Darts-WM - die Queen, die Teenie-Sensation, die Favoriten: Das große Power Ranking mit Elmar Paulke

DAZN-Kommentator Elmar Paulke hat für SPOX wieder sein Power Ranking zur WM aufgestellt.
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Die Österreicher: Mensur Suljovic, Rowby-John Rodriguez und Rusty-Jake Rodriguez

Mensur Suljovic (PDC Order of Merit: 26)

Suljovic ist eine echte Wundertüte. Nach einer ganz schwierigen Phase und dem Absturz in der Weltrangliste aus den Top-25 war im Herbst plötzlich wieder der alte Mensur zu sehen. Mit starken Averages, guten Finishes, mit einer kämpferischen Körpersprache, voll motiviert. Die Frage ist aber, ob das nur ein kurzes Aufflackern war, oder ob mit dem 49-Jährigen wirklich wieder zu rechnen ist. Die fehlende Matchpraxis bereitet in jedem Fall im Vorfeld der WM Sorgen.

Das erste Match gegen Alan Soutar oder Diogo Portela sollte Suljovic gewinnen, danach würde in Runde drei wohl der an sieben gesetzte Portugiese Jose de Sousa warten. The Special One war zuletzt zwar auch nicht in Bestform, dennoch wäre es eine Überraschung, wenn Suljovic sich hier würde durchsetzen können.

Hey, Mensur, immerhin ist Angstgegnerin Fallon Sherrock im Draw so weit weg, dass dieser Albtraum kein neues Kapitel finden wird.

Elmar Paulke: "Mensur ist ganz schwer einzuschätzen. Auch wenn er ja ganz früh in seiner WM-Karriere mal das Achtelfinale erreichte und die damalige Nummer zwei, James Wade, schlug, ist es einfach keine Liebesbeziehung zwischen Mensur und der WM. 'Die WM ist nicht mein Ding' - so einen Satz kannst du eigentlich nicht sagen, aber für Mensur ist es so. Vielleicht hilft es ihm, dass er ohne hohe Erwartungen anreisen kann, und wenn er das Niveau aus dem Herbst erreicht, kann er ein paar Runden gewinnen. Aber im Normalfall wird er leider nicht lange dabei sein."

Rowby-John Rodriguez (PDC Order of Merit: 79) und Rusty-Jake Rodriguez (PDC Order of Merit: 91)

Die Rodriguez-Brüder sind vielleicht die größeren österreichischen Hoffnungen als Suljovic. Für die Zukunft ohnehin, aber vielleicht auch schon in diesem Jahr. Sowohl der 27-jährige Rowby-John als auch der 20-jährige Rusty-Jake haben schon häufig genug bewiesen, dass sie großes Potenzial besitzen. Man denke an die starken Auftritte von Rowby-John in diesem Jahr beim World Cup, als er ein entscheidender Faktor für den Finaleinzug der Österreicher war.

Oder man denke an die überragenden Leistungen von Rusty-Jake auf der Development Tour. In der Geschichte gab es dort fünfmal einen Average über 110, dreimal war Rusty-Jake dafür verantwortlich. Das zeigt, dass es eigentlich nur eine Frage der Zeit ist, bis der Durchbruch auf großer Bühne kommt.

Ist es vielleicht bei der WM soweit? Beide haben ähnliche Auslosungen. Nach einem machbaren Auftakt (Rowby-John gegen Nick Kenny / Rusty-Jake gegen Ben Robb) würden starke Gegner warten (Luke Humphries vs. Rowby-John / Chris Dobey vs. Rusty-Jake), die an einem normalen Tag noch eine Nummer zu groß erscheinen. Was aber nicht heißt, dass ihnen ein großes Ding nicht zuzutrauen wäre.

Elmar Paulke: "Alle Rodriguez-Brüder sind selbstbewusste Jungs. Rusty-Jake hat bei mir beim Grand Slam zuletzt sehr gut gefallen. Es gibt nicht viele Spieler außerhalb der Top-50, die so ein hohes Niveau spielen können wie er. Das ist schon bemerkenswert. Ja, es fehlt noch die Konstanz, aber an einem guten Tag kann er praktisch jedem Gegner wehtun. Und für Rowby-John war es nach dem Verlust der Tourkarte auch ein ganz wichtiges und lehrreiches Jahr. Das musst du erstmal schaffen, ohne Tourkarte dich als Nachrücker so durchzubeißen, dass du es zur WM schaffst."

Namen, über die wir sprechen müssen: Gary Anderson, Raymond van Barneveld und Fallon Sherrock

Gary Anderson (PDC Order of Merit: 6)

Der Flying Scotsman ist immer noch die Nummer sechs der Welt, aber er war nicht mal einen Gedanken wert, hier im Power Ranking zu den Top-8 gehören zu können. So tief ist Anderson gefallen. So schlecht war der Schotte in diesem Jahr. Selbst die größten Anderson-Fans hatten über weite Strecken körperliche Schmerzen beim Zuschauen, so weit ist der 50-Jährige von dem Gary Anderson entfernt, der zweimal die WM gewann und mit seiner atemberaubenden Art und Weise, Darts zu spielen, so viele Fans begeisterte.

Dass Anderson bei der letzten WM das Finale erreichte, glich schon einem kleinen Wunder, dieses Mal scheint das komplett ausgeschlossen. Da ändern auch einige wenige gute Auftritte zuletzt beim Grand Slam nichts. Interessant: In Runde zwei könnte es sofort zu einem echten Kracher gegen Adrian Lewis kommen. Anderson vs. Lewis - so hieß zweimal das WM-Finale, jetzt sehen sich die beiden eventuell in Runde zwei und beide kommen als totales Fragezeichen daher.

"Ooooh, Gary, Gary, Gary, Gary, Gary, Gary Anderson!" Nicht auszuschließen, dass wir im Ally Pally zum letzten Mal die berühmten Anderson-Gesänge hören, eine große Karriere neigt sich immer mehr dem Ende zu.

Elmar Paulke: "Egal, welche Probleme er hatte, Anderson war immer in der Lage, noch ein oder zwei Highlights zu setzen, wie im vergangenen Jahr bei der WM und beim World Match Play. Dazu ist er nicht mehr imstande, dazu fehlen ihm einfach die Turniere und die Matchpraxis. Ich finde, dass du es ihm im Gesicht und in den Augen ansiehst, dass er selbst weiß, dass er nicht gut spielen wird. Bis auf ganz wenige Ausnahmen schafft er es einfach nicht, in ein gutes Gefühl hereinzukommen, das er dann zelebrieren könnte. Ich traue ihm nichts Großes zu."

Raymond van Barneveld (PDC Order of Merit: 68)

Was genau ist eigentlich der Plan von Raymond van Barneveld? Nach seinem zwischenzeitlichen Karriereende ist Barney zwar wieder da, irgendwie aber auch nicht. Er hat beim Grand Slam zwar keinen schlechten Eindruck gemacht, aber einer Legende wie van Barneveld kann es nicht darum gehen, keinen schlechten Eindruck zu machen.

Barney wird im nächsten Jahr 55 Jahre alt, will er vielleicht im kommenden Jahr auf die neue Seniors Tour wechseln und es mit seinem alten Kontrahenten Phil Taylor aufnehmen? Auf der PDC Tour ist er aktuell im Niemandsland gefangen. Er müsste eigentlich die Ochsentour machen und sich mühevoll wieder in der Weltrangliste nach oben arbeiten, aber will er sich das wirklich nochmal antun?

Die WM wird wegweisend sein. Denn: Nach einem machbaren Auftakt gegen Lourence Ilagan würde Ex-Weltmeister Rob Cross warten - da muss Barney zeigen, was er noch draufhat.

Elmar Paulke: "Das ist wirklich eine gute Frage, was Barneys Plan ist. Ich weiß es auch nicht. Ich glaube fast, dass er einfach nochmal auf einen echten Paukenschlag hofft, am besten bei der WM. Er hofft wahrscheinlich auf ein fettes Ding, vielleicht auch, um dann mit einem besseren Gefühl seine Karriere beenden zu können. Dieses fette Ding traue ich ihm aber nicht zu."

Fallon Sherrock (PDC Order of Merit: 94)

Fallon Sherrock ist ein Phänomen. Wenn die 27-Jährige am 19. Dezember in der Abend-Session gegen Steve Beaton antritt, wird ihr Match das Match des Abends sein. Und zwar ganz eindeutig. Die Fans werden ausrasten, wenn die "Queen of the Palace" auf die Bühne marschieren wird, der Hype wird wieder keine Grenzen kennen. Ein mögliches Drittrundenmatch gegen Gerwyn Price wäre wohl das Traumszenario für alle TV-Anstalten.

Und wenn man daran denkt, wie grandios Sherrock beim Grand Slam aufzockte, ist der Hype sogar berechtigt. Ihre Finishes gegen Clemens waren eine absolute Sensation, genauso wie ihre beeindruckende Leistung bei ihrer knappen Viertelfinal-Niederlage gegen Wright.

Allerdings war der Grand Slam 2021 einer von gerade mal zwei Auftritten auf der großen Bühne. Das ist praktisch nichts. Sherrock hält aktuell nicht mal eine Tourkarte und ist lediglich die Nummer 94 der Welt. Dennoch wird sie von so manchem in die Premier League geredet, weil sie marketingtechnisch jetzt schon so ein enormes Zugpferd ist.

Es wird spannend zu sehen sein, wie ihr Weg bei der WM und danach weitergeht.

Elmar Paulke: "Rein sportlich geht Fallon als Favoritin in das Match gegen Steve Beaton, wenn wir ihre Leistungen beim Grand Slam zugrunde legen. Aber unterschätzt mir den Bronzed Adonis nicht. Der wird das Publikum ganz easy händeln und sich nicht ins Höschen machen, der ist da ganz entspannt, zumal er selbst eine Legende ist und jedes Jahr nur noch mehr abgefeiert wird. Das wird ein heißes Match. Ich bin gespannt, wie Fallon mit den eigenen Erwartungen umgeht, die werden sich verändert haben. Kann sie dieses Niveau wirklich halten, das ist die entscheidende Frage, da bin ich echt gespannt."