Sebastian Hoeneß im Interview: Kevin-Prince Boateng? "Das hat ihm die eine oder andere blutige Nase beschert"

Von Dennis Melzer
Sebastian Hoeneß ist seit Sommer 2019 Trainer von Bayern München II.
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So wie Sie im Anschluss an Ihre Zeit bei Leipzig. Für Sie ging es 2017 nach München. Warum?

Hoeneß: Ich war vier Jahre in Leipzig und hatte das Gefühl, dass ich nach so einer verhältnismäßig langen Zeit einen anderen Blickwinkel brauche. Die Trainer bei RB wurden vor allem im Spiel gegen den Ball ausgebildet. Das hat mir sehr viel gebracht, aber ich hatte Lust, auch mal die Gegenseite, nämlich das Spiel mit dem Ball, kennenzulernen. Der Kontakt zu den Bayern kam über Hermann Gerland zustande. Ihn habe ich während meiner Praktikumsphasen im Rahmen des Fußballlehrer-Lehrgangs kennengelernt. Er hat mir später irgendwann erzählt, dass er sich über meine Arbeit informiert hat. Anscheinend war das Feedback positiv, sodass er empfohlen hat, mich nach München zu holen.

In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung haben Sie verraten, dass Ihr Onkel, Uli Hoeneß, zunächst dagegen war, dass der FC Bayern Sie als Trainer verpflichtet. Wo lagen seine Bedenken?

Hoeneß: Dabei ging es generell um meinen Wechsel von RB Leipzig nach München. Er hatte die nachvollziehbare Sorge, dass meine Arbeit nicht objektiv betrachtet wird und immer etwas mitschwingt.

Wie hat Hermann Gerland es geschafft, ihn zu überzeugen?

Hoeneß: Das müsste man am besten ihn selbst fragen. Hermann ist jedenfalls jemand, der sich total einsetzt, wenn er von einer Sache überzeugt ist. Er hat sich vorher schlau gemacht und mich im Trainingslager kennengelernt. Dabei hat er offenbar Punkte gehört und gesehen, die ihn veranlasst haben, zu sagen: 'Das passt.' Er weiß, dass ich durch und durch Bayern München bin. Aber das ist nur meine Interpretation. Ich weiß nur, dass er sich für mich starkgemacht hat.

Ein Teil der Fans protestierte, als Sie die zweite Mannschaft übernahmen. Wie haben Sie die Skepsis der Anhänger aufgenommen?

Hoeneß: Ich bin damit aufgewachsen, dass mein Nachname polarisiert. In dem Fall habe ich es registriert, und ich denke, es ist menschlich, dass man so etwas nicht gerne über sich wahrnimmt. Andererseits hatte ich irgendwo auch Verständnis. Holger (Seitz, Hoeneß' Vorgänger, Anm. d. Red.) war sehr beliebt bei den Leuten, er hat mit der Mannschaft den langersehnten Aufstieg geschafft. Er wollte dann freiwillig in den administrativen Bereich am Campus wechseln. Ich habe mich dann einfach darauf konzentriert, gute und ehrliche Arbeit abzuliefern und die Leute damit zu überzeugen.

 

Zuvor trainierten Sie die U19 der Bayern. Wie kam es seitens des Klubs zu der Entscheidung, Sie im Sommer als Trainer der Amateure einzusetzen?

Hoeneß: Ich erhielt am Ende der vergangenen Saison einen Anruf von Jochen Sauer (Nachwuchsleiter beim FC Bayern, Anm. d. Red.). Er erklärte mir, dass die Verantwortlichen sich nach dem Wechsel von Holger Seitz für eine interne Lösung entschieden hätten. Jochen hat mich gefragt, ob ich mir vorstellen könne, die Mannschaft zu übernehmen. Ich habe eine Nacht drüber geschlafen, aber eigentlich stand mein Entschluss sofort fest. Am nächsten Tag habe ich meine Zusage gegeben, weil ich in der Aufgabe eine große Chance für mich gesehen habe.

Also haben die positiven Aussichten die möglichen Schwierigkeiten ausgestochen?

Hoeneß: Natürlich gab es für mich Unwägbarkeiten. Vor allem, weil damals noch nicht sicher war, ob wir in die 3. Liga aufsteigen oder in der Regionalliga bleiben. Entweder man spielt mit einer jungen Mannschaft in der 3. Liga um den Klassenerhalt oder man ist gezwungen, in der Regionalliga Erster zu werden. Das sind Themen, über die ich mir Gedanken gemacht habe. Auf der anderen Seite war die Aufgabe vor dem Hintergrund, beim FC Bayern den Schritt in den Männerfußball zu machen, sehr reizvoll. Dementsprechend haben die positiven Aussichten absolut überwogen.