"Ich wollte nur nicht Bayern sagen"

Von Interview: Benedikt Treuer
Seit diesem Jahr ist Fabian Hambüchen Teil des MTW Stuttgart
© getty
Cookie-Einstellungen

SPOX: Steckt nicht insgesamt aber auch viel mehr Potenzial in der Vermarktung der Sportart? Bei Olympia 2012 gehörte Turnen zu den meistbesuchten und meistgeschauten Sportarten.

Hambüchen: Davon bin ich ganz fest überzeugt. Ich hoffe, dass ich nach meiner aktiven Karriere mithelfen kann, Turnveranstaltung noch stärker zu bewerben. Dass die Einschaltquoten bei Olympia so hoch sind, muss in Deutschland besser genutzt werden. Dazu müssen an einigen Stellen nur die richtigen Leute ans Werk, die sich mit Entschlossenheit und einem klaren Plan dafür einsetzen.

SPOX: Der Infrastruktur und Berichterstattung liegt aber immer noch die sportliche Qualität zugrunde. Ist der DTB bei der Betreuung von Top-Talenten auch in Zukunft gut aufgestellt?

Hambüchen: Nachwuchs ist bei uns aktuell ein schwieriges Thema, bedingt durch verschiedene Faktoren. Zum Beispiel braucht es nicht nur Mittel für Turnhallen, sondern auch für Trainerstellen. Die müssen mit ausgebildeten Fachkräften besetzt sein. Hinzu kommt, dass G8 und die Ganztagsschulen die Förderung der Talente weiter erschweren. Nicht alle Eltern wollen ihre Kinder mit acht Jahren ins Internat stecken - verständlicherweise. Ich bin trotzdem optimistisch, dass wir in den nächsten Jahren auch wieder eine stärkere Generation hervorbringen werden. Wir dürfen jetzt keine Panik schieben.

SPOX: Vor wenigen Jahren gab es beim DTB noch keinen Grund zur Sorge. Neben Ihnen waren beispielsweise auch Marcel Nguyen oder vor seinem Karriereende Philipp Boy international sehr erfolgreich. Waren die guten Ergebnisse vor allem das Produkt des großen Konkurrenzkampfes innerhalb des deutschen Teams?

Hambüchen: Dass gleich mehrere Athleten den Anspruch hatten, die Nummer eins zu sein, haben wir insgesamt als sehr positiv empfunden. Somit war der Druck, der von außen kam, auf einige Personen verteilt. Das hatte auch den Nebeneffekt, dass uns ein größeres Medieninteresse zuteilwurde. Der Sport wurde durch mehrere Leute noch besser präsentiert.

SPOX: Trotz des Mannschaftswettbewerbs ist Turnen immer noch ein Einzelsport. Sind da wirkliche Freundschaften überhaupt denkbar?

Hambüchen: Mit dem Einen ja, mit dem Anderen eher nicht - das ist von Typ zu Typ unterschiedlich. Grundsätzlich trainieren wir zusammen und pushen uns gegenseitig. Es ist immer cool, ein Team hinter dir zu haben, das dich unterstützt und anfeuert. Im Nationalkader ist das Klima aktuell richtig gut. Es gab aber auch schon schwierigere Zeiten.

SPOX: Welche meinen Sie?

Hambüchen: Es ist kein Geheimnis, dass Philipp Boy und ich nicht unbedingt die besten Freunde waren. Ich habe ihm jeden Erfolg gegönnt, das tat vor allem dem Turnen gut. Wir persönlich sind aber so verschieden und haben unterschiedliche Interessen, sodass es damals nicht so harmonierte, wie das momentan der Fall ist.

SPOX: Generell sind Sie doch aber ein umgänglicher Typ?

Hambüchen: Ich bemühe mich jedenfalls darum.

SPOX: Sieht Ihr Vater das im Training genauso?

Hambüchen: Die Vater-Sohn-Konstellation kann schon anstrengend sein (lacht). Bei zwei Hitzköpfen wie uns kracht es immer wieder mal. Eine Korrektur nimmt man schnell als Kritik auf. Wir haben aber gezeigt, dass wir gut zusammenarbeiten können und uns immer zusammenraufen, wenn es mal schlecht läuft. Ich weiß, dass ich ihm alles zu verdanken habe.

SPOX: Eifern Sie ihm eines Tages nach? Immerhin haben Sie sich im Studium für den Schwerpunkt Sportwissenschaft entschieden, nachdem Sie vor nicht allzu langer Zeit noch sagten, dass Sie sich vorstellen könnten, im Bereich Medien oder Marketing zu arbeiten.

Hambüchen: Mir ist im letzten halben Jahr klar geworden, dass ich später als Trainer arbeiten möchte. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass ich in diesem Beruf auch alt werde. Solche Tätigkeiten lassen sich gut mit Managementaufgaben kombinieren. Wenn ich einen wirklich guten Sportler nicht nur trainieren, sondern durch Knowhow und Netzwerke auch selbst vermarkten kann, ist allen geholfen. In Stuttgart habe ich in all diese Richtungen viele Anlaufstellen.

SPOX: Bis dahin haben Sie aber sicher noch einen ganz bestimmten Einzeltitel im Kopf: Am Reck haben Sie 2008 olympisches Bronze geholt, 2012 Silber. Folgt 2016 in Rio die goldene Krönung?

Hambüchen: Natürlich habe ich schon immer den Traum gehabt, olympisches Gold zu holen. Da muss aber schon alles zusammenpassen. Man versucht, immer noch mehr Schwierigkeit in die Übungen zu packen. Für mich geht es jetzt aber primär darum, das, was ich kann, stabil zu machen. Ich bin aus dem Alter raus, noch großartig neue Dinge zu lernen. Olympia steht jetzt aber noch gar nicht im Fokus. Erst einmal geht es darum, uns überhaupt dafür zu qualifizieren.

Seite 1: Hambüchen über seine Mitgliedschaft beim FC und die European Games

Seite 2: Hambüchen über seinen Umgang mit Boy und Zukunftspläne

Artikel und Videos zum Thema