Ein bisschen austoben

Der FC Bayern besiegte den HSV zum Bundesliga-Auftakt mit 5:0
© getty

Der FC Bayern startet eindrucksvoll in die 53. Bundesliga-Saison. Die Veranstaltung gegen den Hamburger SV ist nicht vollends gelungen, aber die Münchner haben mit Douglas Costa und Arturo Vidal zwei Spieler geholt, die neue Impulse setzen und auch dann helfen, wenn die Mannschaft Probleme hat.

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"Komm', Pep, lass' gut sein", schien Manuel Estiarte zu sagen. Kurzer aufbauender Klopfer an die Schulter. Pep schaute noch einmal auf, kratzte sich an der Glatze und ging dann mit großen Schritten aus dem Saal, während er noch das Hemd richtete, das sich anarchisch von der Hose löste.

Der Abend hätte für Josep Guardiola so schön enden können. Stattdessen verließ er die Allianz Arena etwas nachdenklich. Seine Arbeit war nach dem 5:0 gegen den Hamburger SV zum Auftakt der 53. Bundesliga-Saison längst getan, er hätte nach Hause fahren können. Die Interviews hatte er hinter sich, die Pressekonferenz auch.

Aber der Trainer des Rekordmeisters wollte sich noch die Auslosung zur 2. Runde des DFB-Pokals ansehen und setzte sich in den Pressesaal der Arena. Dorthin, wo sonst nur die Journalisten sitzen und Pep mit Fragen sezieren.

"40 Minuten lang gut gemacht"

Dass Felix Neureuther seine Münchener ausgerechnet zum vermeintlichen Bayern-Jäger Nummer eins, zum VfL Wolfsburg, schickte, gefiel Pep ganz offensichtlich nicht. Wobei: Der Katalane wäre wohl auch nicht tanzend aufgesprungen, wenn es ein Heimspiel gegen einen unterklassigen Gegner gegeben hätte. Aber Wolfsburg auswärts in der 2. Runde des Pokals? Harte Nummer.

Mit Wolfsburg wird sich Guardiola schon irgendwann beschäftigen. Aktuell darf er sich aber durchaus über die Auftaktvorstellung seines FC Bayern freuen. Es war mitnichten eine Mannschaft am Zenit ihrer Leistungskraft, aber immerhin war es gut genug für einen Gegner, der den Bayern mehr Probleme bereitete als viele erwartet hatten: "Wir haben das 40 Minuten lang richtig gut gemacht", konstatierte HSV-Trainer Bruno Labbadia. Pep saß dabei zwei Stühle weiter und nickte.

Peps taktische Umstellung

"Die erste Halbzeit war nicht so gut", gab Robert Lewandowski zu. Der Pole war einer der Hauptleidtragenden dieser zunächst biederen Vorstellung: Die Gäste, die in den Tagen zuvor Spiele, Gegenstände und Selbstvertrauen verloren, agierten bisweilen mit einer Sechserkette. Lewandowski war umzingelt von blauen Verteidigern, sodass die Bayern aus dem Spiel heraus keine Torchancen kreierten. "In der Halbzeit haben wir umgestellt, dann haben wir es besser gemacht", so der Trainer.

Die Umstellungen waren in erster Linie taktische Feinschliffe: Pep gab die Order, im Zentrum mehr Präsenz zu zeigen, um von dort das Spiel wieder auseinanderzuziehen. Der HSV, der die Außen zu Beginn gut zustellte, kam mit der Umstellung nicht zurecht und ergab sich dann nach dem 0:2 völlig: "Nach dem zweiten Tor war klar, dass wir noch weitere Tore schießen können. Es war nicht einfach, aber wir mussten geduldig bleiben", so Lewandowski.

Großes Lob für Douglas Costa

Der FC Bayern offenbarte gegen den HSV aber dann auch neue Qualitäten: Zwar darf vielleicht die noch etwas unstabile Mannschaft aus dem Norden nicht als endgültiger Gradmesser herhalten, aber sowohl im Audi Cup, als auch eben beim Liga-Auftakt fiel auf, dass der FC Bayern mit Arturo Vidal und insbesondere mit Douglas Costa zwei Spieler geholt hat, deren individuelle Klasse so außergewöhnlich ist, dass selbst eine zähe Veranstaltung zur Party werden kann.

Was Douglas Costa nach der Pause darbot, verdiente Extralob, die er von allen Seiten bekam. "Er hat das Auge, die Vision und die Gabe der Interpretation", lobte Guardiola seine Nummer Elf, die mit einem Tor und einem Assist die erste Liga-Vorstellung eindrucksvoll absolvierte. Selbst vom Gegner gab's Lob: "Ich bin schon ziemlich schnell, aber das ist schon eine Rakete", sagte Dennis Diekmeier.

Kein Tor und keinen Assist verzeichnete Arturo Vidal, aber der Chilene war auch ohne Statistik einer der besten Spieler auf dem Platz. Es ist sehr auffällig, wie schnell der Mittelfeld-Punk, der erst kürzlich aus Turin eintraf, die Chefrolle einnimmt. Vidal dirigiert, er fordert den Ball, er forciert das Spiel und setzt Nadelstiche, wenn die Mannschaft sie benötigt.

Rummenigges vorsichtiges Lob

Ob es Zufall war, dass die Bayern besonders stark aufspielten, als Guardiola mit Xabi Alonso, Philipp Lahm und den noch nicht ganz fitten Arjen Robben die Älteren herausnahm und die Jüngeren auf den Spielplatz schickte, damit sie sich austoben können? Das Spiel wurde in jedem Fall nicht langsamer, verlor nicht an Dynamik - ganz im Gegenteil.

Aber der Trainer ist vorsichtig, formuliert das Lob für seine neuen Impulsgeber leicht verhalten: "Mit dem Debüt von Douglas Costa und Arturo Vidal bin ich zufrieden. Sie haben viel Qualität und Erfahrung und werden Bayern München noch viel helfen." Punkt. Auch Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge wählte im Fall Costa eine noch zurückhaltende Sprache: "Er scheint ein guter Spieler zu sein", so der Bayern-Chef. Punkt.

Was passiert, wenn alle fit sind?

Ein scheinbar guter Spieler, der in aktueller Verfassung aus der Mannschaft aber nicht wegzudenken ist. Daher wird es spannend, was passiert, wenn nach und nach Bayern-Akteure fit werden. Vor allem Franck Ribery, dem ein Journalist am Freitagabend nach der Costa-Gala schon das "Karriereende" prognostizierte. So weit darf man sicher noch nicht gehen: Costa wird sich vor allem gegen stärkere Gegner beweisen müssen, zeigen müssen, dass er dauerhaft Tempo und Intensität hält.

Sollte er seine Chance nutzen, wird es für den einen oder anderen arrivierten Bayern-Profi in der Tat schwer, ihm den Platz streitig zu machen.

Für den Fall der Fälle: Mit Manel Estiarte hat der FC Bayern jemanden in seinen Reihen, der mit anerkennenden Schulterklopfern Menschen aufbauen kann. Fragt nach bei Pep.

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