Von Jens Huiber aus Kitzbühel
Taktisch-psychologisch ist Philipp Kohlschreiber eine Meisterleistung zu attestieren: Natürlich sei Fabio Fognini als Favorit für das freitägliche Halbfinale bei den Generali Open zu sehen, so die langjährige deutsche Nummer eins nach seinem Krimi gegen Dusan Lajovic in der Runde der letzten Acht. Schließlich sei Fognini ja an Position zwei gesetzt, wen kümmert da schon eine 2:5-Bilanz aus Sicht des Italieners?
Der vermeintliche Favorit setzte dort an, wo er gegen Thomaz Bellucci aufgehört hatte, stand im Feld, diktierte bei Temperaturen nahe der 40 Grad als Aufschläger die Punkte. Kohlschreiber gelang im siebten Spiel dennoch das erste Break, das der gebürtige Augsburger aber umgehend zurückgab. Nicht so beim Stand von 6:5, das sich Kohlschreiber via Break erarbeitet hatte: Der Kitzbühel-Champion von 2015 servierte sicher aus.
Solofahrer
Fognini hat in den letzten Wochen einige Reisekilometer hinter sich gebracht. Die Aussicht auf eine kleine PKW-Spritztour von Umag über Gstaad nach Kitzbühel hat Flavia Pennetta jedenfalls kurzfristig und freiwillig zur alleinerziehenden Mutter des erst zwei Monate alten Federico gemacht. Fognini ist nur mit seinem Coach unterwegs, in Gstaad hat das zum Turniererfolg gereicht. Kohlschreibers neuer Übungsleiter hatte dagegen eine extrem kurze Anreise, es ist anzunehmen, dass Markus Hipfl wie sein Schützling mit dem Rad an das Kapsfeld gekommen ist.
Nach verlorenem ersten Satz ließ sich Fognini an der Schlaghand behandeln. Im Spiel gegen Bellucci hatte dies den 30-Jährigen aus San Remo beflügelt, Philipp Kohlschreiber spielt allerdings in der Regel in einer anderen Preisklasse als der Brasilianer. Und holte sich den Aufschlag des Italieners zum 2:1. Fognini bäumte sich im darauffolgenden Aufschlagspiel der langjährigen deutschen Nummer eins noch einmal kurz auf, Kohlschreiber spielte den Sieg indes solide mit 6:3 nach Hause.
Am Samstag spielt Philipp Kohlschreiber um seinen achten Titel auf der ATP-Tour, den letzten hat er im vergangenen Jahr in München geholt, im Endspiel gegen Dominic Thiem. Auch in Kitzbühel könnte "Kohli" auf einen Österreicher treffen: Sensationsmann Sebastian Ofner hatte im zweiten Halbfinale noch die Chance auf seinen Premieren-Platz in einem ATP-Tour-Endspiel.
Hier das Einzel-Tableau in Kitzbühel