Einmal Ultra, Always Ultra

Von Stefan Moser
Bedenklich: Hoffenheims Ultra-Szene rüstet immer weiter auf
© Getty

Der FC Bayern kann wieder aus eigener Kraft Meister werden und damit ist die Welt wieder in Ordnung. Doch dann kommt direkt aus der Wortspielhölle: Die Alternative Liste des 15. Spieltags! Mit schmutzigen Details zum Liebesleben der Liga, bayerischen Abgründen und den Launen des Fußballgottes zu Stuttgart.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

1. Konstruktivismus für Teletubbies: Die Tatsache, dass die Wirklichkeit nur eine Frage der Interpretation ist, hat für manche Menschen durchaus ihre Vorteile. Zum Beispiel für Mike Hanke. Nach dem Unentschieden gegen Dortmund bekam Gladbachs Stürmer nämlich von Jürgen Klopp eine gescheuert - und legte sich das folgendermaßen zurecht: "Ich glaube, das war nicht ernst gemeint, das macht er ja teilweise bei seinen Spielern auch." Bis dahin, Hanke, glauben wir auch gerne mit! Den Weg zu Ihrer letzten Schlussfolgerung allerdings - den müssten Sie dann doch alleine gehen: "Vielleicht hätte er mich gern in Dortmund." Das ist natürlich Unsinn, aber trotzdem auch irgendwie erbaulich. Denn wer in der Lage ist, aus einer Ohrfeige noch derart anregende Schlüsse zu ziehen, der wird sein Leben lang mit einem Lächeln durch die Welten wandeln. Oder irgendwann im Sado-Maso-Klub aufkreuzen.

2. Apropos Sado-Maso: Mental in Lack und Leder rückte auch Hertha-Trainer Markus Babbel zum Auswärtsspiel in Kaiserslautern an. Erst setzte er Kapitän Andre Mijatovic an dessen Geburtstag das erste Mal seit Januar auf die Bank, nur damit sich sein Ersatz Maik Franz ohne gegnerische Einwirkung nach einer halben Stunde das Kreuzband reißt. Dann knebelte er auch noch die eigene Offensivabteilung und steckte die gesamte Mannschaft in ein viel zu enges Korsett. Lust am Quälen, Babbel? Oder einfach nur keine Lust auf eine Vertragsverlängerung?

3. Apropos Kaiserslautern: Wild gestikulierend stand FCK-Coach Marco Kurz nach dem 1:1 gegen Berlin vor der eigenen Kurve und berichtete bei seiner Rückkehr süffisant: "Ich musste einem Herrn erläutern, wie Fußball geht. Er hat es verstanden. Damit war es erledigt." Saubere Arbeit, Kurz, aber warum weihen Sie nicht auch gleich Ihre Stürmer in die Geheimnisse Ihrer Zunft ein? Der schwächste Angriff der Liga schoss nämlich gegen Hertha stolze 24 Mal aufs Tor. Getroffen aber hat er wieder nicht. Den Ball zum 1:0 für Kaiserslautern köpfte Roman Hubnik sehenswert ins Tor. Und der ist Lustsklave von Markus Babbel.

4. Privates Glück: Eine etwas pervertierte Lust am Fußball hat mittlerweile auch Bayerns Danijel Pranjic entwickelt. Bis zum Wochenende hatte der in der Bundesliga eine Gesamtspielzeit von genau einer Minute auf dem Buckel.

Gegen Werder nun wurde er wieder in der Nachspielzeit eingewechselt. Und kaum hatte er einen Fuß auf den Rasen gesetzt, pfiff Schiri Meyer die Partie ab. Was Pranjic ein merkwürdig verzücktes Taj-Mahal-Lächeln auf die Lippen zauberte. Auflaufprämie kassiert? Läuft!

5. Ironie des Schicksals: Eigentlich hatte der Fußballgott schon zugesagt, Christian Gentner in dieser Woche mal zum Matchwinner zu machen. Ein Doppelpack für Stuttgart gegen Köln - das muss doch reichen! Es reichte nicht. Denn in der 88. Minute bekam der Weltenlenker dann doch leichte Zweifel, ob das Publikum die Ironie auch wirklich verstehen würde. Zur Sicherheit schenkte er Lukas Podolski also auch noch einen zweiten Treffer: Ausgleich, Unentschieden, Matchwinner ade, bitter für Gentner! Immerhin wurde der vom Schicksal Betrogene hinterher zum Spieler des Spiels gekürt und bekam als Belohnung das neue Videospiel "FIFA 2012" überreicht. Groß und strahlend auf dem Cover: Lukas Podolski. Auch Gentner hatte keine Sinn für Ironie und trat murmelnd von der Bühne: "Was für ein Scheißdreck."

6. Prioritäten: Der kleine hässliche Bruder der Prominenz ist der Zynismus. Dafür kann der Prominente nichts, die Prioritäten setzt auch hier "der Markt". Wenn zum Beispiel, wie in dieser Woche, Lukas Podolski mit seinem Mercedes auf einen Dacia hinten drauf knallt und die vierköpfige Familie im Kleinwagen mit Schürfwunden und einem Veilchen davonkommt: Wie lautet dann die Schlagzeile? Natürlich: "Lukas Podolski bei Verkehrsunfall unverletzt."

7. Milieustudien im Stadion: In Sachen Bildregie hat die Produktionsfirma von Sky durchaus ihre Macken. Die zum Beispiel, grundsätzlich die Entstehung von Toren aufgrund unwichtiger Zeitlupen oder absurder Großaufnahmen zu verpassen. Dafür aber hat sie ein erstklassiges Gespür für Lokalkolorit und feinsinnige Milieustudien. Beim Spiel Schalke gegen Augsburg etwa suchten die Kameras immer wieder auf der Tribüne den Kontakt zum Volk. Und was fanden sie? Den verletzten Kapitän Benedikt Höwedes beim Currywurstmampfen und einen circa siebenjährigen Jungen mit Bierbecher in der Hand. Und da muss man auch mal den Symbolcharakter loben: Hut ab, Produktionsfirma! Mehr Schalke geht nun wirklich nicht!

8. Apropos Augsburg: Mal wieder hat der FCA auf Schalke phasenweise recht brav mitgespielt. Unterm Strich aber wird Augsburg ziemlich unbesungen wieder absteigen. Denn mal ehrlich: Wirklich Erstligaformat hat dort doch nur der Pornobalken von Jos Luhukay.

9. Bayerische Abgründe: "Erinnern Sie sich an meine Worte!", fing Bayern-Bösschen Christian Nerlinger seinen Vortrag am Samstag durchaus vielversprechend an - und hob noch vielversprechender den Zeigefinger.

Aber mit welcher donnernden Weisheit kam er aus der Nummer wohl wieder raus?

a) "Der Verfall der christlichen Werte wird die Welt in den Abgrund reißen!"

b) "Der Finanzkapitalismus wird die Welt in den Abgrund reißen!"

c) "Ich bin doch bloß Bayern-Bösschen, was weiß ich schon von Abgründen?"

d) "Breno wird noch voll super!"

10. Einmal Ultra, Always Ultra: Hoffenheim lernt wirklich schnell! Nicht die Fußballer, die haben auch in Leverkusen 0:2 verloren. Aber die mitgereiste Fanszene! Die protestierte nämlich gegen das skandalöse Durcheinander auf dem Platz, indem sie ihm einfach den Rücken zukehrte. Und zwar der ganze Hardcore-Ultra-Block der TSG! Geschlossen! Alle fünf! Sah irgendwie lässig aus...

11. Punk's not dead? Was ist eigentlich bei Almog Cohen schiefgegangen? Nürnbergs israelischer Nationalspieler wurde gegen den HSV eingewechselt - und hatte plötzlich blaue Haare. Kein Witz! Richtig dunkelblaue Haare! Aber warum nur? Kann ein Nürnberger uns das vielleicht erklären? Wenn jemand eine stichhaltige Begründung liefert, dann nehmen wir unter Umständen auch den folgenden blöden Zweizeiler zurück:

Was reimt sich auf Almog?

Der Glubb ist ein Schmock!

Der 15. Spieltag im Überblick

 

Artikel und Videos zum Thema