Thomas Müllers Vertragsverlängerung: Wie Hansi Flick dem FC Bayern München das spielende Oktoberfest bewahrte

Thomas Müller und Hansi Flick haben beide bis 2023 beim FC Bayern München verlängert.
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Vier Tage nach Trainer Hansi Flick hat auch Thomas Müller seinen Vertrag beim FC Bayern München bis 2023 verlängert. Die beiden Personalien stehen in engem Zusammenhang.

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Findet es statt? Oder nicht? Und, wenn nicht: Was dann? Schiebt der Durchschnittsmünchner seine Sorgen über die aktuelle Situation ob der Coronakrise mal etwas beiseite und blickt ein wenig auf mögliche Auswirkungen, dann kommt er recht bald beim Oktoberfest an. "Die Frage bewegt uns alle", sagte Wiesn-Chef Clemens Baumgärtner erst kürzlich verständnisvoll und betonte, dass noch nichts entschieden sei. Ein Münchner Herbst ohne Oktoberfest wäre ja eigentlich unvorstellbar.

Und damit zu Thomas Müller, seines Zeichens das spielende Oktoberfest des FC Bayern München. "Thomas Müller gehört zum FC Bayern München, wie das Oktoberfest zur Stadt München", sagte Bayern-Präsident Herbert Hainer nicht umsonst, nachdem Müller am Dienstag seinen Vertrag bis 2023 verlängert hatte.

Die Verkündung der Vertragsverlängerung war zu diesem Zeitpunkt keine Überraschung mehr. Noch vor wenigen Monaten aber umtrieben den Durchschnittsbayernfan die gleichen Sorgen über Müller wie den Durchschnittsmünchner aktuell über das Oktoberfest. Ein FC Bayern ohne Thomas Müller wäre ja eigentlich unvorstellbar - war just während des vergangenen Oktoberfests aber gar nicht so ausgeschlossen.

Müller dachte im Herbst über einen Abschied nach

Drei Tage vor dem Anstich verbannte der damalige Trainer Niko Kovac Müller zum Champions-League-Spiel gegen Roter Stern Belgrad aus der Startelf und als zwei Wochen, einige Spiele sowie noch mehr Maß später das traditionelle Abschiedslied "Silencio" erklang, hatte sich daran nichts geändert. Sechsmal in Serie fehlte Müller in der Startelf und die musikalische Begleitung dazu war Kovacs längst legendärer Not-am-Mann-Satz.

"Die Gefühlslage war sehr angespannt und ich hatte nicht unbedingt im Sinn, meinen Vertrag im Frühjahr zu verlängern. Und wenn sich meine Rolle nicht verändert hätte, hätte sicher auch der FC Bayern gut damit leben können, mich abzugeben", sagte Müller bei einer Cyber-Pressekonferenz am Donnerstag und sprach somit zumindest indirekt aus, mit einem Wechsel kokettiert zu haben.

Er habe sich ungebraucht gefühlt, aber gleichzeitig so fit und selbstbewusst, dass er der Meinung war, woanders womöglich noch wichtig sein zu können. "Ich hatte wenige Selbstzweifel, weil ich in der Phase eigentlich gut drauf war. Das hat es für mich aber auch schwieriger gemacht, die Situation zu akzeptieren", sagte Müller. "Wenn man das Gefühl hat, dass man keine Chance bekommt, kommt natürlich eine gewisse Unzufriedenheit auf."

Müllers Wichtigkeit für den FC Bayern

Der FC Bayern und Kovac trennten sich aber bald und Nachfolger wurde bekanntlich Hansi Flick. Er gab Müller bei seiner ersten Pressekonferenz eine Einsatzgarantie und bot ihn seitdem fast immer auf seiner Lieblingsposition hinter einer Solospitze auf. "Die Spielanalage hat sich positiv entwickelt und ich habe nicht nur mehr Spielzeit bekommen, sondern konnte den Spielen auch wieder den Thomas-Müller-Stempel aufdrücken", sagte Müller.

In den 21 Pflichtspielen seit Flicks Amtsübernahme gelang Müller im Schnitt ein Scorerpunkt pro Einsatz (acht Tore, 13 Assists), aber das ist nicht die ganze Geschichte. Der Thomas-Müller-Stempel hat schließlich nicht nur mit Torbeteiligungen zu tun. Er hat auch mit seinen überraschenden Läufe und vor allem Pässen knapp vor dem Strafraum zu tun, die dem Offensivspiel des FC Bayern eine zusätzliche Dimension geben. Nach Ballverlusten avanciert Müller dann sofort zum Richtungsgeber, zu demjenigen, der das unter Flick so wichtige Vorwärtsverteidigen wort- und gestenreich koordiniert. Mit seinem Humor sorgt er in der Mannschaft gleichzeitig für einen Schuss Lockerheit, Müller selbst würde es wohl Gaudi nennen.

Seit Flicks Amtsübernahme lächelt und scherzt Müller wieder, was seiner Rolle als öffentlichkeitswirksame Identifikationsfigur des FC Bayern äußerst zuträglich ist. Der heute 30-Jährige kam mit zehn in den Verein und verbrachte somit genau zwei Drittel seines Lebens beim FC Bayern; als Pähler ist Müller aktuell der einzige gebürtige Bayer im erweiterten Stammspielerkreis. In einer zunehmend globalisierten Fußballwelt sind Lokalhelden wie Müller für Vereine wie den FC Bayern von enormer Bedeutung. Sie sind schließlich nicht zu kaufen, sondern nur zu machen. Mia san mia und mia san Müller. Er ist ein Gesicht des Klubs und dessen Verschwinden hätte einen enormen Verlust bedeutet.

Flick und Müller verlängerten mit identischer Laufzeit

Dass es so weit nicht kam, hat der FC Bayern Flick zu verdanken. Er wendete nicht nur die Saison zum Guten, sondern sorgte mit Müllers Re-Integration in die Startelf und dessen darauffolgenden Aufblühen letztlich auch für einen Verbleib des spielenden Oktoberfests. Vier Tage nachdem Flick seinen Vertrag bis 2023 verlängert hatte, zog Müller nach - wohl nicht zufällig mit identischer Laufzeit.

Ein möglicher Abschied kam für ihn nach den Entwicklungen der vergangenen Monate zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr in Frage und so erzählte Müller direkt nach der Verkündung in einer Videobotschaft von "Verhandlungen in Anführungszeichen" und davon, dass sie "nicht so lange gedauert" hätten.

Gefragt, was den Ausschlag für die Unterschrift gegeben habe, sagte Müller unter anderem: "In dieser Gesamtkonstellation und auch weil der Trainer verlängert hat, habe ich das Gefühl: Ich will bei diesem Projekt dabeibleiben."

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