschießen nicht gut für sie ausging, ist vor der Mannschaft der Hut zu ziehen.

Zum zweiten Mal in Folge qualifizierte sich die Schweiz für ein EM-Viertelfinale, bereits das ist für das kleine Land eine beachtliche Leistung. Dies geschah jeweils mit erfrischendem, furchtlosem Fußball und einer harmonischen Truppe, die als echtes Team daherkam. Sieben Spieler sorgten für acht Turniertore, nur Breel Embolo traf doppelt.

Ärgern muss man sich freilich dennoch, gegen dieses biedere England letztlich den Kürzeren gezogen zu haben. Gerade der Schlussspurt gegen Ende der Verlängerung war stark, man hätte sich zwingend belohnen müssen. Die Eidgenossen kreierten einige gute Chancen, England taumelte. Was fehlte war jene Effizienz, die England bis in die Runde der letzten Vier trug.

Tragische Figur war erneut Manuel Akanji, der in den 120 Minuten vor dem Elfmeterschießen eine weitere ausgezeichnete Leistung bei diesem Turnier abriss. Doch der ehemalige Dortmunder scheiterte als Erster und Einziger - auch vor drei Jahren im Viertelfinale gegen Spanien verschoss Akanji vom Punkt.

England vs. Schweiz: 5:3 i.E. (1:1, 1:1, 1:1, 0:0)

Tore0:1 Embolo (75.), 1:1 Saka (80.)
Aufstellung EnglandPickford - Walker, Stones, Konsa (79. Palmer), Trippier (79. Eze) - Rice, Mainoo (79. Shaw), Saka, Bellingham, Foden (115. Alexander-Arnold) - Kane (110. Toney)
Aufstellung SchweizSommer - Schär, Akanji, R. Rodriguez - Ndoye (98. Zakaria), Freuler (118. Amdouni), G. Xhaka, Aebischer (118. Sierro), Rieder (63. Zuber), Vargas (64. Widmer) - Embolo (110. Shaqiri)
Gelbe Karten
  • England: Kane (67.)
  • Schweiz: Schär (32.), Widmer (85.)
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