Andrea Petkovic nach ihrem Coup gegen Julia Görges: Ein Sieg für die Memoiren

Petkovic packte nach ihrem Sieg den Petko-Dance aus.
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Für die bislang größte Schlagzeile des WTA-Turniers in Linz hat Andrea Petkovic gesorgt. Am Mittwochabend warf sie völlig überraschend die topgesetzte Julia Görges aus dem Turnier, obwohl nach 45 Minuten absolut gar nichts für einen Sieg sprach. Doch dann folgte ein sagenhaftes Comeback, wie es sonst nur in Epen geschrieben steht.

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"Ich spielte gar nicht schlecht. Aber ich fühlte mich wie auf einem Kriegsschauplatz." Wild gestikulierend versucht Andrea Petkovic zu erklären, was ihr gerade widerfahren ist. Zunächst reißt sie die linke Hand zu einer Faust geballt nach oben, nur um kurz darauf ruckartig ihre Finger zu spreizen. Dann nimmt sie ihre rechte Hand hinzu und wiederholt die Geste.

"Pew, pew!", sagt sie mit erhobener Stimme, und erklärt, was sie damit meint: "es gab nur Asse und Returnwinner." Tatsächlich spielte ihre Gegnerin sie an die Wand. Ein einziger Punktgewinn sollte Petkovic in den Returngames des ersten Satzes gelingen, insgesamt machte sie acht Punkte, Görges mehr als drei Mal so viele.

"Noch nie in meiner Karriere spielte ich gegen eine bessere Gegnerin als Julia in den ersten eineinhalb Sätzen. Mir blieb nur noch, zu Gott zu beten, dass sie dieses Niveau nicht halten könnte."

WTA Linz: Andrea Petkovic nach abgewehrtem Matchball in Runde zwei

Ihre Gebete wurden erhört. Trotz heftigen Drucks von der Gegenseite versuchte Petkovic, etwas mehr Länge in ihre Schläge, und Görges damit etwas von der Grundlinie weg zu bekommen. "Ich fing auch an, ihren Aufschlag besser zu lesen - oder besser gesagt, meine Augen gewöhnten sich besser an die Geschwindigkeit", erklärt Petkovic.

Görges wurde plötzlich nervös, da ihre größte Waffe plötzlich abgestumpft war. Petkovic wurde von Minute zu Minute sicherer, während die Wimbledon-Halbfinalistin immer mehr Fehler einstreute. Das letzte Wort in der Partie hatte Petkovic, die am Ende gar nicht mehr wusste, dass sie im zweiten Satz einen Matchball abwehrte.

"Vor allem die Art und Weise, wie ich gewonnen habe, gibt mir noch mehr Selbstvertrauen", sagt die sechsfachte WTA-Titelträgerin. Seit Anfang September steht Petkovic bei einer Match-Bilanz von 6-2 Siegen. Wünsche sie sich, dass die Saison noch ein paar Wochen andauert?

"Mental, ja. Emotional, ja. Körperlich, nein, ich brauche eine Pause." Immer gegen Ende einer Saison bekommt Petkovic Schmerzen in ihrem Knie - ein chronisches Leiden, das durch die klimatischen Bedingungen bei den Turnieren in China ausgelöst wird.

Andrea Petkovics WTA-Turniersiege

JahrTurnierBelag
2009Bad GasteinSand
2011StraßburgSand
2014CharlestonSand
2014Bad GasteinSand
2014SofiaHartplatz (Halle)
2015AntwerpenHartplatz (Halle)

"Es ist ziemlich feucht in Wuhan und Guangzhou, das gefällt dem Knie nicht und es schwillt an", erklärt Petkovic. Auch deshalb versucht sie, in der Turnierplanung smarter zu agieren.

"Ich machte den großen Fehler, mich wie eine Top-10-Spielerin zu verhalten, ohne es zu sein. Dabei spielte ich viel zu viele Matches, um Punkte zu sammeln." Ihr Trainer Jan de Witt habe ihr erst nahegelegt, ihre Denkweise zu überarbeiten.

So habe sie in den vergangenen Monaten nach jedem Turnier immer zwei Wochen Pause eingelegt - mit Erfolg. Sie merkte, dass sie ihr Niveau viel besser halten könne und körperlich keine Einbrüche erleide.

Petkovic freute sich über ihren Sieg.
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Petkovic freute sich über ihren Sieg.

Petkovic plant autobiografischen Roman: "Ich werde kläglich scheitern"

Für die Offseason zwischen Ende Oktober und Ende Dezember hat die Hobby-Schriftstellerin Petkovic schon interessante Pläne geschmiedet. Sie will versuchen, ihre Memoiren zu schreiben. "Es soll keine klassische Sportler-Biografie werden, sondern mehr über allgemeine Dinge im Leben gehen. Dabei werde ich jedoch den einen oder anderen Namen ändern, ein paar Dinge hinzudichten und es in einen Roman verpacken. Ich will nämlich nicht permanent in den Boulevardmedien stehen."

Für dieses Unterfangen hat sich Petkovic bereits eine kleine Hütte in Upstate New York gemietet. Anstatt eines strikten Trainingsplans soll ein Spaziergang im Wald, zwei Stunden lesen und eben vier bis fünf Stunden schreiben auf dem Programm stehen.

"Noch bin ich mir aber nicht sicher, ob ich nicht nach drei Tagen einen Nervenzusammenbruch erleide", scherzt Petkovic. "Ich fürchte, ich werde kläglich scheitern, aber es wird Spaß machen. Vielleicht geht es in meinem Buch am Ende darum, wie ich dabei scheitere, ein Buch zu schreiben, wer weiß." Bis dahin versucht sie, sich in die Siegerinnenliste von Linz einzutragen.

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