Wer hat Angst vor den Super-Bayern?

Von SPOX
FC Bayern vs. Dortmund: Kann der Meister den Rekordmeister am kommenden Samstag stoppen?
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Borussia Mönchengladbach (4., 23 Punkte) vs. ...

Im Schatten von Favre und Reus

Man muss schon sehr gründlich suchen, wenn man herausfinden will, wann die Borussia zuletzt nach einem guten Saisondrittel so hoch notiert war wie derzeit. Nimmt man nur dieses Jahrhundert, dann findet man Gladbach vor einem 13. Spieltag auf den Rängen 13, 14 und 17 wieder. 2005 war die Ausnahme von der Regel (6.).

Doch jetzt gehört Gladbach seit dem Saisonauftakt mit dem erstaunlichen 1:0-Sieg bei den Bayern zur Spitzengruppe der Bundesliga. Drei Protagonisten stechen auf der Suche nach dem Erfolgsgeheimnis heraus: Trainer Lucien Favre natürlich, Torjäger Marco Reus und Keeper Marc-Andre ter Stegen.

Doch hat der VfL Borussia von 1900 mehr zu bieten als drei Galionsfiguren, wiewohl deren herausragende Leistungen unbestritten sind.

Was Gladbach in erster Linie auszeichnet, sind eine beachtliche Konstanz, gute Organisation und hohe Disziplin. Herausragend ist neben Dauerbrenner Dante Martin Stranzl, der seit seinem verletzungsbedingt späten Startelfdebüt am 7. Spieltag auf außerordentlich hohem Niveau agiert. Mit Roel Brouwers verfügt die Borussia über eine starke Alternative in der Innenverteidigung.

Bemerkenswert ist auch die Entwicklung von Youngster Tony Jantschke (21), der von Favre nach dessen Amtsantritt im Februar ins eiskalte Wasser des Abstiegskampfs geworfen wurde und seitdem aus der Viererkette nicht mehr wegzudenken ist.

Den größten Sprung nach vorne aber hat Roman Neustädter gemacht. Der 23-Jährige war schon zum Ende der Ära Frontzeck in der Doppelsechs gesetzt, doch hat er sich inzwischen zu einem echten Führungsspieler entwickelt. Neustädter hat sich vor allem in der Spieleröffnung stark verbessert und ist so etwas wie der heimliche Schweinsteiger der Borussia.

Und Juan Arango hat sich vom Vorwurf, ein Schönwetterfußballer zu sein, längst freigemacht. Der Venezuelaner stellt seine fußballerischen Fähigkeiten ganz in den Dienst der Mannschaft und ist einer der besten Vorbereiter der Liga (5 Assists).

Unaufgeregt agiert Gladbach zumeist, mit überschaubarem Risiko, großer Passsicherheit und noch größerer Geduld, die aus dem Selbstvertrauen resultiert, hinten bombensicher zu stehen und vorne jederzeit den einen entscheidenden Treffer zu setzen.

Wenn Gladbach führt, lässt sich die Mannschaft nicht mehr vom Kurs abbringen. Sechs Mal in dieser Saison hieß es 1:0, 16 von 18 möglichen Punkten resultierten daraus. Zweimal gelang nach einem Rückstand noch ein Sieg, zuletzt beim 2:1 in Berlin.

Negativ könnte man der Borussia auslegen, erst 15 Tore erzielt zu haben, denn nur Kaiserslautern, Nürnberg und Schlusslicht Augsburg trafen seltener, doch die Effektivität ist es, die die Spreu vom Weizen trennt.

...Werder Bremen (3., 23 Punkte)

Klingt nach Krise, ist aber Platz drei

Irgendwie klingen viele Schlagzeilen aus Bremen nach totaler Krise: Auf der Geschäftsstelle entwickelt sich ein Streit um finanzielle Spielräume zu einem Machtkampf zwischen Aufsichtsrat und Vorstand; auf dem Platz sorgen sportliche Themen für mehr Frage- als Ausrufezeichen.

Wie soll der späte Abgang von Per Mertesacker kompensiert werden? Was wird aus 7,5-Millionen-Mann Wesley, der völlig neben der Spur ist? Wie lange braucht Mehmet Ekici, um endlich anzukommen? Wieso stagniert Marko Marin in seiner Entwicklung? Wann kommt Tim Borowski zurück? Und wer kann überhaupt Verantwortung im Mittelfeld übernehmen, wo auch Philipp Bargfrede außer Form ist?

Auch im Sturm reißen die Personaldiskussionen nicht ab: Marko Arnautovic bremste sich mit einer Roten Karte selbst aus, Markus Rosenberg verkroch sich nach starkem Start plötzlich wieder in das Loch, aus dem er gekommen war. Und Sandro Wagner wirkt bisweilen, als hätte er immer noch keine rechte Einstellung zu seinem Beruf gefunden.

Klingt übel! Und führt zur Frage: Wie hat es Werder nur auf Platz drei geschafft? Zynisch könnte man sagen: Mit Hilfe des Spielplans, etwas Glück und einem Hang zum Drama.

Nach zwölf Spieltagen hat Werder erst dreimal gegen Mannschaften aus den Top-8 gespielt: Dortmund, Hannover und Leverkusen - und prompt dreimal verloren. Die Siege gegen Freiburg, Hertha oder Köln indes waren spektakulär, aber alles andere als souverän. Auch gegen Augsburg und Mainz lag die Elf von Thomas Schaaf zunächst früh in Rückstand.

Oder lautet die Antwort schlicht: Claudio Pizarro? Der 33-Jährige spielt mit elf Toren seine erfolgreichste Bundesligasaison und sicherte Bremen jede Menge Punkte. Hamburg, Berlin und Köln im Alleingang erledigt, bester Mann gegen Mainz, einen Punkt gegen Augsburg gerettet. Laut Milchmädchenrechnung wäre Werder ohne Pizarro punktgleich mit dem HSV auf Platz 16.

Weil aber weder eine One-Man-Show noch glückliche Umstände alleine für sieben Siege nach zwölf Spielen reichen, muss es nach der total verkorksten Vorsaison auch strukturelle Gründe für die Wiederauferstehung geben.

Die Rückkehr zur Raute im Mittelfeld wirkt dabei wohl ebenso stabilisierend wie die endlich gefundene Qualität auf den Außenverteidigerpositionen. Mit Lukas Schmitz und Sokratis hat Sportchef Klaus Allofs offenbar endlich eine Dauerbaustelle im Kader geschlossen.

Dazu kommt die Entwicklung, die einige Spieler nach dem Abschied der Leitwölfe Torsten Frings und Mertesacker genommen haben. Clemens Fritz wächst in eine Führungsrolle, Aaron Hunt spielt endlich konstant auf hohem Niveau, Sebastian Prödl gewinnt immer mehr Sicherheit als Partner des erstaunlich schnell wieder integrierten Naldo in der Innenverteidigung.

Die echte Krise des letzten Jahres hat Werder also offenbar tatsächlich als Chance genutzt: Zurück zur eigenen Identität - gepaart mit einem Generationswechsel. Ob das Konstrukt auch gegen Mannschaften aus der Spitzengruppe trägt, kann Bremen am Samstag zeigen.

Der 13. Spieltag im Überblick