NBA

Wembanyama wird die 100-Millionen-Marke-knacken! Der neue TV-Vertrag der NBA und seine Folgen

Von Marc Tawadrous
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Der neue TV-Deal ist der größte der NBA-Geschichte. Wie wirkt sich der Geldregen auf die Gehälter aus - und beweist er, dass es der Liga gut geht?

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"Inside the NBA" ist die erfolgreichste NBA-Show in den USA. Über 1,5 Millionen Zuschauer sehen zweimal die Woche zu, wie Shaquille O'Neal, Charles Barkley, Kenny Smith und Ernie Johnson über den GOAT streiten, Spiele analysieren und Shaq den Entertainer macht. Damit wird es in einem Jahr wahrscheinlich vorbei sein, denn die Show wird unfreiwillig abgesetzt.

Das liegt am nach der anstehenden Saison, also im Sommer 2025 beginnenden neuen nationalen TV-Deal der NBA. Der ausstrahlende Sender TNT ist daran nicht mehr beteiligt. Stattdessen schafften es Disney (ABC und ESPN), NBC und Amazon, Übertragungsrechte zu ergattern. Insgesamt zahlen die neuen Partner über elf Jahre 76 Milliarden Dollar, Amazon ist dabei der kleinste Partner und zahlt für 66 Spiele der Regular Season und 20 Playoff-Spiele 1,8 Milliarden Dollar pro Jahr. Zum Vergleich: Die Bundesliga bekommt aktuell für die kompletten nationalen Rechte 1,12 Mrd. Euro.

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Eine Parallele zur Bundesliga gibt es übrigens: Der bisherige Partner Warner Bros Discovery (TNT) wollte sein Rechtepaket eigentlich halten und zog deshalb mit dem Angebot von Amazon gleich, wurde aber abgeschmettert. Zu Unrecht? "Wir haben mit dem Angebot von Amazon gleichgezogen, wozu wir vertraglich berechtigt sind, und glauben nicht, dass die NBA es ablehnen kann", erklärte TNT Sports: "Wir werden entsprechende Maßnahmen ergreifen." Das erinnert schwer an den Zoff zwischen der DFL und DAZN, wobei Warner von Experten nur geringe Chancen bescheinigt werden.

So oder so: Ab der Saison 2025/26 wird alles neu. Während die übertragenden Sender aus deutscher Sicht aber eher unwichtig sind - virale Highlights von Shaq, Chuck und Co. mal ausgenommen - sieht es in Sachen NBA-Finanzen ganz anders aus. Der Geldregen wird nämlich so einiges durcheinanderwirbeln.

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NBA: Der TV-Vertrag und die Auswirkungen auf den Salary Cap

Franz Wagner ist noch kein Superstar. Trotzdem verdient er wie einer: 224 Millionen Dollar für fünf Jahre. 269 Millionen, wenn er in ein All-NBA-Team gewählt wird. Diese Summe macht ihn zum bestbezahlten deutschen Sportler aller Zeiten. Und Franz ist nicht der einzige "Noch-nicht-Star", der derartige Summen erhält. Scottie Barnes (Toronto Raptors) bekam den selben Deal wie Franz, genau wie Evan Mobley (Cleveland Cavaliers). All-Star-Nominierungen des Trios: genau eine.

Solche Gehälter werden in den kommenden Jahren durch den neuen TV-Deal noch größer werden, aber schon heutige Summen wären vor nicht allzu langer Zeit noch undenkbar gewesen. Dirk Nowitzki verdiente in seiner MVP-Saison 06/07 15 Millionen Dollar, LeBron James unterschrieb bei seinem Wechsel zu den Miami Heat 2010 für sechs Jahre und 110 Millionen. Nicht einmal 20 Mio./Jahr für die größten Stars, die die Liga zu bieten hatte.

Sieben Jahre in Folge die Nr. 1! Die bestbezahlten NBA-Spieler der letzten 40 Jahre

Wie viel Geld jedes Team pro Jahr für Spielergehälter zur Verfügung hat, hängt vom Salary Cap ab. Der berechnet sich aus der Summe, die die NBA in der Vorsaison eingenommen hat, in etwa gleich verteilt auf Teams und Spieler. Hier spielen natürlich besonders die TV-Deals eine entscheidende Rolle. Die werden im allgemeinen langfristig ausgehandelt: Der letzte lief über neun Jahre, der neue sogar über elf. Mittlerweile vervielfachen sich die Summen mit jedem neuen Deal - 2002 unterschrieb man beispielsweise für 766 Mio. jährlich - und wie das sprudelnde Geld die NBA verändern kann, sah nach dem letzten TV-Deal.

Zum Beginn der Saison 2016/17 griff eine Vertragsverlängerung mit Disney und Turner Sports, die Sender zahlten insgesamt knapp 2,7 Milliarden pro Jahr. Das war eine Steigerung von 200 Prozent - und wirkte sich sofort auf den Salary Cap und damit auch auf die Gehälter aus: Die Golden State Warriors suchten nach der Finals-Niederlage gegen LeBron und die Cavaliers nach einem Weg, um ihre Dynastie weiter auszubauen. Der Anstieg des Salary Cap um 24 Millionen - der höchste Sprung der Geschichte - ermöglichte es, Kevin Durant ins Team zu holen. Als Free Agent. Es folgten drei Finals-Teilnahmen und zwei Titel.

Ab 2025 gibt es nun statt 2,7 knapp sieben Milliarden Dollar pro Jahr. Was werden die Folgen sein?

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NBA: Spielergehälter über hundert Millionen pro Jahr möglich

Natürlich wird der Salary Cap massiv ansteigen, und mit ihm auch die Spielergehälter. Interessant sind hierbei vor allem die "Max Contracts", also Maximalgehälter der Stars und Superstars. Die dürfen bei maximal 35 Prozent des Salary Caps liegen, das ist aktuell beispielsweise bei MVP Nikola Jokic (Denver Nuggets) oder Jayson Tatum der Fall. Der unterschrieb beim Champion aus Boston in der Offseason den bislang dicksten Vertrag der Liga-Geschichte: 314 Millionen Dollar für fünf Jahre.

Der Salary Cap wird 2024/25 bei knapp 141 Millionen Dollar liegen. Kommt in einem Jahr also die Explosion?

Nicht ganz. Weil KDs Wechsel zu den Warriors 2016 für einen ligaweiten Aufschrei sorgte - der Salary Cap ist schließlich da, um derartige Superteams zu verhindern oder zumindest stark einzugrenzen - greift diesmal eine Regelung, wonach das TV-Geld nur langsam und stetig in den Salary Cap fließen darf. Pro Jahr darf sich dieser maximal um zehn Prozent erhöhen, unabhängig von den tatsächlichen Einnahmen.

Das macht es schwieriger, ein vierköpfiges Monster wie damals in Golden State zu bezahlen. Auf lange Sicht ist die Liga aber nicht weit entfernt von Verträgen, die die Schallmauer von 100 Millionen Dollar jährlich knacken. Victor Wembanyama wird im Sommer 2032 28 Jahre alt sein. Sollte er dann einen neuen Max Contract über fünf Jahre unterschreiben, würde dieser den aktuellen Vorhersagen zufolge bei deutlich über 500 Millionen Dollar liegen, also über 100 Mio./Jahr. Eine kürzliche Vorhersage von Mark Cuban scheint da gar nicht mehr so weit weg.

NBA: Die Folgen des neuen TV-Vertrags

Saison

Salary cap (gerundet)

Max Salary (35 Prozent, gerundet)

24-25

141 Millionen Dollar

49.4 Millionen Dollar

25-26

151 Millionen Dollar

54.3 Millionen Dollar

26-27

171 Millionen Dollar

59.7 Millionen Dollar

27-28

188 Millionen Dollar

65.7 Millionen Dollar

28-29

206 Millionen Dollar

72.2 Millionen Dollar

29-30

227 Millionen Dollar

79.5 Millionen Dollar

30-31

250 Millionen Dollar

87.4 Millionen Dollar

31-32

275 Millionen Dollar

96.2 Millionen Dollar

32-33

302 Millionen Dollar

105.8 Millionen Dollar

In Stein gemeißelt sind diese Zahlen nicht. Kommt es etwa zur gemunkelten Expansion um ein oder zwei Teams, würde das Kuchenstück pro Franchise und Spieler wieder ein bisschen kleiner. Wenn man aber bedenkt, dass es sich bei der NBA um eine "Soft Cap" handelt und fast alle Teams darüber liegen, teilweise deutlich, will man sich gar nicht ausmalen, welche Summen zum Start der Free Agency in einem Jahrzehnt den Besitzer wechseln werden.

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So viel Geld - aber geht es der NBA gut?

Das Kuriosum ist: Dass in der NBA so unfassbar viel Geld steckt, bedeutet nicht unbedingt, dass es der Liga auch gut geht. Das Interesse an der Regular Season sinkt gefühlt immer weiter, das All-Star-Game wird von vielen Fans nur noch belächelt - und die zahlen viel Geld für Tickets, nur um die Stars nicht zu sehen, weil die gerade geschont werden. Was passiert, wenn die bisherigen Zugpferde LeBron James und Stephen Curry in ein paar Jahren nicht mehr da sind?

Die Einschaltquoten in den USA gehen ohnehin schon seit Jahren zurück. In der Saison 95/96, als Michael Jordan mit den Bulls 72 Spiele der Regular Season gewann, schauten im Schnitt drei Millionen Zuschauer zu. Als LeBron 2010 nach Miami kam, waren es rund 2,5 Millionen. Heute sind es kaum noch über eineinhalb Millionen. Und auch die sonst immer besonders beliebten "Christmas Games" haben Probleme: Vier von fünf Spielen verzeichneten im letzten Jahr sinkende Quoten - um bis zu 70 Prozent. Eigentlich ist der erste Weihnachtstag traditionell mit NBA-Krachern verbunden. Doch dieser wurde nun ohne große Probleme von der NFL "eingenommen". Ihre Spiele bescherten 2023 Rekordzahlen von insgesamt 27 Millionen Zuschauern, noch einmal zwei Millionen mehr als im Jahr zuvor.

Dass es bei der NBA an mehreren Stellen krankt, hat auch Commissioner Adam Silver in den letzten Jahren erkannt: Er führte gegen Widerstände das In-Season-Tournament ein, um den Zuschauern in der langen Saison etwas zu bieten, aber auch um die Spieler selbst zu motivieren. Die Preisgelder beim "NBA Cup" sind schließlich nicht ohne und besonders für die zweite und dritte Reihe ernstzunehmende Beträge, für die es sich lohnt, einen Gang hochzuschalten.

Auch das Problem der zu vielen Star-Pausen wurde angegangen: Seit letzter Saison sind All-NBA-Ehrungen oder individuelle Awards nur noch zu haben, wenn man mehr als 65 Spiele in der regulären Saison absolviert. Und die Playoffs wurden ebenfalls angepasst, das Play-In-Tournament bringt mehr Spannung und Drama.

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NBA: Weniger Spiele? Target Score? Neue Regeln? Es muss sich etwas ändern

Diese Versuche, die Liga wieder attraktiver zu machen, waren teilweise von Erfolg gekrönt, doch auch seit ihrer Einführung sind die Zuschauerzahlen nicht gestiegen. In den sozialen Medien wird deshalb diskutiert, wie der gewünschte Aufschwung erreicht werden könnte. Der Journalist Ben Krauss etwa schlägt weniger Spiele vor - und steht damit nicht allein: "Die NBA sollte die limitierte Anzahl der NFL kopieren", um damit mehr Interesse an der regulären Saison zu erzeugen.

Außerdem wirft er die Idee in den Ring, wie beim 3x3 Basketball einen "Target Score" einzuführen: Ein Spiel würde also beispielsweise nur so lange gehen, bis ein Team 100 Punkte erreicht. So würde jedes Spiel mit einem Game-Winner enden und die Intensität steigen. In ähnlicher Form war das zwischenzeitlich beim All-Star Game zu sehen, die Idee wurde aber wieder eingestampft.

Kommentar zum All-Star Game: Die NBA muss sich ein Beispiel an der NFL nehmen

Fans bei Reddit schlagen ihrerseits vor, die Regeln so zu ändern, dass es weniger Fouls, mehr Körperlichkeit und am Ende des letzten Viertels weniger Auszeiten gibt. Was von diesen Ideen implementiert wird, ist fraglich. Silver hat die Zeichen der Zeit jedoch erkannt. Sein Job ist zu verhindern, dass es der NBA ergeht wie der MLB - oder gar dem Blackberry.

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Warum ist die NBA trotzdem 76 Milliarden Dollar wert?

Wenn es der NBA teilweise deutlich schlechter geht als noch vor einigen Jahren: Warum gab es dennoch einen so hohen TV-Deal? Die WNBA, die mit Caitlin Clark auf einer Welle der Begeisterung reitet, war in den letzten Monaten teilweise gar nicht mehr so weit weg von den TV-Quoten der Männer, bekommt ab 2025 aber nur 200 Millionen jährlich. Warum kassiert die NBA trotzdem so ab?

In den USA sind Übertragungsrechte von Livesport immer noch pures Gold wert, auch wenn die Einschaltquoten momentan sinken. Für viele Amerikaner ist ihr Team oder ihr Sport ein, wenn nicht sogar der entscheidende Grund, um sich ein Kabel-Abo zu leisten. Auch hier sind die Zahlen rückläufig, da immer mehr gestreamt wird: 2010 gab es in Amerika noch 100 Millionen Haushalte mit einem solchen Abo. Heute sind es nur noch 56,6 Millionen.

Um diese Zuschauer zu halten oder mit möglichst großen Angeboten neue anzulocken, braucht es Sport. Und besonders die NBA. Denn die anderen Ligen der "Big Five" (NFL, NBA, NHL, MLB und MLS) stecken aktuell in langfristigen Verträgen - und die NBA ist nach der NFL immer noch die Liga mit den meisten Zuschauern. Das Beispiel TNT zeigt die Zwickmühle der TV-Sender: Man kann sich die NBA eigentlich nicht leisten - aber man kann es sich auch nicht leisten, sie nicht zu haben.

Dazu kommen die Streamingdienste: Besonders für Amazon sind Sport und die NBA ein Alleinstellungsmerkmal. Der Konzern ist international aktiv und kann nun jedem Prime-Kunden die beste Basketball-Liga der Welt anbieten. Neben der NBA hat Amazon auch Fußball und andere Live-Sportarten im Programm - und passt perfekt in das Konzept der NBA, die mit diesem neuen Deal auch ihre internationale Bühne vergrößern will.

"Die digitalen Möglichkeiten, die Amazon bietet, passen perfekt zum weltweiten Interesse an der NBA", sagte Commissioner Adam Silver kurz nach dem Bekanntwerden des neuen TV-Deals. Wo der nationale Markt gesättigt scheint, bietet das Ausland noch jede Menge Potenzial. Sein Traum wäre es, wenn beim nächsten Deal auch Netflix, Apple und Co. mitbieten.

Ein Jahrzehnt ist sein Baby aber erst einmal auf der sicheren Seite. Dann beginnen die Verhandlungen von vorn.

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