FC Bayern startet in die Ära Julian Nagelsmann: Drei Aussagen, die aufhorchen lassen

Zieht sofort die Zügel beim FC Bayern an: Julian Nagelsmann.
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"Fußball pur": Schon am ersten Tag der Ära Julian Nagelsmann beim FC Bayern wird klar, wie sehr Julian Nagelsmann für seine Aufgabe brennt. Aber auch, dass er sich in puncto Neuverpflichtungen keine allzu großen Hoffnungen machen darf.

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"Hier, neuer Ball! Das dauert mir zu lange", rief Julian Nagelsmann schulterzuckend, nachdem ein Angriff im Trainingsspiel seiner Meinung nach zu behäbig vorgetragen worden war.

Der neue Trainer des FC Bayern erwies sich bei seiner ersten Einheit an der Säbener Straße umgehend als tüchtiger Kommunikator, der zwar lobte, wenn eine Übung funktionierte, aber auch die Pfeife in den Mund nahm und nachjustierte, wenn ihm etwas nicht passte.

So machte er zum Beispiel Bouna Sarr klar, wie sich ein ballferner Außenverteidiger im Idealfall zu positionieren habe. Und die Innenverteidiger um Neuzugang Dayout Upamecano bekamen die Ansage, nach Pass auf die Sechser nicht zu sehr nach außen abzukippen, sondern sich mit einer schnellen Auftaktbewegung sofort ballorientiert anzubieten, um den Ball im Falle eines Rückpasses schnell(er) auf die Außenbahnen zu transportieren.

Detailarbeit seit Tag eins. Kein Wunder. Mit Nagelsmann haben die Bayern einen Pep-Guardiola-ähnlichen Fußball-Nerd verpflichtet, der auch abseits des Platzes zu gerne jede noch so kleine taktische Feinheit ausdiskutiert. Die Klubverantwortlichen haben das schon zu spüren bekommen.

"Julian ist Fußball pur", hatte Sportvorstand Hasan Salihamidzic schon bei Nagelsmanns Vorstellung am Mittwochmorgen mit einem breiten Grinsen zum Besten gegeben. Weiter, so Salihamidzic, sei der Nachfolger von Hansi Flick in den vergangenen Tagen schon ein ums andere Mal in sein Büro geschneit, um nicht nur seine neue Espressomaschine auszuprobieren, sondern um über Fußball zu plaudern. Und dabei natürlich in erster Linie: den neuen FC Bayern.

Wie dieser aussehen soll, lässt sich nach einem Trainingstag noch nicht beurteilen. Welche grundsätzliche(n) Strategie(n) Nagelsmann und Co. verfolgen, ist anhand von drei Aussagen bei der Antritts-PK des neuen Chefcoachs aber klar abzusehen.

FC Bayern - 1. Die Taktik-Aussage

Nagelsmann: "Ich werde nicht alles auf den Kopf stellen. Es geht darum, taktisch flexibel zu sein."

Es ist kein Geheimnis, dass Nagelsmann gerne Dreierkette spielen lässt. An eine Grundordnung wie das 3-4-3, 3-5-2 oder 3-6-1 hat sich seit Guardiola kaum noch ein Trainer des Rekordmeisters in den vergangenen Jahren herangewagt. Am besten fuhren die Münchner mit dem 4-2-3-1, insbesondere in der Triple-Saison 2019/20 unter Flick. Allerdings betonte Nagelsmann am Mittwoch: "Auch unter Hansi hatte man oft einen Dreieraufbau, die Taktik war fließend."

Insofern dürfe sich seine Mannschaft auf die eine oder andere Umstellung einstellen. Klar sei aber auch: "Die Spieler haben ihre Positionen. Und wir werden Formationen wählen, in denen sich die Spieler wohlfühlen und ihre Qualitäten abrufen können. Die Spieler, das war auch das Feedback in den Gesprächen, wollen sich weiterentwickeln."

FC Bayern - 2. Die Jugend-Aussage

Nagelsmann: "Wir haben genügend Spieler - irgendwann müssen auch die jüngeren in die Bresche springen, es gibt keine ewige Vorlaufzeit."

Nagelsmanns Antwort auf die Frage, ob es nicht ein Problem sei, mit David Alaba und Jerome Boateng zwei international erprobte Routiniers verloren zu haben, machte endgültig deutlich, wie wichtig allen Beteiligten die kurz- bis mittelfristige Förderung jüngerer Spieler ist. Spieler wie Tanguy Nianzou (19) oder Chris Richards (21).

Auch das Wort "Campus" fiel bei der Pressekonferenz einige Male, Salihamizdic äußerte die Hoffnung, nach Jamal Musiala weitere Talente aus dem eigenen Nachwuchs im Profiteam zu etablieren. Bei der ersten Trainingseinheit bekamen auch gleich neun Spieler aus der U23 die Chance, sich zu zeigen.

SpielerPositionAlter
Johannes SchenkTor18
Josip StanisicAbwehr21
Christopher ScottMittelfeld19
Malik TillmanSturm19
Remy VitaAbwehr20
Taylor BoothMittelfeld20
Jamie LawrenceAbwehr18
Torben RheinMittelfeld18
Armindo SiebSturm18

Der Großteil wird spätestens nach der Rückkehr der EM-Fahrer wieder zur Regionalligamannschaft stoßen, in Offensivakteuren wie Armino Sieb (18) oder Christopher Scott (19) sehen die Verantwortlichen aber nicht erst seit Nagelsmanns Verpflichtung Potenzial.

"Julian hat die Qualität, junge Spieler weiterzuentwickeln", so Kahn. Auch vor diesem Hintergrund trafen die Verantwortlichen die Entscheidung, den neuen Chefcoach mit einem Fünfjahresvertrag auszustatten.

Julian Nagelsmann wurde am Mittwoch offiziell als neuer Coach des FC Bayern in der Allianz Arena präsentiert.
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Julian Nagelsmann wurde am Mittwoch offiziell als neuer Coach des FC Bayern in der Allianz Arena präsentiert.

FC Bayern - 3. Die Transfer-Aussage

Salihamidzic: "Wir wollen in diesen schwierigen Zeiten jeden Cent umdrehen, und wenn wir wieder die Möglichkeiten haben, werden wir auch wieder verrückte Sachen machen."

Jugend forscht - dieses Motto gilt beim Rekordmeister auch aus finanziellen Gründen. Salihamidzics Aussage war der deutlichste aller Hinweise in letzter Zeit, dass die Fans ein ruhiger Transfersommer erwartet.

Nach Informationen von SPOX und Goal würden die Münchner nur im Falle eines Verkaufs von Kingsley Coman noch einmal im großen Stile auf dem Transfermarkt aktiv werden. Laut Kahn herrscht bei Coman aber - ebenso wie im Fall Leon Goretzka - Optimismus, zu einem Durchbruch bei den Vertragsgesprächen zu gelangen.

Generell müssten auch erst Verkaufskandidaten wie Michael Cuisance oder Joshua Zirkzee Geld in die Corona-bedingt nicht mehr ganz so vollen Bayern-Kassen spülen, um nach den zusammen etwas mehr als 60 Millionen Euro teuren Upamecano und Nagelsmann weitere Ablösesummen zu bezahlen.

Mit "verrücken Sachen", wie Salihamidzic sie zu nennen pflegt, ist also frühestens 2022 zu rechnen. Nagelsmann scheint - im Gegensatz zu Flick in dessen zweiter Saison - damit ganz gut leben zu können: "Wir werden uns regelmäßig über den Kader austauschen. Mir ist bewusst, dass man nicht alles auf dem Transfermarkt machen kann. Am Ende bin ich der Überzeugung, dass der Klub den Hut aufhaben muss. Er bezahlt die Spieler."

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