BVB - Jude Bellingham und seine Entwicklung bei Borussia Dortmund: Boss ohne Binde

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Jude Bellingham ist zugleich Sechser, Achter und Zehner bei Borussia Dortmund und trotz seiner erst 19 Jahre längst einer der Anführer des Teams. Dem BVB droht jedoch in Bälde ein Szenario, das es bereits bei den Fällen Jadon Sancho und Erling Haaland zu moderieren galt.

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Die starke Drehung um seinen Gegenspieler sowie die Hereingabe von Youssoufa Moukoko, das Lauern von Karim Adeyemi am langen Pfosten, das erfolgreiche Nachsetzen von Marco Reus - der Treffer, der Borussia Dortmund den 1:0-Auftaktsieg gegen Bayer Leverkusen einbrachte, war eine gelungene Co-Produktion der BVB-Offensive.

Ohne Jude Bellingham wäre er jedoch gar nicht entstanden. Der Engländer hielt nämlich unmittelbar vor dieser Dreier-Kombination seine Gräten so entscheidend in einen Zweikampf hinein, dass der Ball überhaupt erst in Moukokos Richtung gelangen konnte. Es war eine von wieder einmal zahlreichen gelungenen Bellingham-Aktionen an diesem Samstagabend.

Welche Wege der 19-Jährige dabei geht, ist schlicht sensationell. Bellingham ist Dortmunds Sechser, Achter und Zehner zugleich. Es scheint ihn ein immenser Drang anzutreiben, immer in der Nähe des Balles sein zu wollen - ganz egal, ob er dafür ins Pressing gehen oder Läufe in die Defensive machen muss.

Statistisch liest sich diese Umtriebigkeit dann so: Gegen die Werkself hatte Bellingham mit Abstand die meisten Ballaktionen (82) beim BVB, führte die meisten Zweikämpfe (19), fing die meisten Bälle ab (3), gelangte am häufigsten in Ballbesitz (14), spielte die meisten Pässe in der gegnerischen Hälfte (27) und schoss am zweithäufigsten aufs Tor (3).

BVB: Jude Bellingham ist Dortmunds Boss ohne Binde

All dies macht Bellingham zum Prototyp des modernen Box-to-Box-Spielers, mit seinem dominanten Auftreten ist er längst Dortmunds Boss ohne Binde. Die könnte er im Fall der Fälle jedoch auch einmal um den Arm tragen, wenn Reus und Vize-Kapitän Mats Hummels nicht auf dem Feld stehen: Trainer Edin Terzic machte Bellingham unlängst zum dritten Spielführer.

"Es bedeutet mir verdammt viel, die Rolle und die Verantwortung zu übernehmen, die ich in dieser Mannschaft und in diesem Verein habe", sagte Bellingham bereits zum Ende der vergangenen Saison. Für Terzic war die Ernennung eine logische Konsequenz aus Bellinghams Auftreten in den zwei Jahren, die er bereits beim BVB spielt: "Diese Form von Verantwortung möchte er, die verträgt er auch - und deshalb werden wir sie ihm auch geben."

Dieser Umstand fordert von Bellingham jedoch auch eine Weiterentwicklung als Persönlichkeit ein. Er muss lernen, mehr mit dem Kopf zu spielen und dabei seine Energie und die Emotionen besser zu dosieren - ohne diese Aspekte freilich gänzlich zu vernachlässigen, denn sie sind ein eminent wichtiger Faktor für sein Spiel.

BVB-Coach Terzic mahnt: Das muss Bellingham verbessern

"Er war einer der konstantesten Spieler, aber trotzdem muss es in der einen oder anderen Situation im Bereich der Emotionen etwas balancierter und kontrollierter werden. Daran wird er arbeiten", sagte Terzic.

Auch Bellingham gestand, dass er es dahingehend "vielleicht manchmal übertrieben" hat. Es waren nämlich durchaus bereits Szenen zu beobachten, in denen er seine Mitspieler anbrüllte, sich mit dem Schiedsrichter anlegte und den Bogen überspannte.

136 Pflichtspiele hat Bellingham nun bereits auf dem Buckel, nachdem seine Profikarriere bei Birmingham City mit einem Startelfeinsatz im Pokal gegen den FC Portsmouth am 6. August 2019 begann. Nimmt man seine bislang vollzogene Entwicklung und die sehr oft sehr guten Leistungen zum Maßstab, ist es unvorstellbar, dass aus Bellingham eines Tages kein Weltklassespieler wird - und er auch die Defizite, die er aktuell noch mitbringt, weitestgehend abstellt.

Jude Bellingham ist zum dritten Kapitän beim BVB ernannt worden.
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Jude Bellingham ist zum dritten Kapitän beim BVB ernannt worden.

BVB droht bei Jude Bellingham das Haaland-Szenario

Sicher, das ist gewiss keine allzu gewagte Prognose. Auch Terzic bleibt bei seiner "alten" Einschätzung: "Wir alle wissen noch gar nicht, wie gut er ist. Wir versuchen herauszufinden, wo seine Grenze sein wird." So wie als sicher gilt, dass Bellingham noch deutlich besser wird, so sollte allerdings auch klar sein, dass er nicht auf immer und ewig in Dortmund spielen wird.

Dem BVB droht vielmehr in Bälde das nächste langwierige Gerüchte-Gewitter, das es in Dauerschleife zu moderieren gilt. In den offiziellen Statements heißt es dann wie bereits in den nervtötenden Fällen Jadon Sancho und Erling Haaland aufgrund der großzügigen Vertragssituation sehr häufig, man sei ja "ganz entspannt". Doch unterm Strich kicken Sancho und Haaland heute eben woanders.

Teile der Dortmunder Ruhe kann man jedoch gut nachvollziehen: Bellinghams Vertrag läuft bis 2025, eine Ausstiegsklausel ist darin nicht enthalten. Man kann sich bereits jetzt ein wenig aus dem Fenster lehnen und behaupten: Wer Bellingham eines Tages für unter 100 Millionen Euro Ablöse bekommen sollte, würde ein Schnäppchen machen.

Selbstverständlich gibt es auch bei ihm bereits die entsprechenden Gerüchte, die ihn mit jedem der üblich verdächtigen Top-Klubs Europas in Verbindung bringen. "Er ist nicht auf dem Markt, das ist das erste Problem mit diesem Spieler. Das ist im Grunde das einzige Problem mit diesem Spieler", zündelte Liverpool-Trainer Jürgen Klopp bereits ein wenig. Und man kann sich Bellingham natürlich auch problemlos als Spieler in Klopps System und Publikumsliebling in Anfield vorstellen.

Jude Bellingham: "Das überdauert länger als jedes Auto"

Hilfe bei der Moderation könnte anders als beispielsweise bei Haaland, der sich in der heißen Phase kaum zu seiner Zukunft äußerte und ein Bekenntnis zum BVB vermissen ließ, von Bellingham selbst kommen. Der 19-Jährige hat schon früh ein feines Gespür für den Verein entwickelt und dürfte daher wissen, wo mögliche Fettnäpfchen liegen und was gut beim Publikum ankommt.

Und wer weiß, vielleicht lässt sich das vermeintlich Unabwendbare ja doch noch ein paar Jährchen nach hinten schieben. Wie jeder Spieler giert zwar auch Bellingham nach Titeln, für die es beim BVB allerdings keine Garantie gibt. Doch man nimmt ihm die starke emotionale Bindung zu seinen Klubs zweifelsfrei ab.

"Man kann mit dem Fußball so viel Geld verdienen, wie man will, und man kann sich alles kaufen, was man will", sagte er im BVB-Podcast. "Aber so geschätzt zu werden, weil man so viele Erinnerungen für so viele Menschen geschaffen hat - das überdauert länger als jedes Auto oder jedes Haus, das man kaufen könnte. Das ist es, was mich motiviert: Im Fußball Erinnerungen zu schaffen, an die ich mich für immer erinnern werde und an die sich andere Menschen für immer erinnern werden." In der Hinsicht ist Bellingham beim BVB bereits jetzt weit gekommen.

BVB: Jude Bellingham und seine Statistiken bei Borussia Dortmund

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