"Fühle mich nicht ungerecht behandelt"

Von Interview: David Schmitt
Maik Zirbes hat sich in Belgrad nach seinem Wechsel aus Bamberg schnell zurecht gefunden
© getty
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SPOX: Die Kehrseite der Leidenschaft ist jedoch der Fanatismus. In dieser Saison wurde Roter-Stern-Fan Marko Ivkovic Jagoda in Istanbul erstochen. Wie nahe ging Ihnen diese Geschichte?

Zirbes: Natürlich sehr nahe. Genauso wie die Fans hinter uns stehen, stehen wir hinter ihnen. Die Mannschaft hat das zunächst nicht mitbekommen, da wir durch den Hintereingang in die Halle gebracht wurden. Uns wurde auch erstmal nichts gesagt, so dass wir das erst nach dem Spiel erfahren haben. Das hat es natürlich auch nicht besser gemacht und es ging der Mannschaft sehr nahe. So ein Ereignis darf absolut nicht vorkommen im Sport!

SPOX: Wie nimmt man es als Spieler grundsätzlich auf, wenn man von Gewaltszenen rund um die eigenen oder auch andere Spiele erfährt?

Zirbes: So etwas bekommt man in Deutschland nicht mit. Für mich ist es trotzdem eine Erfahrung, die ich hier machen kann: Dinge außerhalb des Feldes, soweit es geht, auszublenden. Man darf sich als Spieler auch keinerlei Angst anmerken lassen, sonst hat man ein Problem.

SPOX: Die Bamberger Fans zeigten im Eurocup nach der Tat ein Gedenk-Banner. Sie haben die Geste in den sozialen Medien gepostet. Spürt man da noch ein wenig die Verbindung zur alten Heimat?

Zirbes: Absolut, die fühle ich immer wieder. Die Anteilnahme kam aber natürlich nicht nur aus Bamberg, sondern aus allen Ländern und Vereinen. Trotzdem bin ich natürlich noch verbunden mit Bamberg.

SPOX: Was war schlussendlich ausschlaggebend für Ihren Wechsel?

Zirbes: In erster Linie, dass ich hier in Belgrad in der Euroleague spielen kann. Aber es spielte auch eine Rolle, dass mich der Balkan und speziell Serbien interessiert hat, da hier viele gute Trainer und Spieler hervorgebracht wurden und werden. Das war für mich ein Zeichen, dass die Art und Weise, wie hier mit einem gearbeitet wird, ziemlich einzigartig ist. Serbien ist ein relativ kleines Land, aber trotzdem schafft man es immer wieder, gute Spieler zu entwickeln. Und deshalb wollte ich mir einfach die Wurzeln des jugoslawischen Basketballs anschauen und all das miterleben. Serbien ist immerhin Vizeweltmeister, das sagt doch alles!

SPOX: Der Rebuild in Bamberg um Trainer Trinchieri hat keine Rolle gespielt?

Zirbes: Nein, überhaupt nicht. Für mich ging es darum, weiter in der Euroleague spielen zu können. Der Neuaufbau und der Trainer haben für mich gar keine Rolle gespielt.

SPOX: Während Ihrer Zeit in Bamberg wurden Sie des Öfteren kritisiert. Fühlten Sie sich ein wenig unfair behandelt?

Zirbes: Nein, das würde ich nicht sagen. Jeder darf sich eine Meinung über meine Leistung bilden. Ob dann einige Äußerungen wirklich fair und sachlich waren oder eben nicht, stelle ich jetzt einfach mal in Frage. Jedoch habe ich Bamberg sehr viel zu verdanken und habe es genossen, in Freak City spielen zu dürfen.

SPOX: Andererseits mussten Sie mitunter vielleicht mehr Kritik einstecken als manch anderer. Wie sehen Sie den Umgang mit Medien allgemein?

Zirbes: Ich habe hier in Serbien bislang sehr wenige Interviews führen müssen. Ansonsten läuft das alles genau wie in Deutschland und es kommen auch immer wieder dieselben Fragen. Ungerecht behandelt fühle ich mich aber nicht. Ich bin ein Mann und stehe zu dem, was ich sage. Ob die Leute es dann so auffassen, wie ich es wirklich meine, darauf habe ich dann keinen Einfluss. Der Umgang damit gehört für Sportler aber einfach dazu. Dennoch gibt es natürlich Dinge, die ich lieber mache. Ich bin einfach nicht der wortgewandteste Mensch (lacht).

SPOX: Im Sommer wird der Fokus der Medien allerdings noch deutlicher auf den Basketball gerichtet sein. Immerhin steht die EM-Vorrunde in Berlin an. Was sagen Sie zur Hammer-Gruppe?

Zirbes: Es sind wirklich sehr viele gute Mannschaften, die wir gezogen haben. Trotzdem können wir mit dem Team, den Trainern, der Organisation und natürlich dem Heimvorteil einiges erreichen. Wir müssen uns gegen keinen der Gegner verstecken und werden bis ans Limit gehen, um jedes Spiel zu gewinnen. Unser Ziel ist es natürlich, eine Runde weiterzukommen.

SPOX: Wie sehen Sie die Chancen, sollten Dirk Nowitzki und Dennis Schröder am Ende doch absagen?

Zirbes: Dann werden wir dennoch bis ans Limit gehen (lacht).

SPOX: Erhofft man sich gerade von Schröder nach den guten Leistungen in Atlanta vielleicht zu viel?

Zirbes: Ich bin kein Trainer. Deswegen bin ich nicht in der Funktion, mir darüber großartig Gedanken zu machen. Er hat dieses Jahr aber gezeigt, dass er uns auf jeden Fall weiterhelfen wird. Und nach dieser Saison wird er noch mal gereift sein.

SPOX: Apropos Trainer: Ihr ehemaliger Coach aus Bamberg, Chris Fleming, hat den Job als Bundestrainer übernommen. Stehen Sie in Kontakt zu ihm?

Zirbes: Ja, wir telefonieren relativ regelmäßig. Zu Besuch kam er bis jetzt zwar noch nicht, aber das will er jetzt auch bald mal tun. Der Kontakt ist auf jeden Fall vorhanden.

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Maik Zirbes im Steckbrief