VfB Stuttgart - Borna Sosa und die ewige Wechsel-Odyssee, die vielleicht nie beginnt: Gefangen im Schwabenland

Von Tim Ursinus
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Die Gerüchteküche um Borna Sosa hat nie wirklich aufgehört zu brodeln, verlassen hat er den VfB Stuttgart aber bis heute nicht - und daran könnte sich auch in diesem Sommer nichts ändern. Von einer Odyssee, die es womöglich nie zum ersten Kapitel schafft.

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Schon vor dem letzten Spieltag der abgelaufenen Saison war es wieder so weit: In sämtlichen Zeitungen war zu lesen, dass Sosa den damals noch akut existenzbedrohenden VfB nun endgültig verlassen wird. Vor der so wichtigen Partie gegen die TSG Hoffenheim habe er sich sogar von seinen Mitspielern verabschiedet, hieß es in der Bild. Es würde schließlich sein letztes Spiel mit der Cannstatter Kurve im Rücken anstehen.

Doch daraus wurde nichts. Diesmal jedoch - vorerst - nicht dem Umstand geschuldet, dass sich ein Wechsel zu einem anderen Klub zerschlug, sondern weil Stuttgart vier Jahre nach dem dramatischen Abstieg (Union Berlin) wieder den Umweg Relegation nehmen musste. Die Schwaben retteten sich letztlich, der Hamburger SV blieb unten und Sosa bekam einen weiteren "Last Dance" in der Mercedes-Benz Arena.

Gerüchte, ob der Kroate zu einer neuen Saison ein Trikot ohne den roten Brustring tragen wird, sind längst keine Seltenheit mehr. Über einen Abschied von Sosa wird seit dem Wiederaufstieg 2020/21 nämlich mindestens genauso häufig spekuliert, wie sich die Transferfenster pro Spielzeit öffnen. In den vergangenen drei Jahren vergingen weder die Winter- noch die Sommermonate ohne den Namen des Schienenspielers in den Schlagzeilen.

Dass Sosa aber womöglich in sein sechstes Jahr beim VfB geht, wäre keine allzu große Überraschung. Anders als noch im Winter, als Stuttgart dem Vernehmen nach ein Angebot von Bayer Leverkusen in Höhe von zehn Millionen Euro abgelehnt hatte, lag trotz der angeblichen Wechselabsichten vor wenigen Wochen noch kein "konkretes Angebot" vor, wie Sportdirektor Fabian Wohlgemuth bestätigte.

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Borna Sosa vom VfB Stuttgart: Interesse von Galatasaray Istanbul?

Seitdem das Sommer-Transferfensters am 1. Juli geöffnet hat, scheint sich an dem Status nicht wirklich etwas geändert zu haben. Lediglich aus der Türkei ist zu hören, dass Sosa das Interesse von Meister Galatasaray Istanbul geweckt haben soll. Auf YouTube existiert sogar bereits eine Compilation mit den besten Szenen des 25-Jährigen, welches mit dem unter den türkischen Fans nicht unüblich opportunistischen Titel "Borna Sosa Welcome to Galatasaray Skills" versehen wurde.

Realistisch ist eine Verpflichtung des kroatischen Nationalspielers allerdings nicht. Galatasaray wird sich stattdessen sehr wahrscheinlich die Dienste eines anderen linken Verteidigers sichern. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge ist sich der Klub aus Istanbul schon mit Angeliño von RB Leipzig einig. Ein Transfer von Sosa wäre dann schlichtweg überflüssig.

Auch wenn die Vermutung rund zwei Monate vor der Schließung des Transferfensters am 1. September freilich eine sehr frühe ist, drohen die Gerüchte um Sosa ein weiteres Mal zu verpuffen. Das liegt aber auch an den etwas anderen Vorzeichen beim VfB Stuttgart.

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VfB Stuttgart: Neue Möglichkeiten dank Porsche-Einstieg

Zwar hat der chronisch klamme Klub in Maximilian Mittelstädt von Hertha BSC bereits einen Linksverteidiger für wenig Geld (500.000 Euro) verpflichtet, auf die Millionen durch einen Verkauf Sosas ist der VfB dank des bevorstehenden Einstiegs von Porsche aber nicht mehr zwingend angewiesen. 100 Millionen Euro ist das Gesamtpaket des Automobilherstellers, wozu auch Anteile an dem Traditionsverein gehören, schwer. Diese sollen sich an den 11,75 Prozent von Hauptsponsor Mercedes orientieren.

Mit dem Geldregen sollen zwar hauptsächlich die Löcher in der Digitalisierung und Infrastruktur gestopft werden, mit Leistungsträgern wie Sosa oder vor allem mit dem in Europa sehr gefragten Konstantinos Mavropanos könnte aber auch verlängert werden. Beide besitzen noch einen Vertrag bis 2025.

Was für Mavropanos gilt, ist auch bei Sosa der Fall: Stuttgart kann seine Qualitäten auf dem Weg in endlich sichere Gefilde gut gebrauchen. Zumal mit Mittelstädt ein eher defensiv orientierter Spieler für die linke Abwehrseite verpflichtet wurde.

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VfB Stuttgart: Borna Sosa flankte sich beinahe zum DFB

Kein Spieler schlug in der vergangenen Bundesliga-Saison aus dem Spiel heraus mehr Flanken als Sosa (153). Auch die Erfolgsquote von 28,1 Prozent kann sich im Vergleich zu den anderen Profis, die ihre Mitspieler auf diese Art und Weise nur annähernd so oft bedienten, sehen lassen. Bei über 100 Versuchen kamen nur von zwei Spielern mehr Flanken an: Christian Günter vom SC Freiburg mit 29,91 Prozent bei 117 Flanken und ausgerechnet Angeliño. Der Spanier brachte während seiner Leihe für die TSG Hoffenheim 29,66 Prozent seiner 118 Hereingaben an den Mann.

In Sachen Assists baute Sosa im Vergleich zu den zwei Bundesliga-Spielzeiten zuvor leicht ab. Das war aber auch der Tatsache geschuldet, weil sein kongenialer Partner und Flankenabnehmer Sasa Kalajdzic zu den Wolverhampton Wanderers wechselte. Das Zusammenspiel hatte sogar dazu geführt, dass 2021 auch der FC Bayern Interesse an Sosas Diensten gezeigt haben soll.

Selbst den DFB hatte er auf den Plan gerufen, von einem Antrag auf einen Verbandwechsel wurde trotz seiner Einbürgerung wegen schlechter Aussichten auf Erfolg aber letztlich abgesehen.

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Borna Sosa vom VfB Stuttgart: Marktwert stark gesunken

Trotz der weiterhin zweifellos guten Offensiv-Statistiken ist Sosas Marktwert stark gesunken. Von seinen 18 Millionen Euro zu Jahresbeginn sind laut dem Portal transfermarkt.de nur noch zehn Millionen Euro übrig. Das hängt, wie bei vielen anderen Stuttgartern auch, vor allem mit seinen auffallend starken Leistungsschwankungen zusammen.

Besonders in der Defensivarbeit, ohnehin nicht Sosas Steckenpferd, präsentierte er sich in der Viererkette des gescheiterten Bruno Labbadia mitunter anfälliger als noch in der Vergangenheit. Auch deshalb kam es zum Transfer von Mittelstädt. Im Halbfinale und Endspiel der Nations League schmorte er aus diesem Grund sogar zweimal über 90 Minuten auf der Bank von Kroatien.

Sosas Qualitäten kommen am besten zum Vorschein, wenn er als linken Außenbahnspieler vor einer Dreierkette agiert. Ein System, auf das auch Trainer Sebastian Hoeneß wohl weiterhin bauen wird oder auch von einigen Top-Teams (vorwiegend in Italien) ausgeführt wird. Ein Schritt zu einem solchen wäre Sosa in seiner bevorzugten Rolle durchaus zuzutrauen, erzwingen wird und will er diesen aber mit Sicherheit nicht.

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Borna Sosa: Für immer beim VfB Stuttgart?

Sosa fühlt sich sehr wohl in Stuttgart, das Umfeld im Verein und die Leute in der schwäbischen Hauptstadt schätzt er enorm. Auch sein Status innerhalb der Mannschaft ist gestiegen. Gibt es weiter keine lukrativen Angebote aus Europa, die ihm einen Karrieresprung - beispielsweise zu einem international vertretenen Verein - ermöglichen würden, gibt es keinen Grund für einen Abschied.

Die ewige Wechsel-Odyssee von Sosa könnte also weiterhin nicht über den Prolog hinausgehen. Und wenn sie nicht bald startet, ist es womöglich irgendwann zu spät für Sosa, der dann noch viele weitere Jahre im Schwabenland verbringen könnte.

Vielleicht ja sogar bis zum Ende seiner Laufbahn hin. Dann würde sich die nie dagewesene Odyssee spätestens in eine Liebesgeschichte verwandeln.

Borna Sosa: Leistungsdaten beim VfB Stuttgart

SaisonPflichtspiele*ToreAssists
2018/1912-1
2019/20 (2. Liga)1313
2020/2128-10
2021/223029
2022/2330212

*DFB-Pokal, Relegation und Bundesliga zusammengerechnet

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