Schalke-Leihgabe Nassim Boujellab im Interview: "Ich hätte mit den Fans gejubelt, die die Mannschaft attackiert haben"

In der Saison 2020/21 stieg Nassim Boujellab mit dem FC Schalke 04 aus der Bundesliga ab.
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Abstieg mit dem FC Schalke 04, Suspendierung beim FC Ingolstadt: Nassim Boujellab hat schwierige Zeiten hinter sich. Aktuell rehabilitiert er sich in Helsinki, wo ihn SPOX und GOAL zum Interview trafen. Der 23-jährige Mittelfeldspieler erzählt vom durchtrainierten Norbert Elgert, von der Fan-Attacke auf die Schalker Mannschaft und seiner FIFA-Leidenschaft.

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Herr Boujellab, Sie spielen seit vergangenen Winter per Leihe bei HJK Helsinki in Finnland. Wie sind Ihre bisherigen Eindrücke?

Nassim Boujellab: Auf der Straße haben mich bisher mehr Schalke- als Helsinki-Fans angesprochen: mindestens 20 Schalker, aber nur ein Finne. Fußball ist hier deutlich unwichtiger als beispielsweise Eishockey. Wir sind die beste Mannschaft Finnlands, das Niveau der Liga ist aber kein Vergleich zur Bundesliga.

Wie kam der Wechsel nach Finnland zustande?

Boujellab: Anfang der vergangenen Saison hat mich Schalke nach Ingolstadt verliehen. Dort lief es aus unterschiedlichen Gründen leider nicht, wie es sich alle Parteien vorgestellt haben. Deswegen habe ich den Klub im Winter verlassen. Als diese Entscheidung getroffen wurde, war das Transferfenster in Deutschland aber nur noch wenige Tage offen. Weil meine sportliche Perspektive auf Schalke nicht optimal war, haben wir uns nach Alternativen umgeschaut. Als mich meine Berater über die mögliche Option Helsinki informierten, habe ich sofort zugeschlagen. Sportlich gesehen war der Wechsel für mich möglicherweise ein halber Schritt zurück, aber das Wichtigste ist durch Spielpraxis wieder zwei Schritte nach vorne zu machen.

Was ist in Ingolstadt genau vorgefallen? Der Klub hatte Sie nach eigener Auskunft wegen "wiederholten Verstößen gegen klub- und mannschaftsinterne Regeln" suspendiert.

Boujellab: Der Trainer hatte mich als seinen absoluten Wunschspieler verpflichtet, und anfangs kam ich auch zu meinen Einsätzen. Als sich die sportliche Situation jedoch zuspitzte, durfte ich auf einmal nicht mehr spielen. Rückblickend habe ich mir auch einige Dinge anzukreiden, die ich heute anders handhaben würde. Die Zeit in Ingolstadt war schwierig für meinen Kopf. Am Ende kann ich aber auf jeden Fall sagen, dass sie mich persönlich extrem weitergebracht hat. Meine Frau, meine Eltern und mein Berater haben mir dabei sehr geholfen.

Wie hat Schalke auf die Vorfälle in Ingolstadt reagiert?

Boujellab: Sie hätten mich fallen lassen können, aber genau das Gegenteil ist passiert. Asa (Gerald Asamoah, Anm. d. Red) und Mike (Büskens, Anm. d. Red.) haben lange mit mir über die Gründe gesprochen. Sie haben immer ein offenes Ohr für mich. Ich würde behaupten, dass ich zu Asa und Mike eine speziellere Beziehung habe als andere Spieler. Wir drei leben für Schalke, das verbindet. Seit meinem Abschied vor einem Jahr ist es mein größtes Ziel, zu Schalke zurückzukehren. Ich liebe den Verein und würde am liebsten mein restliches Leben bei Schalke verbringen.

Nassim Boujellab: Seine bisherige Profi-Karriere

SaisonKlubPflichtspieleToreAssists
2018/19FC Schalke 048-1
2019/20FC Schalke 0413--
2020/21FC Schalke 04131-
2021/22FC Ingolstadt 048--
2022HJK Helsinki181-

Gerald Asamoah fungiert bei Schalke als Leiter des Lizenzbereichs. Wie tickt er?

Boujellab: Asamoah liebt Menschen, die das Beste aus sich herausholen. Ob er dich wirklich mag, zeigt er anfangs aber nicht. Ich habe mich oft gefragt: Mag er mich? Mag er mich nicht? Besonders in Erinnerung geblieben ist mir ein Gespräch mit ihm, als ich nach meinen ersten Profieinsätzen zur Reserve zurückgestuft wurde. Ich hatte damals ein sehr gutes Angebot von Bochum, das ich annehmen wollte. Doch dann kam Asa auf mich zu und hat gesagt: "Bleib hier! Du wirst hier Profi! Du schaffst das!" Ich habe auf Asa gehört und habe es geschafft. Ich habe ihm viel zu verdanken, genau wie meinen ehemaligen Trainern Mike, Huub Stevens, Torsten Fröhling, Frank Fahrenhorst und Norbert Elgert.

Norbert Elgert gilt als der Talente-Entwickler schlechthin. Was fällt Ihnen als Erstes ein, wenn Sie an die Zeit mit ihm denken?

Boujellab: Wenn du nicht umsetzt, was er von dir fordert, dann spielst du keine Sekunde. Einmal hat er mir gesagt, dass ich körperlich stärker werden soll. Deshalb bin ich vor und nach jedem Training wie ein Verrückter ins Gym gegangen. Er selbst kam regelmäßig vorbei - und hat immer mehr Klimmzüge geschafft als ich und alle anderen Spieler. Du willst natürlich nicht schwächer sein als dein Trainer und arbeitest deswegen umso härter. Er ist ein super Vorbild. Wenn ich eines Tages in diesem hohen Alter noch so einen Körper habe, bin ich mit meinem Leben sehr zufrieden. Ich hatte schon viele Trainer, aber keiner war körperlich fitter als er.