Der Transfersommer 2025 wird beim FC Bayern München hochinteressant. Denn vor allem offensiv könnte es gleich mehrere Veränderungen geben, die dem Rekordmeister ein neues Gesicht verleihen.
Im Mittelpunkt dessen: Florian Wirtz. Der 21-Jährige könnte nach dieser Saison bereit sein für seinen Schritt zu einem Topklub. Dass die Münchner ihn gerne hätten, ist schon lange kein Geheimnis mehr. Seit Jahren baggern sie am Leverkusener.
Aber brauchen sie ihn auch? Schon jetzt ist die Offensive herausragend besetzt. Und dann gibt es da mit Paul Wanner ein Toptalent, das aktuell an den 1. FC Heidenheim ausgeliehen ist und mit gerade 18 Jahren erstmals für die U21 des DFB berufen wurde. Einer vom Campus, auf den man in München große Stücke hält.
Paul Wanner: Ein herausragender Saisonstart
Klar ist, dass Wanner noch lange nicht auf dem Niveau eines Wirtz ist. Er ist aber auch drei Jahre jünger. Sein Debüt beim FC Bayern feierte der Deutsch-Österreicher bereits mit 16. Nach einer kurzen Phase der Stagnation ging es in der vergangenen Saison zur SV Elversberg, nun nach Heidenheim.
Und Wanner überzeugt. In acht Pflichtspielen erzielte er fünf Tore und bereitete zwei weitere Treffer vor. Ein Traumstart in die neue Saison, den es zwar noch zu bestätigen gilt, der sein Talent aber unter Beweis stellt.
Wanner ist ein hervorragender Spielmacher, der vom Dribbling bis hin zum Passspiel alles beherrscht, was ein Zehner auf höchstem Niveau braucht. Er ist technisch stark, beweglich, kann selbst abschließen, ragt aber vor allem in der Vorbereitung und im Kombinationsspiel heraus.
Paul Wanner: Nicht einer unter vielen
Sein Problem: In den letzten Jahren haben es viele spielstarke Zehner in den Spitzenfußball geschafft. Allein in Deutschland sind Jamal Musiala und Wirtz die jüngsten Beispiele. Das liegt auch daran, dass sich der Fußball in Europa taktisch wieder mehr auf die Halbräume und den typischen Zehnerraum konzentriert und nicht nur auf schnelle und dribbelstarke Außenspieler.
Auch wenn Wanner erst am Anfang seiner Karriere steht, muss er sich aber keine großen Sorgen machen. Denn eines unterscheidet ihn dann doch stark von vielen anderen Talenten und Profis: Der Faktor Zeit scheint ihn nicht negativ zu beeinflussen.
Was ist damit gemeint? Im Fußball geht es vorrangig um Zeit. Einen Pass bekommen nahezu alle Zehner auf diesem Niveau hin. Technisch begabt sind viele ohnehin. Was aber die Weltspitze vom Rest unterscheidet, ist die Qualität, innerhalb eines Bruchteils einer Sekunde Räume zu erkennen und erfolgreich zu bespielen, die dem Team weiterhelfen.
Unter Gegnerdruck Entscheidungen zu treffen, ist mit das Schwerste im Fußball. Wanner aber scheint damit umgehen zu können. Seine Entscheidungsfindung ist sehr gut, seine Übersicht sorgt nicht selten für Begeisterung. Denn Wanner kann Pässe spielen, die manch Zuschauer selbst in einem Standbild vor dem Fernseher nicht vorhersagen würde.
Das mag sich fast schon überschwänglich lesen für jemanden, der bisher nur für Elversberg überzeugte und bei Heidenheim seine ersten Bundesliga-Schritte geht. Doch schon im Jugendbereich zeigten sich Trainer, Beobachter und Scouts beeindruckt von dieser Qualität.
FC Bayern München: Florian Wirtz oder Paul Wanner?
Einer für den FC Bayern also. In München ist man sich dessen bewusst. Die Wertschätzung für Wanner ist unverändert groß. Entsprechend ist es gar keine Frage, dass das Talent im Sommer 2025 zurückkehren wird. Viel mehr ist die Frage, ob er nochmal verliehen wird oder ob er die Chance auf seine erste richtige Saison beim FCB erhält.
Abhängen wird das auch von den Transfers. Kingsley Coman, Serge Gnabry, Leroy Sané und auch Thomas Müller sind je nach Saisonverlauf Kandidaten für einen Abgang. Wirtz ist ein Kandidat auf der Zugangsseite. Für den Leverkusener müsste der FC Bayern aber voraussichtlich einen dreistelligen Millionenbetrag auf den Tisch legen. Ist es das wert?
Die kurze Antwort: Wahrscheinlich schon. Gleich mehrere Gründe sprechen dafür, dass der FCB bei Wirtz alle Karten ausspielen muss. Sportlich ist der 21-Jährige derzeit mit das Beste, was seine Generation zu bieten hat - unter anderem neben Musiala, der schon in München unter Vertrag steht.
Bei dem ist aber wiederum unklar, ob er seinen 2026 auslaufenden Vertrag verlängern wird. In beiden Szenarien wäre Wirtz aber ein großer Gewinn für den FC Bayern: Entweder im Zusammenspiel mit seinem kongenialen DFB-Partner oder als Musiala-Ersatz.
Dass es für den Rekordmeister zudem immer wichtig war, einen großen Block in der deutschen Nationalmannschaft zu stellen, dürfte ebenfalls eine Rolle spielen. Zuletzt bröckelte dieser Block unter Julian Nagelsmann gehörig. Auf der anderen Seite steht die ewige Kritik am Campus des Rekordmeisters. Wer darauf schaut, wie viele Talente es von München in den europäischen Spitzenfußball der Top-5-Ligen geschafft haben, wird anerkennen müssen, dass man im Nachwuchsleistungszentrum beim FCB einiges richtig macht.
Auch die jüngsten Erfolgsgeschichten von Aleksandar Pavlovic oder Josip Stanisic sprechen dafür. Kann man es sich vor diesem Hintergrund aber erlauben, jemandem wie Wanner so viele Topspieler vor die Nase zu setzen, dass ein Durchbruch immer unwahrscheinlicher wird? Klar ist: Rein sportlich betrachtet, wäre es ein Risiko, Wirtz nicht zu holen und darauf zu bauen, dass Wanner in ähnliche Sphären vorstoßen kann. Beim FC Bayern gibt es dahingehend keine Gnade. Kurzfristiger Erfolg steht über der Entwicklung von Talenten.
Die Versuchung, den eigenen Florian Wirtz auszubilden, ist allerdings nicht von der Hand zu weisen.
Paul Wanner: Lieber nicht zurück zum FC Bayern?
Das alles wird bei Wanners Entscheidungsprozess im Hinterkopf sein: Wie viel Spielzeit ist beim FC Bayern überhaupt möglich, wenn neben Musiala auch noch Wirtz kommen könnte? Beide sind ähnliche Spielertypen, beide spielen auf einem Niveau, das Wanner erstmal auch nur ansatzweise erreichen muss.
Wie schwer es für junge Spieler in dieser Offensive sein kann, zeigt der Fall von Mathys Tel, dessen Durchbruch auf sich warten lässt. Auch die starken Leistungen von Michael Olise und Serge Gnabry zuletzt beweisen, dass der FCB eher kein Offensivproblem hat.
Die Perspektive für Wanner bei den Münchnern sieht also eher durchwachsen aus. Zuletzt wurde berichtet, dass er eine Rückkehr von der Spielzeit abhängt, die ihm in Aussicht gestellt wird. Mit einem festen Wechsel drohen der 18-Jährige und sein Umfeld aber nicht. Eher ist eine weitere Leihe im Gespräch.
Ohnehin war in der Vergangenheit vom Campus häufig zu hören, dass Wanners Selbstreflexion und sein ruhiges Umfeld als förderlich für seine weitere Karriere einzuschätzen sind. Viele Gedanken wird er sich deshalb jetzt noch nicht darum machen, was nach seiner Rückkehr passiert.
Erstmal kommt es darauf an, den guten Saisonstart zu bestätigen und sich in der Bundesliga festzuspielen. Ab der zweiten Jahreshälfte wird sich dann nach und nach abzeichnen, wie interessant der Transfersommer des FC Bayern wirklich wird. Aber die Vorzeichen stehen gut, dass sich einiges an der Säbener Straße bewegt.