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Top 5: Die wichtigsten Erkenntnisse aus Woche 8 in der NFL

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© getty

Das Spiel zwischen den Jets und den Patriots war auch das Duell zweier Teams, die sich vielleicht bald kritische Quarterback-Fragen stellen müssen. Außerdem: Welche Teams sollten jetzt zur Trade-Deadline aktiv werden? Und was steht wirklich hinter der Degradierung von Matt Ryan? SPOX-Redakteur Adrian Franke beantwortet eure Fragen.

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Für die hochgelobte 2021er Quarterback-Klasse kommen wir langsam aber sicher in eine erste kritische Phase. Diese Quarterbacks spielen jetzt ihre zweite Saison, und langsam aber sicher wollen ihre Teams Ergebnisse sehen - oder zumindest merkliche Fortschritte.

Denn es ist das Gesetz der NFL, dass nach zwei Jahren mit einem selbst gedrafteten Quarterback Geduldsfäden dünner werden. Die des Teambesitzers mit GM und Head Coach, die besagten Quarterback ausgewählt haben. Oder die eines neuen Coaches und neuen GMs, die den Quarterback nicht ausgewählt haben, und eine Chance auf ihre eigene Wahl haben wollen.

Oder einfach der normale Ablauf der NFL: Wenn ein Quarterback sich zu lange nicht entwickelt, wird das Team wiederholt hoch picken. Und früher oder später wird es mit einem dieser Picks ein interessantes junges Quarterback-Prospect in Reichweite geben.

Das ganze Thema Quarterback-Entwicklung ist dementsprechend einerseits sehr simpel und andererseits sehr komplex, weil so viele Aspekte mit einfließen. Ein Coach, der ihn richtig einsetzen kann, ein GM, der den Kader entsprechend aufbauen kann, gutes Coaching, ein langfristiger Plan, um ihn zu entwickeln.

Selten sind wirklich all diese Punkte gegeben. Gute Quarterbacks schaffen auch ihren Breakout, wenn nur einige Aspekte zutreffen; und manchmal bekommen wir den perfekten Sturm, wenn ein Josh Allen eine ungeahnte Entwicklung hinlegt, in einem perfekten Ökosystem in Buffalo. Oder wenn Patrick Mahomes in Kansas City ein Playoff-Team unter Andy Reid übernimmt.

Und das rückt für mich mehr und mehr in den Fokus: In welche Umstände kommt ein Rookie-Quarterback? Das ist so essenziell für die Entwicklung eines Quarterbacks, und es kann auch die äußere Wahrnehmung massiv beeinflussen. Mac Jones hatte aus der 2021er Klasse die mit Abstand besten Umstände als Rookie - und er spielte die mit Abstand beste Saison der Rookie-Quarterbacks.

In diesem Jahr hat Trevor Lawrence vorsichtige, wenn auch noch zu inkonstante Fortschritte in einer signifikant verbesserten Situation gemacht. Justin Fields macht diese Fortschritte gerade vor unseren Augen, in einer Offense, die mehr und mehr auf ihn zugeschnitten wird.

Jones dagegen spielt schlechter als letztes Jahr, und nachdem die Jets kräftig in Zach Wilsons Ökosystem investiert haben, wird man sich in New York langsam aber sicher fragen: Wo bleibt die Entwicklung?

1. Patriots und Jets: Vereint in der Quarterback-Kontroverse?

Mich würde wirklich interessieren, was sich Bill Belichick und die Patriots von ihrem Quarterback-Roulette erhofft haben. Mac Jones kam nach seiner Knöchelverletzung am vergangenen Montag gegen Chicago zurück - aber auf einem geplanten Pitch Count.

Dass er dann nach einer Interception rausgenommen und durch Bailey Zappe ersetzt wurde, war vielleicht wirklich nur blödes Timing. Dass Belichick in seinem Halbzeit-Interview sagte, dass beide Quarterbacks in der zweiten Hälfte spielen würden, nur um dann Zappe die zweite Hälfte doch durchspielen zu lassen - vielleicht war es dem Spielverlauf geschuldet?

Wollte er Jones' Knöchel nicht zu sehr strapazieren, nachdem die Bears in der zweiten Hälfte davonzogen? Da wäre die Gegenfrage: Traute er es Jones nicht zu, ein Comeback anzuführen? Und wenn dem so ist, warum hat Jones dann überhaupt gespielt? Wäre es nicht für alle Beteiligten besser gewesen, ihn dann komplett rauszuhalten?

Und selbst wenn man all das irgendwie rational erklären kann: Nach dem Spiel gegen Chicago wurde Belichick die Frage gestellt, ob Jones der Starter sei - und er verwies darauf, dass man gerade erst das Spiel beendet hatte.

Wenn man keinen Kontext hätte, könnte man argumentieren, dass alle Aktionen, alle Aussagen rund um das Bears-Spiel dafür sprechen, dass die Patriots in der Öffentlichkeit eine Quarterback-Kontroverse kreieren wollten. Warum? Ich habe keine Ahnung. Ich denke nicht, dass Teams sich auf Zappe signifikant anders vorbereiten als auf Jones, und im Zweifelsfall ist der größte Effekt der auf Jones' Selbstvertrauen.

Patriots: Mac Jones braucht mehr Hilfe

Jones war alles in allem in Ordnung gegen die Jets. Phasenweise verteilte er den Ball gut, aber noch hatte er zu viele Aussetzer, drei blieben ganz besonders hängen:

  • Zweites Viertel (2:00), Vierter-und-1, gegnerische 21-Yard-Line: Jones hatte bei Fourth Down den Tight End offen in der Flat. Doch er zögerte, versuchte stattdessen, den Receiver daneben weiter Downfield zu dirigieren und überwarf ihn anschließend.
  • Zweites Viertel (0:37), Erster-und-10, gegnerische 25-Yard-Line: Jones hatte eine saubere Pocket und warf den Ball direkt zum Underneath-Verteidiger. Der hätte einen Pick Six erzielt - wenn Jones nicht eine Roughing-the-Passer-Flagge bekommen hätte, welche den Turnover vom Board nahm.
  • Drittes Viertel (1:56), Zweiter-und-5, gegnerische 36-Yard-Line: Jones hielt den Ball ewig, ohne seine Plattform zu verändern oder Druck auszuweichen stand er in der Pocket. Die Folge war ein Sack inklusive Fumble.
  • Viertes Viertel (10:47), Dritter-und-6, gegnerische 33-Yard-Line: Jones hatte eine saubere Pocket und Zeit, sein Wurf aber war der Checkdown zum Running Back über die Mitte, der in Double Coverage war mit einem Pass, der eigentlich hätte abgefangen werden müssen.

Insbesondere hat mich gewundert, dass die Offense mit Zappe in den Wochen davor nicht einfach nur runder lief, weil der Spielverlauf positiver war. Zappe wirkte schneller in seinem ganzen Process, aber er konnte auch viel Underneath operieren, bekam viel Play Action, musste weniger im reinen Dropback Passing Game machen.

Jones mehr einfache Completions zu geben, ihm dabei zu helfen, einen besseren Rhythmus zu finden, und ihn auch weiter zu entwickeln, das ist die Aufgabe, die Joe Judge und Matt Patricia jetzt bewältigen müssen. Phasenweise war das gegen die Jets auch zu sehen, Jones spielte anfangs nicht schlecht. Da war wieder mehr der Game Manager als schneller Ballverteiler zu sehen.

Ich halte Mac Jones nach wie vor für den besseren Quarterback, auch wenn er aktuell zu viele Aussetzer hat. Die Patriots haben keine Quarterback-Debatte, weil Jones der klar bessere Quarterback ist. Doch ein junger Quarterback, der fraglos seine Limitierungen hat, braucht in seinem zweiten Jahr mehr strukturelle Hilfe, als Jones sie zuletzt bekommen hat.

New York Jets: Wie lange hat Zach Wilson noch?

Dass New England dieses Spiel dennoch letztlich sogar relativ souverän gewann, lag zum einen daran, dass Jones' Pick Six nicht zählte - aber noch viel mehr lag es am Quarterback auf der anderen Seite.

Bei Zach Wilson bleiben es Flashes, sonst nichts. Wie der Touchdown-Pass auf Tyler Conklin früh im Spiel, wo er den Ball perfekt platzierte, nach außen, weg vom Verteidiger. Diesen Ball kann man nicht besser werfen, und gelegentlich hat er diese Pässe.

Es ist absolut richtig, jungen Quarterbacks Zeit zu geben. Junge Quarterbacks sollten sich entwickeln können - aber das ist kein Blankoscheck. Es muss schon auch ein Maß an Entwicklung zu sehen sein, und das fehlt einfach komplett. Die Interception spät im dritten Viertel, wo er den Ball scheinbar wegwerfen will, darf nicht passieren. Der Pick etwas später war ein Overthrow, mit seinem vermeintlichen Target in klarer Coverage.

Beide Würfe eint ein problematisches Thema in Wilsons Spiel: Die Tendenz, zu viel zu wollen; Plays retten zu wollen, die überhaupt nicht da sind und Würfe noch anbringen zu wollen, die chancenlos sind. Dazu kam die Interception kurz vor der Halbzeitpause, ebenfalls bei einem deutlichen Overthrow auf kurze Distanz.

Es fehlt an Awareness, es fehlt an Antizipation, es fehlt an Bereitschaft, mit diszipliniertem Timing zu spielen. Und vor allem eben sehe ich keine Entwicklung in seinem Spiel.

Zach Wilson muss sein Spiel umstellen

Die "gute" Version von Wilson, die wir kennen und die ihn zum Nummer-2-Pick gemacht hat, war bei BYU hinter einer herausragenden Offensive Line, mit kaum Druck in der Pocket und defensiver Competition, gegen die er mit seinem Arm jeden Wurf anbringen konnte. Das Armtalent ist da, trotzdem wird Wilson gravierend andere Wege finden müssen, um in der NFL eine Zukunft als Starter zu haben.

Und aktuell sehe ich das nicht. Was nicht heißt, dass ich Wilson jetzt absägen würde - die Jets, so gut sie in diese Saison gestartet sind, müssen nicht jetzt nach einem Titel greifen. Diese Zeit kann man ihm geben.

Doch die Uhr tickt, nicht nur für Wilson, sondern auch für Robert Saleh und auch für diesen Kader: Die Jets-Defense macht sehr viel Spaß, hier entwickelt sich eine Unit, die dominieren kann. Aber die Fenster für solche Units sind in aller Regel kurz, und aus Jets-Sicht gilt es, das auszunutzen.

Es würde mich nicht wundern, wenn - sollte Wilson keine merklichen Fortschritte machen - die Jets ein größeres Interesse an Jimmy Garoppolo in der kommenden Offseason hätten. Der wird Free Agent, sollte sich finanziell im Rahmen bewegen, kennt die Offense und hat zur Genüge bewiesen, dass er als guter Game Manager mit einer starken Defense viele Spiele gewinnen kann.

Wilson hat das bisher nicht, und noch viel weniger als das. Bisher hat er nicht gezeigt, dass er besser ist als mehrere Backup-Quarterbacks, die für New York gespielt haben, seit Wilson gedraftet wurden.