"Das macht mich ein bisschen fassungslos": Edin Terzic widerspricht und kritisiert Niclas Füllkrug nach bitterem BVB-Remis

Sven Mislintat
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Das späte Ausgleichstor gegen Bayer Leverkusen sorgt bei Borussia Dortmund für unterschiedliche Ansichten - und für Kritik von Trainer Edin Terzic an Niclas Füllkrug. Die Partie offenbart jedoch auch die größte Kader-Baustelle des BVB.

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117 Sekunden haben am Ende gefehlt, sonst wäre Borussia Dortmund nicht nur ein wichtiger Dreier im Kampf mit RB Leipzig um Champions-League-Platz vier gelungen, sondern auch ein echter Prestigeerfolg. Der BVB wäre schließlich um ein Haar die erste Mannschaft gewesen, die Bayer Leverkusen nach 44 unbesiegten Pflichtspielen bezwungen hätte.

Es kam aber anders, die Werkself glich in der siebten Minute der Nachspielzeit nach einem Eckball durch Josip Stanisic aus und erzielte somit ihr 15. Tor ab der 90. Minute in dieser Saison. Dass Leverkusen nach nun drei sieglosen Bundesligaduellen mit dem BVB gegen kein anderes Team aus dem Oberhaus so lange auf einen Dreier wartet, Trainer Xabi Alonso gar noch keine einzige Partie gegen die Schwarz-Gelben gewann und die Dortmunder nun die bis dato meisten Punkte aller Teams in dieser BL-Runde gegen den Meister holten (zwei), wird für diese nur wenig Trost sein.

An der Frage, ob ein Sieg der Hausherren überhaupt verdient gewesen wäre, schieden sich nach Abpfiff die Geister - zumindest jene des Dortmunder Torschützen Niclas Füllkrug und seines Trainers Edin Terzic. "Ich glaube, wir waren das ganze Spiel betrachtet schon die bessere Mannschaft und hätten es verdient gehabt, zu gewinnen", sagte der Stürmer bei DAZN.

Terzic widersprach recht deutlich. Ob er Füllkrugs Einschätzung teile? "Ganz ehrlich, nicht ganz", sagte der Coach. Seine Begründung: "Es war ein Spiel mit sehr wenigen Torchancen und kein gutes Spiel von beiden Seiten. Wir waren viel zu passiv und hatten viel zu wenig Tempo im Spiel. Von der Leistung her war es nicht das, was wir uns vorgestellt haben."

Niclas Füllkrug, BVB
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BVB-Stürmer Niclas Füllkrug: "Das macht mich ein bisschen fassungslos"

Uneinigkeit herrschte zwischen beiden auch bei der Beurteilung des bitteren Gegentreffers. Der lange verletzte Youngster Julien Duranville, der zu seinem erst zweiten Saisoneinsatz kam, spielte die Kugel bei einer Ballannahme unglücklich mit der Hand. Daraus entstand ein Leverkusener Freistoß, den BVB-Keeper Gregor Kobel zu jener Ecke abwehrte, die im zweiten Versuch schließlich den Ausgleich für die Gäste einbrachte.

Am kurzen Pfosten hatte sich Stanisic gegen seinen Bewacher Marcel Sabitzer durchgesetzt, auch der dort postierte Füllkrug kam nicht mehr per Kopf an den Ball. Die Einschätzung des Angreifers dazu: "Das Gegentor war einfach zu verhindern. Dass wir denen noch einmal so einen Freistoß schenken, macht mich ein bisschen fassungslos. Das ist schade, aber passiert. Selbst danach können wir den Standard immer noch weg verteidigen."

Dass Füllkrug selbst dazu in der Lage gewesen wäre, kam diesem jedoch nicht in den Sinn: "Ich war freier Mann. Ich weiß nicht, wer für Stanisic zugeteilt war. Egal wie, aber da muss der Ball geklärt sein und jeder an seinem Mann kleben. Aber gut, jeder macht Fehler."

BVB, Borussia Dortmund, Niclas Füllkrug, Edin Terzic
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BVB-Trainer Edin Terzic kritisiert Füllkrug - ohne dessen Namen zu nennen

Auch dieser Version schloss sich der sehr enttäuscht und stinkig wirkende Terzic nicht an. Vielmehr kritisierte er Füllkrug, ohne dessen Namen zu nennen: "Der Ball kommt am ersten Pfosten runter, wir sind eigentlich nah dran. Er kommt in die Zone, wo wir unseren freien Mann haben. Sie kommen mit sehr viel Wucht, der Ball kommt extrem gefährlich und scharf. Wir sind dran und versuchen alles. Es ist die Zone, in der wir uns natürlich auch wünschen, dass unser freier Spieler uns diesen Raum halt auch noch wegblockt."

Wenngleich wirklich hochkarätige Torchancen auf beiden Seiten ausblieben - unter dem Strich geht das Remis in Ordnung. Gerade für die Dortmunder, wenn man sich das Geschehen in den ersten 45 Minuten noch einmal vergegenwärtigt.

Leverkusen spielte in Halbzeit eins sehr dominant und reif, hatte das klare Plus an Ballbesitz und ließ den BVB laufen. Der benötigte ganze fünf Minuten, ehe durch Julian Brandt erstmals ein Ballkontakt in der gegnerischen Hälfte notiert werden konnte. Bis zur ersten Dortmunder Aktion in Bayers Strafraum dauerte es gar 42 Minuten. In dieser Kategorie stand der Zähler zur Pause bei 18:4 pro Leverkusen, das zudem 30 Pässe mehr als Dortmund ins Angriffsdrittel spielte (41:11). Einen Abschluss aufs Tor brachte der Meister daraus aber auch nicht zu Stande.

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BVB mit nur einem Punkt aus Heimspielen gegen die vier besser platzierten Teams

Am Ende stand somit aus BVB-Sicht ein Ergebnis, das nicht Fisch und nicht Fleisch ist. Das ist durchaus sinnbildlich für die Bundesligasaison der Terzic-Truppe, die aus den nun vier Heimspielen gegen die in der Tabelle besser platzierten Teams aus Leverkusen, München, Stuttgart und Leipzig lediglich diesen einen Zähler vom Sonntagabend holte.

Das ist trotz der guten Aussichten, dass auch Platz fünf zur CL-Qualifikation reicht, mit Blick auf das Dortmunder Anspruchsdenken eine ziemlich schlechte Bilanz. Dennoch hat der BVB den vierten Rang in der eigenen Hand, würde er die vier noch ausstehenden Partien allesamt gewinnen. Schließlich geht es am kommenden Wochenende gegen den direkten Konkurrenten aus Leipzig.

Fehlen werden dann die gelbgesperrten Ian Maatsen und Emre Can. Zusammengenommen eine erhebliche Schwächung für das Team, in das dadurch wohl Marius Wolf und Salih Özcan rutschen werden. Was die Sechser-Position betrifft, mag sich die Schwächung jedoch in Grenzen halten, da Kapitän Can gegen die Werkself eine äußerst schwache Leistung bot.

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BVB auf der Bayern-Suche: Eine Holding Six wird benötigt

Damit wurde noch einmal die größte Kader-Baustelle beim BVB verdeutlicht: Im defensiven Mittelfeld braucht das Team dringende Verstärkung. Can spielt zu inkonstant, um diesen essentiellen Platz auf dem Spielfeld dauerhaft stabil zu machen. Hier benötigt es einen pressingresistenten Spieler mit gutem Pass-, Aufbau- und Positionsspiel, hoher Physis und zugleich fußballerischer Klasse.

Dieses Profil wird Can in seiner Karriere genauso wenig noch erreichen wie Özcan, der auch in seinem zweiten BVB-Jahr nur Mitläufer und Einwechseloption ist. Es sollte daher eine der vorrangigen Aufgaben des designierten neuen Kaderplaners Sven Mislintat sein, eine auch beim FC Bayern gesuchte sogenannte "Holding Six" ausfindig zu machen, die einen echten Qualitätssprung auf dieser Position garantiert. Die Entscheidung im vergangenen Sommer, auf Can zu setzen und diesen zum Spielführer zu machen, zahlte sich schlichtweg nicht aus.

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BVB: Das Restprogramm von Borussia Dortmund

SpieltagDatumUhrzeitHeimGast
31Sa., 27.4.2415:30RB LeipzigBorussia Dortmund
CL-HalbfinaleMi., 1.5.2421:00Borussia DortmundParis Saint-Germain
32Sa., 4.5.2415:30Borussia DortmundFC Augsburg
CL-HalbfinaleDi., 7.5.2421:00Paris Saint-GermainBorussia Dortmund
33Sa., 11.5.2418:301. FSV Mainz 05Borussia Dortmund
34Sa., 18.5.2415:30Borussia DortmundDarmstadt 98