Michael Gregoritsch vom FC Schalke 04 im Interview: "Ich dachte, dass ich zu gut bin"

Michael Gregoritsch wechselte im Winter vom FC Augsburg zum FC Schalke 04.
© getty
Cookie-Einstellungen

 

Hatte das auch mit inhaltlichen Forderungen von Trainer Martin Schmidt zu tun?

Gregoritsch: Ja. Ich hätte vermutlich mehr sprinten und mehr Kilometer machen sollen. Vielleicht habe ich das auch nicht so richtig umsetzen können. Wir hatten dazu nach zehn Spieltagen den wenigsten Ballbesitz der gesamten Liga. Ich bin dagegen ein Spieler, der gerne den Ball hat und in dem einen oder anderen Moment frustriert ist, wenn er nur noch hinterherläuft. So hat sich nach und nach der Frust aufgestaut, wahrscheinlich auch beim Trainer.

Sie erhielten dann die nächste Bewährungsprobe am 7. Spieltag gegen Gladbach, doch das Spiel ging 1:5 verloren.

Gregoritsch: Und ich musste wieder auf die Bank. Dort saß ich dann vier Spiele in Folge und habe nur noch fünf Minuten gespielt. Darauf folgte das Interview, in dem ich Dinge gesagt habe, die ich in dem Moment so gefühlt habe.

"Hauptsache weg" aus Augsburg, war damals Ihr Tenor. Wieso haben Sie Ihren Ärger auf diese Weise öffentlich gemacht?

Gregoritsch: Es war eine Kurzschlussreaktion, in der sich wohl mein Frust entladen hat. Ich habe mich dafür entschuldigt, mit Stefan Reuter offen über alles gesprochen und es aus der Welt geräumt. Es war daher am Ende auch kein Problem mehr, dass ich mich ein halbes Jahr ausleihen lassen wollte. Das lief alles ganz fair ab. Vom letzten halben Jahr mal abgesehen, hatte ich in Augsburg zwei super Jahre und habe 21 Tore in 76 Pflichtspielen erzielt.

Sie wurden nach dem Interview für fünf Tage suspendiert - zum ersten Mal in Ihrer Karriere. Wie hat sich das angefühlt?

Gregoritsch: Total komisch. Das Gespräch, in dem mir die Suspendierung mitgeteilt wurde, war sehr kurz. Ich rechnete zwar damit, dass ich eine Strafe bekomme, aber nicht damit, dass ich komplett suspendiert werde. Ich durfte anschließend für vier Tage zu meiner Freundin fahren, doch diese Tage haben sich irgendwie nicht richtig angefühlt. Als ich mich nach meiner Rückkehr bei der Mannschaft entschuldigt habe, war es auch intern etwas komisch, weil die ja zunächst nicht wussten, wie ich zurückkomme. Ich habe mich aber in den anschließenden Trainingseinheiten voll reingeworfen und sie sahen, dass sie sich wieder auf mich verlassen konnten. Ich habe auch Daniel Baier, Rani Khedira und Alfred Finnbogason erklärt, warum ich das getan habe und wie es mir dabei gegangen ist. Mir war es wichtig, dass die Truppe merkt: Auch wenn er sich jetzt ins Aus geschossen hat und nicht mehr spielt, im Training zieht er uns nicht herunter, sondern gibt alles.

Welche Fehler haben Sie rückblickend gesehen in dieser Sache gemacht?

Gregoritsch: Ich habe mich herunterziehen lassen, zu häufig gejammert und war psychisch nicht wirklich da. Auch weil ich mir vielleicht zu sicher war und dachte, dass ich zu gut bin. Nach dem Motto: Ohne mich wird es eh nichts, ich komme sowieso bald wieder in die Mannschaft. Das muss ich mir ankreiden lassen. Ich denke aber, ich bin jetzt aufgewacht und weiß, dass es so nicht funktioniert.

Sie sind nun bis Saisonende vom FC Schalke 04 ausgeliehen. Wie überrascht waren Sie, dass ein Klub wie S04, der um Europa mitspielt, sich nach diesem Halbjahr bei Ihnen meldet?

Gregoritsch: Schon sehr, ich habe es anfangs auch ehrlich gesagt nicht geglaubt. Es war immer mein Ziel, mal zu einem so großen Verein zu kommen. Ich bin dann nach den ersten losen Gesprächen hierhergeflogen und habe mich mit David Wagner getroffen.

Wagner soll Sie mit Videoanalysen, die nur Defensivszenen zeigten, überzeugt haben.

Gregoritsch: Er zeigte mir ein paar Szenen auf dem iPad und meinte nur: Wir haben ein halbes Jahr Zeit. Hier - so verteidigen unsere Stürmer. Kannst du das? (lacht) Ich fand das super, das hat mich total gepackt. Ich wäre am liebsten sofort auf den Platz gegangen.

Und haben Sie wirklich gedacht, dass Sie das können, was Wagner illustrierte?

Gregoritsch: Ich war schon ziemlich nervös. (lacht) Ich dachte: Das ist ja genau das, von dem alle immer sagen, dass ich es nicht könnte. Der Trainer hat dann aber einen guten Satz zu mir gesagt: Wir wollen deinen Stempel - guter Fußballer, aber faul - wegwischen. Und ich habe geantwortet: Machen wir. Jetzt nach ein paar Wochen muss ich auch sagen, dass ich es mir schwerer vorgestellt habe. Es war vom ersten Tag an sehr leicht, im Verein und in der Mannschaft anzukommen. Man hat mir die Sorgen damit schnell genommen, weil mir alle extrem geholfen haben.

Wie fühlt sich diese neue Rolle für Sie während der Spiele an?

Gregoritsch: Gerade die Jungs, die hinter mir spielen, helfen mir viel dabei. Da wusste ich: Wenn die hinter mir so viel laufen, dann muss ich das auch. Natürlich ist es für mich weiterhin noch etwas ungewohnt, wirklich jedem Ball hinterher zu sprinten. Aber ich merke, dass es funktioniert und das motiviert mich enorm. Jetzt müssten noch ein paar Tore hinzukommen und ich wäre überglücklich.

Schalke besitzt keine Kaufoption und Sie haben in Augsburg noch Vertrag bis 2022. Der FCA sitzt also wieder am längeren Hebel. Befürchten Sie eine erneute Hängepartie wie vergangenen Sommer?

Gregoritsch: Der Wechsel zu Schalke ist für mich ein Schritt nach vorne. Ich möchte die Chance jetzt nutzen und mich so empfehlen, dass ich hier weiterspielen kann. Ganz egal, wie es ausgeht: Ich möchte mir nicht vorwerfen lassen, nicht alles versucht zu haben.

Eine Rückkehr zum FCA wäre für Sie aber vorstellbar?

Gregoritsch: Genauso ist es. Ich habe dort Vertrag und hätte kein Problem zurückzugehen. Aber aktuell bin bei Schalke 04 und setze alles daran, dem Klub und mir zu helfen. Und wenn man bei Schalke ist, will man auch dortbleiben.

Wie überraschend käme es für Sie, sollten Sie aufgrund dieser Gemengelage womöglich den Sprung in den EM-Kader von Österreich verpassen?

Gregoritsch: Ich bin seit dreieinhalb Jahren bei der Nationalmannschaft dabei, habe jeden mir möglichen Lehrgang mitgemacht und sehe mich als vollwertiges Mitglied. Ich habe einiges dafür getan, dass ich Teil des Teams sein darf. Natürlich ist es sehr wichtig, dass ich nun wieder auf regelmäßige Einsätze komme. Ich freue mich auch schon auf den nächsten Lehrgang im März. Für mich wäre es daher eine riesige Überraschung, wenn ich die EM verpassen würde.

Und wie wahrscheinlich ist es, dass Sie als gebürtiger Grazer Ihre Ankündigung wahrmachen, beim GAK Ihre Karriere zu beenden - dort, wo 2001 alles anfing?

Gregoritsch: Wenn der GAK in einer halbwegs ordentlichen Liga spielt und es irgendwie möglich ist, dann würde ich das sehr gerne machen. Das ist einfach mein Verein. Ich bin dort aufgewachsen, meine Eltern wohnen zehn Minuten vom Trainingsgelände entfernt. Manchmal gehe ich dort noch hin, mache Einzeltraining und erinnere mich an die Zeit als Kind zurück. Dort habe ich als kleiner Knirps gekickt wie ein Verrückter.

Inhalt:
Artikel und Videos zum Thema