Darts-WM - die Queen, die Teenie-Sensation, die Favoriten: Das große Power Ranking mit Elmar Paulke

DAZN-Kommentator Elmar Paulke hat für SPOX wieder sein Power Ranking zur WM aufgestellt.
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4. Jonny Clayton (PDC Order of Merit: 8)

2020 ging die unglaubliche Reise des Jonny Clayton los. An der Seite von Gerwyn Price holte er für Wales den World Cup und irgendwie war dieser Moment ein Auslöser für ein überragendes Jahr 2021, in dem der 47-Jährige über weite Strecken schlicht und ergreifend "unstoppable" war.

Masters: Gewonnen. Check. Premier League: Gewonnen. Check. World Grand Prix: Gewonnen. Check. World Series of Darts Finals: Gewonnen. Check. Clayton war so on fire, dass es eine Phase gab, in der jedes Finish der Welt auf dem Scoreboard hätte stehen können, man hätte immer gedacht: der Clayton checkt das.

So ganz konnte The Ferret die Form zuletzt nicht mehr konservieren, es wäre ehrlich gesagt auch etwas zu viel des Guten gewesen. Dennoch muss man mit Clayton, der verrückterweise nach wie vor seinem ganz normalen Job als Verputzer nachgeht, natürlich alles zutrauen - auch den WM-Titel. Der potenzielle Weg ins Halbfinale (Clemens, Smith, Price) hat es allerdings in sich - ein Duell mit seinem Kumpel Price im Viertelfinale hätte das Potenzial zum Match des Turniers.

Elmar Paulke: "An Claytons atemberaubender Phase kann man ganz gut festmachen, dass sich Darts gar nicht so sehr im Scoring nochmal so verbessert hat, aber im Checken. Claytons Doppelquote war ja irrwitzig gut und lag teilweise bei über 70, 80 Prozent. Wir erinnern uns, wie er die 170 und 164 nacheinander ausgemacht hat beim Grand Prix, als gäbe es kein Morgen. Das war schon ein sehr ungewöhnlicher Lauf, den er dort geschoben hat. Er hat auch eine tolle Haltung bekommen auf der Bühne. Er ist selbstbewusst, aber ohne arrogant zu wirken. An ihm kannst du dich überhaupt nicht reiben, er verhält sich immer total korrekt, aber trotzdem hat er den Killerinstinkt."

3. Michael van Gerwen (PDC Order of Merit: 3)

Unfassbar, aber wahr: Michael van Gerwen hat seit über einem Jahr (Players Championship Finals 2020) kein Major-Turnier mehr gewonnen. Null. Nada. Niente. Es dauerte auch bis Anfang November, ehe MvG wenigstens mal wieder auf der Pro-Tour erfolgreich war und so seine Durststrecke beendete.

Das heißt aber nicht, dass der 32-Jährige schlecht spielt. Im Gegenteil: Wenn man nur danach gehen würde, wer in den vergangenen Monaten die besten Averages spielt, dann müsste van Gerwen im Ranking an der Eins stehen. Er spielt gut und ist ohne Zweifel auch wieder einer der Topfavoriten für die WM, aber warum auch immer bringt er sein Spiel noch nicht wieder über ein ganzes großes Turnier zusammen.

Es muss den Niederländer innerlich zerreißen, nicht an der Spitze der Weltrangliste zu stehen und dabei zuschauen zu müssen, wie seine großen Rivalen die großen Trophäen abräumen. Er kann es aktuell wohl selbst nicht greifen, woran es liegt, dass er in entscheidenden Phasen und Matches nicht mehr die Dominanz früherer Tage ausstrahlen kann.

Es sollte eigentlich mindestens ins Halbfinale (potenziell gegen Wright) gehen, aber wenn MvG im Achtelfinale an Humphries scheitern würde, würde das auch keinen schocken. Das beschreibt van Gerwen im Dezember 2021 vielleicht ganz gut.

Elmar Paulke: "Mir geht es bei van Gerwen wahrscheinlich wie vielen anderen. Ich sehe ihn zwei, drei Runden spielen und denke mir: MvG ist wieder da! Und dann sehe ich sein nächstes Match und stelle fest: okay, doch nicht. Er hat in jedem Turnier diese unerklärlichen Aussetzer. Matches, bei denen überhaupt nichts zusammenläuft, bei denen er nicht einmal dazu kommt, laut zu werden, sondern teilweise sang- und klanglos verliert. Früher hat er sich auch mit seinem B-Game durch Matches gefummelt, wenn es nicht sein bester Tag war, das gelingt ihm nicht mehr. Dennoch ist er spielerisch insgesamt top drauf. Ich glaube, dass er sehr aufmerksam sein wird bei jedem Match bei der WM, weil er weiß, dass er aufpassen muss, nicht die Kontrolle zu verlieren. Vielleicht hilft ihm das."

Michael van Gerwen
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Michael van Gerwen

2. Peter Wright (PDC Order of Merit: 2)

Nachdem Snakebite sich im Sommer auf beeindruckende Art und Weise den Titel beim World Match Play holte, schlitterte der Schotte in eine einigermaßen veritable Schaffenskrise. Ein Hauptgrund dafür waren sicherlich die schwerwiegenden gesundheitlichen Probleme am Rücken von Ehefrau Joanne. Wright hatte Wichtigeres im Kopf als Darts - Motivationsprobleme waren die Folge.

Zuletzt war Joanne aber wieder bei Turnieren dabei und schon war - fast - der alte Snakebite wieder da. Beim Grand Slam verlor er noch das Finale gegen Price, aber danach folgte bei den Players Championship Finals genau rechtzeitig vor der WM der Triumph, der den 51-Jährigen mit einem sehr guten Gefühl in den Ally Pally kommen lassen wird.

Es war der fünfte Major-Sieg für den Weltmeister von 2020 innerhalb der letzten zwei Jahre.

Elmar Paulke: "Snakebite hat genau rechtzeitig die Kurve bekommen. Er hat gezeigt, dass er da ist, auch wenn es noch nicht sein A-Game war. Das wird aber bei der WM kommen, da bin ich sicher. Bei ihm finde ich vor allem interessant, wie er sich als Typ verändert hat. Früher war er ja derjenige, der zu allen nett war, sehr introvertiert und zurückhaltend, wenn er nicht kostümiert in seine Rolle schlüpft. Aber jetzt ist er viel selbstbewusster geworden, er geht Konflikten nicht aus dem Weg, sondern sucht sie eher, indem er in Interviews provoziert und sagt, dass MvG kein Turnier gewinnen wird. Auch bei den Reibereien zuletzt mit Lewis war es mein Eindruck, dass es Wright war, der Lewis damit aus der Konzentration bringen wollte. Er wurde jetzt auch schon ein paar Mal ausgebuht, das ist alles sehr ungewöhnlich. Aber vielleicht tut es seinem Spiel gut."

1. Gerwyn Price (PDC Order of Merit: 1)

Ein Jahr, nachdem sich Price durch einen 7:3-Erfolg im Finale gegen Anderson seinen ersten WM-Titel holte und zur neuen Nummer eins der Darts-Welt wurde, steht der Waliser nach wie vor an der Spitze der Rangliste und muss auch als Topfavorit für einen erneuten Triumph gelten.

Der überzeugende Sieg im Grand-Slam-Finale gegen Wright (16:8), sein erster Major-Titel seit der WM, war wichtig für den Iceman. Dass er bei den Players Championship Finals früh rausflog, sollte man nicht zu hoch hängen. Price beklagte sich im Anschluss über die - kalten - Bedingungen, er hätte auch keine Heizung auf seinem Zimmer gehabt. Das war wohl alles nix. Der 36-Jährige war froh, abreisen zu können. Die Niederlage wird ihn keine Sekunde mehr beschäftigt haben.

Interessanter ist da sein Umgang mit den Fans. Wie aggressiv wird sich Price bei der WM geben? Wie werden die Fans auf ihn reagieren? Price selbst machte es über seine Social-Media-Kanäle zum Thema, er scheint offenbar nicht mehr so recht seiner Intuition zu trauen und versuchte zuletzt, seine Aggressionen bewusster einzusetzen und nicht immer steil zu gehen.

Würde er sich aber zu sehr entgegen seiner Natur zurücknehmen, kann das seinem Spiel nur schaden. Auf der anderen Seite ist der 36-Jährige immer für ein Eigentor gut, wie zuletzt beim World Grand Prix gesehen, als er die Fans im Interview auf der Bühne beschimpfte. Dann kannst du dich natürlich auch nicht beschweren, wenn du ausgebuht wirst...

Elmar Paulke: "Price ist für mich deshalb die Nummer eins im Ranking, weil ich bei ihm das Gefühl habe, dass er sein Spiel zusammenbekommt, wenn es wichtig wird. Wenn er da sein muss, ist er da. Er wirkt sehr stabil auf mich, im Unterschied zu Wright und van Gerwen hat er diese Ausreißer nach unten nicht. Er wird es auch genießen, als Titelverteidiger in den Ally Pally zu kommen, das wird ihn nicht belasten, das wird ihn beflügeln."