Rafinhas womöglich letztes großes Spiel für den FC Bayern München

Rafinha spielt seit 2011 beim FC Bayern München. Im Sommer verlässt er den Verein.
© getty

Rafinha wird den FC Bayern München im Sommer nach acht Jahren verlassen. Beim Achtelfinalrückspiel der Champions League gegen den FC Liverpool (Hinspiel 0:0, 21 Uhr im LIVETICKER) steht er wegen Joshua Kimmichs Sperre womöglich ein letztes Mal im Rampenlicht.

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Seit der brasilianische Rechtsverteidiger Rafinha 2011 zum FC Bayern wechselte, sorgt er zumeist für Zweierlei. Auf dem Platz für solide Arbeit, ohne dabei groß aufzufallen, und abseits des Platzes für auffallend viel Spaß. Seine vorläufige Tore/Gesangseinlagen-bei-Titelfeiern-Bilanz nach beinahe acht Jahren im Klub liest sich dementsprechend ausgeglichen: sechs Tore, sechs Gesangseinlagen bei Titelfeiern.

"Volare" gab Rafinha vom Rathausbalkon vor dem Münchner Marienplatz unter anderem schon zum Besten, genau wie "Hey Baby" oder "Ai Se Eu Te Pego". Damit zählt er gemeinsam mit Jupp Heynckes ("Nächstes Jahr holen wir den Europapokal", 1990), Louis van Gaal ("Ein dicke Kuss von der Trainer von der Meister", 2010) und Franck Ribery ("Isch abe gemacht fünf Jahre mehr", ebenfalls 2010) wohl zu den bedeutendsten Rathausbalkon-Performern der Vereinsgeschichte.

Rafinha ist der einzige verfügbare Rechtsverteidiger

Will Rafinha gesanglich noch einmal nachlegen, dann muss er das am Ende dieser Saison tun, denn im Sommer verlässt der 33-Jährige bekanntlich den FC Bayern. Wie seine letzte Saison nicht nur für ihn persönlich, sondern für den ganzen Klub ausgeht, hängt überraschenderweise stark von Rafinha selbst ab.

Vor dem Rückspiel gegen den FC Liverpool ist er nämlich auf einmal unersetzlich: Rafinha ist der einzige verfügbare Rechtsverteidiger im Kader. Der nominelle Stammspieler Joshua Kimmich fehlt gesperrt, weil er sich beim Auswärtsspiel in Liverpool seine dritte Gelbe Karte im Wettbewerb abgeholt hatte.

Die möglichen Alternativen zu Rafinha hören sich nicht nur abenteuerlich an, sondern sind es auch: Innenverteidiger Jerome Boateng, der diese Position zuletzt 2012 bekleidete. Mittelfeldspieler Leon Goretzka, der dort beim Bundesligaspiel gegen den FC Augsburg im September für 45 Minuten spielte und dann ausgewechselt wurde. Und schließlich Außenstürmer Serge Gnabry, der dort zuletzt im Rahmen des sogenannten ICC spielte. Kurz: Kovac braucht Rafinha und wird ihn einsetzen.

Kovac über Rafinha: "Nicht nur gut, sondern sehr gut"

Einspielen konnte sich Rafinha rechts hinten jedoch nicht und das lag daran, dass er zuletzt links hinten gebraucht wurde. David Alaba (Sehnenreizung) und Juan Bernat (Paris Saint-Germain) waren nämlich nicht verfügbar. Wenigstens Ersterer ist gegen Liverpool wieder einsatzbereit, wie Trainer Niko Kovac bei der Pressekonferenz am Dienstag - mit einem "Stand jetzt" garniert - verkündete.

Dass Rafinha deshalb die Seite wechseln muss, erachtet Kovac nicht als Problem: "Der Wechsel von links nach rechts bereitet ihm weniger Probleme als der von rechts nach links." Das sollte für Hoffnung sorgen, denn in Alabas Abwesenheit überzeugte Rafinha bei den Bundesligaspielen bei Borussia Mönchengladbach (5:1) und gegen den VfL Wolfsburg (6:0) sogar links hinten.

Beeindruckend waren vor allem seine Werte gegen Wolfsburg: 100 Prozent Zweikampfquote, 100 Prozent Luftzweikampfquote, 100 Prozent Flankengenauigkeit, 98 Prozent Passquote, die meisten Ballgewinne aller Spieler. "Er hat das nicht nur gut, sondern sehr gut interpretiert. Offensiv genau wie defensiv", lobte Kovac.

Als sich Kovac das davor letzte Mal öffentlich über Rafinha äußerte, klang das noch anders. "Eines ist klar", stellte Kovac damals eines klar: "So in dieser Form darf das nicht passieren."

Was war passiert? Nachdem Rafinha beim Heimspiel gegen Hertha BSC Ende Februar zum fünften Mal in Folge nicht in der Startelf gestanden hatte, klagte er in der Bild: "In letzter Zeit ist der Trainer nicht korrekt zu mir. Ich bringe meine Leistung im Training. Es fällt mir schwer, mich zu motivieren." Hier der kroatische Disziplinfanatiker, dort der brasilianische Spaßvogel. Nur viermal hatte Kovac Rafinha zuvor in dieser Bundesligasaison durchspielen lassen.

Rafinha: Zwei Spielzeiten Stammspieler, ansonsten Backup

So oder so ähnlich sah Rafinhas Rolle aber während der längsten Zeit seiner Karriere beim FC Bayern aus. Obwohl er bisher auf insgesamt 259 Pflichtspiele für den FC Bayern kommt, spielte er meist nur dann, wenn andere verhindert waren oder geschont wurden. Rafinha galt als idealer Backup. Stammspieler durfte er sich lediglich in den Saisons 2013/14 und 2014/15 nennen, als der damalige Trainer Pep Guardiola Philipp Lahm ins Mittelfeld beorderte. Dann kam aber bald Kimmich und Rafinha war zumindest in den wichtigen Spielen meist zurück auf der Bank.

Von den fünf DFB-Pokal-Finals, die der FC Bayern seit Rafinhas Ankunft bestritt, kam er nur bei einem zum Einsatz. Bei den beiden Champions-League-Finals gar nicht und bei den entscheidenden Halbfinalspielen selten. Unter anderem aber beim Halbfinalhinspiel der vergangenen Champions-League-Saison gegen Real Madrid, als Rafinha das Gegentor zum 1:2 verschuldete. Die Kritik an ihm war danach groß und beim Rückspiel saß er wieder nur auf der Bank.

"Ich gelte jedes Jahr als erster Kandidat, der den Verein verlassen könnte", sagte Rafinha damals. "Aber ich bin immer noch hier." Das ist er auch jetzt, aber das Ende seiner Zeit in München steht mittlerweile unmittelbar bevor. "Ich will die letzten sechs Monate auskosten", sagte Rafinha im Winter, als er seinen Abschied für den Sommer ankündigte.

Gegen Liverpool darf er das auf dem Platz machen - es ist sein womöglich letztes großes Spiel für den FC Bayern. Sein letztes großes Lied soll dann am Mai auf dem Rathausbalkon folgen.

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