Serbien knacken? Mit Geduld und Disziplin

Von Für SPOX in Südafrika: Stefan Rommel
Die Achse um Thomas Müller, Philipp Lahm und Mesut Özil muss auch gegen Serbien funktionieren
© Getty

Deutschland kann gegen Serbien bereits das Achtelfinale klarmachen. Aber Vorsicht: Der Gegner ist gefährlich! Und trotzdem hat Serbien eine große Schwachstelle.

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Australien ist Geschichte, es wartet eine Art Angstgegner auf die deutsche Nationalmannschaft. Mit Serbien steht dem DFB-Team eine Mannschaft vom Balkan gegenüber, gegen die Deutschland bei großen Turnieren fast schon traditionell so seine Schwierigkeiten hat (Freitag, ab 13.15 Uhr im LIVE-TICKER und bei SKY).

Deutschland könnte mit einem Sieg schon das Achtelfinale klarmachen, sofern Australien gegen Ghana nicht gewinnt.

Aber Vorsicht vor dem angeschlagenen Gegner: Die Serben hatten einen miserablen Auftakt beim 0:1 gegen Ghana, ihr eigentliches Leistungsvermögen blieb dabei aber fast komplett im Verborgenen.

SPOX erklärt die Serben und wie Deutschland sie knacken kann.

Serbiens Grundformation: Hier gibt es zwei Varianten. Im 4-4-2 spielten die Serben gegen Ghana, mit einem etwas zurückhängenden Zigic in der Spitze und zwei Sechsern vor der Abwehr.

Die Viererkette bilden Ivanovic, Vidic, Subotic und Kolarov. Wobei Dortmunds Subotic von der Gelb-Roten Karte Lukovic' aus dem Ghana-Spiel profitiert. Dahinter steht Torhüter Stojkovic - ein solider, aber kein überragender Schlussmann.

Davor räumt der emsige Milijas ab. Er soll die Absicherung für Kapitän und Gehirn Stankovic sein, der sich öfter in die Offensive einschaltet als sein Nebenmann.

Auf den Flügeln stehen mit Krasic und Jovanovic zwei schnelle, trickreiche und auch torgefährliche Spieler. Zigic kommt mehr aus der Tiefe, Pantelic steht ganz vorne drin.

Gegen Deutschland denkt Coach Antic auch über ein 4-2-3-1 nach. Dann müsste er Pantelic für einen zusätzlichen defensiven Mittelfeldspieler opfern. Kacar gilt als die wahrscheinlichste Variante, auch Kuzmanovic ist trotz seines Blackouts gegen Ghana eine Option.

Dann würde Stankovic auf seine eigentliche Position weiter vorne im Zentrum rücken und das Spiel von dort aus lenken. Außerdem hätten die Serben dann numerischen Gleichstand im Mittelfeld.

Der WM-Kader Serbiens

Serbiens Defensivverhalten: Die Viererkette steht, wobei Vidic nach seiner Virusinfektion noch nicht den sicheren Eindruck macht, den man von ihm gewohnt ist. Wie die Abstimmung mit Subotic sein wird, muss sich erst zeigen. So oft haben beide noch nicht zusammengespielt - Subotic hat erst 14 Länderspiele auf dem Buckel.

Eine ganz zentrale Rolle wird Milijas zukommen. Der Mann von den Wolverhampton Wanderers wird sich in Mesut Özils Wirkungskreis aufhalten und soll nebenbei die Lücken besetzen, in die Müller oder Podolski einlaufen werden.

Stankovic ist nicht mehr der schnellste, macht aber viel durch sein Auge wett. Die beiden Flügelspieler rücken bei Ballbesitz des Gegners leicht ein und lassen die Seitenlinie offen. Dann zieht sich die Mittelfeldformation zu einer Viererkette zusammen, mit Zigic als Störspieler davor.

Pantelic läuft nur alibimäßig auf die Viererkette des Gegners, um ein wenig zu stören. Am eigentlichen Defensivverhalten nimmt er kaum teil.

Serbiens Offensivverhalten: Auffällig ist, dass der kommende Gegner seit einigen Spielen erhebliche Probleme hat, sich Chancen und demzufolge auch Tore zu erarbeiten.

Eigentlich spielen die Serben einen sauberen Ball, mit Stafetten durch das Mittelfeld, um den Angriff dann über die schnellen Außen einzufädeln. Gegen Ghana aber hatten Krasic und Jovanovic einen schwachen Tag erwischt, zudem fehlte die Unterstützung von Jovanovic und Koralov.

Stankovic bestimmt Rhythmus und Geschwindigkeit, Milijas fungiert eigentlich nur als Ballklauer. Im ersten Spiel fand Stankovic offensiv aber kaum statt, der Kapitän hing zu weit zurück, um auf das Offensivspiel richtig Einfluss nehmen zu können.

Also folgte schnell und viel zu oft der lange Ball - komischerweise dann auch noch fast jedes Mal auf den vergleichsweise kleinen Pantelic. Der konnte die Bälle nur phasenweise behaupten. Zigic wäre auf Grund seiner Körpergröße von 2,02 Meter dafür eigentlich besser geeignet gewesen.

Wenn Antic auf 4-2-3-1 umstellt, besetzt Stankovic die offensive Mittelfeldzentrale, bringt damit seine Stärken im Abschluss deutlich besser zur Geltung und hätte hinter sich trotzdem noch zwei Spielern, die ihn absichern.

Deutschlands gefährlichste Waffe: Das Umschalteverhalten der Serben war gegen Ghana sowohl defensiv als auch offensiv schwach. Schnelle Konter fuhren die Weißen Adler so gut wie keine, vor allem aber in der Rückwärtsbewegung brannte es einige Male lichterloh.

Stankovic ließ Milijas dabei einige Male allein. Insofern bietet sich Antic die 4-2-3-1-Lösung quasi an, um dort mindestens noch eine zusätzliche Absicherung gegen die Konter der Deutschen zu haben.

Und trotzdem bleibt eine wunde Stelle: Jovanovic hatte einige Probleme, wenn Ghana das Spiel über seine linke Seite schnell machen konnte. Kolarov stand dann auf verlorenem Posten. Deutschland hatte gegen Australien 39 Prozent seines Ballbesitzes im rechten Drittel des Spielfelds und damit beinahe so viel wie im Zentrum (47 Prozent).

Die Achse mit Lahm und davor Müller sowie dem schleichenden Özil dürfte auch gegen die Serben die Sahneseite der Deutschen sein. Miljas wird dort viel Arbeit verrichten müssen, um seine beiden Kollegen zu unterstützen.

Selbst Deutschlands Keeper Neuer könnte mit seinen weiten und präzisen Abwürfen eine tragende Rolle zukommen.

Nicht zu euphorisch sein: Das Spiel gegen Australien muss schnell wieder aus den Köpfen. Die Aussies machten es der deutschen Mannschaft zu einfach. Gegen Serbien wird das schon ganz anders aussehen. Vor allem im defensiven Mittelfeld muss diszipliniert gearbeitet werden.

Khedira darf seine Rolle nicht mehr so offensiv und riskant ausfüllen wie noch gegen Australien, als er Schweinsteiger mit seinen Tempoläufen in die Spitze oft alleine ließ.

Badstuber wurde ein wenig getadelt, weil er Podolski im Offensivspiel nicht richtig unterstützt hat. Dabei interpretiert der Münchener seine Rolle erstmal so, wie sie im Grunde auch gedacht ist: defensiv solide.

Gegen den dribbelstarken und wendigen Krasic wartet jede Menge Arbeit auf Badstuber, der von Podolski hierbei unbedingt Unterstützung benötigt. Und Spielmacher Özil wird sich auf eine härtere Gangart und deutlich weniger Raum und Freiheiten gefasst machen müssen.

Davon darf sich die gesamte Mannschaft im Übrigen nicht beeindrucken lassen. Die Serben werden beherzter hinlangen als Australien.

Und Vorsicht bei den Standards! Stankovic und Jovanovic sind echte Spezialisten, dazu kommt Zigic' und Vidic' Stärke bei Offensivkopfbällen.

Allerdings spricht die Ausgangslage ganz klar für Deutschland. Die Serben werden im Laufe der Partie immer mehr riskieren müssen, schließlich benötigen sie fast schon dringend einen Sieg.

Die DFB-Elf muss also auch die nötige Geduld mitbringen und kein zu großes Risiko eingehen. Eigentlich eine ungewohnte Partie für die spielstarke Mannschaft, bei der es auch interessant sein wird zu sehen, ob sie außer ihren spielerischen Mitteln schon einen Plan B entwickelt hat für ein Spiel gegen einen hartnäckigen und unbequemen Gegner.

Kapitän Philipp Lahm: Der Beschützer