Berliner Erinnerungen

Feiert der FC Bayern München zum dritten Mal vorzeitig die Meisterschaft?
© getty

Der FC Bayern geht wieder mit der Chance auf das Triple in die Schlussphase der Saison. Um nicht erneut ein Ende wie in den letzten beiden Jahren zu erleben, verändert Pep Guardiola die Strategie. Und weckt damit ein wenig Erinnerungen an seinen Vorgänger.

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Zwei Jahre ist es her, da wurde der FC Bayern an einem Dienstagabend nach einem Sieg bei Hertha BSC (3:1) Deutscher Meister, da zeitgleich die Verfolger Borussia Dortmund und Schalke 04 im direkten Duell torlos vom Platz gingen. Das war damals der 27. Spieltag - so früh wie noch nie.

In der vergangenen Saison war es wieder die Hertha. Die Bayern gewannen mit 1:0, am nächsten Tag verlor der Verfolger VfL Wolfsburg bei Borussia Mönchengladbach mit dem gleichen Ergebnis und die Münchener feierten ihren 25. Titel auf der Couch. Wieder extrem frühzeitig.

Am Samstag gastiert der FC Bayern nun bei Hertha BSC. Und richtig: Der FCB kann den Titel mal wieder in Berlin perfekt machen. Dazu brauchen die Münchener einen Sieg und Borussia Dortmund müsste beim VfB Stuttgart verlieren. Dann wären die Bayern wieder mal frühzeitig durch. Aber die Berliner Erinnerungen hatten in den letzten beiden Jahren kein Happy End.

Hochspannung dauert an

2014 gab es eine doppelte Klatsche von Real Madrid im Halbfinale der Champions League, 2015 erfolgte sie von Seiten des FC Barcelona. Zwei Spielzeiten, die man nicht dominanter hätte spielen können, hatten so einen fiesen Beigeschmack. Dass jetzt nach einer möglichen Meisterschaft in Berlin mit Atletico Madrid wieder ein Vertreter der Primera Division im Semifinale wartet, darf man zur Kenntnis nehmen.

In München hat man dennoch berechtigte Hoffnungen, dass es eine dritte Schmach dieser Art in Folge nicht geben wird. Zwar ist es sicher keine Absicht der Münchener gewesen, das Titelrennen in dieser Saison spannender zu gestalten, aber dass die Bayern ihre Hochspannung einfach länger konservieren mussten, wurde dadurch bewerkstelligt.

Der Luxus im Kader

"Wir haben aus den vergangenen Jahren gelernt und wissen, dass wir nicht nachlassen dürfen. Es reicht in den Spielen nicht, 1:0 zu führen", sagt Robert Lewandowski und fügt an: "Wenn wir in der Bundesliga gut sind, sind wir auch in der Champions League gut."

Auch Pep Guardiola hat etwas verändert: Die Rotation ist deutlich intensiver als in den Vorjahren, was auch daran liegt, dass ihm einfach mehr Spieler zur Verfügung stehen. "Letztes Jahr hatte ich 13, 14 Spieler. Da war es schwer", sagt Pep. Dass er im April mit Holger Badstuber und Arjen Robben nur noch zwei verletzte Akteure zu beklagen hat, ist ein Luxus. Und Pep gibt zu, dass die Zuversicht dadurch "deutlich" höher ist, die gesteckten Ziele auch zu erreichen.

Pep: "Zu langsam"

Aber der Katalane schraubt auch an anderen Stellen. War früher nach Rückschlägen noch alles "super, super", packt Pep nun deutlich öfter die Keule aus. Nach dem 3:0 gegen Schalke 04 am Wochenende kritisierte er sein Team vor laufender Kamera: "Ich bin nicht zufrieden mit unserem Spiel. In der ersten Halbzeit waren wir nicht auf dem Platz."

Gegenüber SPOX konkretisierte Guardiola am Montag seine Kritik: "Wir waren gegen Schalke in der ersten Halbzeit alle langsam. Der Ball war langsam, der Druck war langsam, die Bewegung war langsam. Wenn David (Alaba) oder Medhi (Benatia) den Ball hatten, haben alle nur geschaut, was sie machen. Dadurch hatten wir Probleme. Wenn wir gegen Bremen so spielen: Bye Bye, Pokal!"

"Bremen kann gewinnen"

Und in der vergangenen Saison war es ja nicht nur die Champions League, die die Bayern in der Vorschlussrunde hergaben. Auch im Pokal, als man gegen Borussia Dortmund überlegen spielte, aber am Ende im Elfmeterschießen scheiterte, bot sich ein ähnliches Bild: "Jede Mannschaft kann in einem einzelnen Spiel gegen uns gewinnen. Auch ein Klub aus der 2. Liga." Und eben auch Bremen: "Werder kann morgen weiterkommen", sagt Pep.

Dem Erfolgscoach liegt viel daran, in seiner Abschlussrunde alles dem Erfolg unterzuordnen. Ausreden sind genauso uninteressant wie Einzelschicksale. Dass Spieler wie Serdar Tasci oder Sven Ulreich beispielsweise überhaupt keine Einsatzminuten bekommen, "tut mir sehr leid", sagt Pep, "weil sie es verdienen zu spielen." Aber: "Es ist meine Entscheidung." Experimente gibt es kaum.

So ein bisschen wie Jupp

So ein bisschen erinnert Pep mit seiner Vorgehensweise an Jupp Heynckes in der Triple-Saison, als dieser unzufriedene Spieler wie Mario Gomez oder Arjen Robben draußen ließ und sein Programm durchzog. Als sich im Champions-League-Viertelfinale Toni Kroos verletzte, war es aber dann Robben, der die Bayern quasi zum Titel schoss.

Auch Pep kitzelt seine Spieler. Ob mit öffentlicher Kritik oder mit unerwarteten Pausen wie die für Lewandowski in Lissabon, als er unerwartet auf der Bank saß. "Ich war nicht zufrieden, dass die Kollegen spielten", sagte der Pole nach dem 3:0 gegen Schalke, fügte aber auch an, dass er weiß, warum der Trainer so handelt. Auch Arturo Vidal musste lange um die Gunst des Trainers kämpfen, ist aber nun seit Wochen gesetzt und Bayerns bester Mann. Dass der Trainer nun wieder sagt, dass "Arturo auf dem Boden bleiben" muss, ist reines Kalkül.

Pep erreicht mit dieser Art seine Spieler und fährt vor den entscheidenden Wochen der Saison gut damit, auch wenn er weiß, dass ein Aus gegen Atletico Madrid alle Vorgehensweisen wieder in Frage stellen würden. Bei all der Hochspannung, findet Pep aber auch etwas Spaß: "Bis zur letzten Minute um alle Titel zu kämpfen, ist schön." In Berlin kann er den ersten schon mal holen.

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