tennisnet: Herr Uebel. Sie haben mit Ihren Spielern gerade mit dem Material experimentiert. Welchen Raum nimmt das in der Off-Season ein?
Lars Uebel: Der Dezember ist generell eine gute Zeit, um etwas auszuprobieren bzw. zu sehen, ob es Verbesserungen gibt. Das betrifft Schläger, Saiten, Schuhe, Bekleidung. Verträge laufen weiter oder aus - und wir haben hier einen engen Kontakt mit HEAD. Da ist heute ein Team hier gewesen, und wir haben versucht, mit den Saiten zu arbeiten, bei Matthias Bachinger auch mit den Schlägern. Am Ende entscheidet natürlich der Spieler. Und nicht wir. Aber wir bewegen uns natürlich auf einem hohen Level, darum sind die Verbesserungen und Veränderungen minimal. Aber wir versuchen natürlich, noch ein paar Prozent herauszuholen.
tennisnet: Sie kümmern sich im Moment gerade um Yannick Hanfmann. Eben der war im vergangenen Jahr Mitglied des Davis-Cup-Teams, hat sich in der Weltrangliste deutlich verbessert. Wo sehen Sie die nächsten Entwicklungsschritte?
Uebel: Ich bin ja immer etwas kritisch. Yannick steht im Moment auf Platz 120, klar muss es da das Ziel sein, unter die Top 100 zu kommen. Andererseits ist Yannick von unseren Spielern sicher derjenige, der auch die meisten Baustellen hat. Körperlich und spielerisch. Wir halten hier regelmäßig Spieler- und Trainergespräche ab, da ist die Liste bei Yannick am längsten gewesen von jenen Dingen, an denen gearbeitet werden muss. Darum hoffe ich, dass er sich auf einem guten ATP-Niveau stabilisiert und unter die ersten 100 kommt.
tennisnet: Yannick Hanfmann hat in Gstaad ein ganz starkes Turnier gespielt, in der Woche darauf in Kitzbühel sofort verloren. Ist das die fehlende Konstanz, die Sie meinen?
Uebel: Das ist sicherlich ein Punkt, den wir besprechen. Wir haben auch festgestellt, dass Yannick selten länger als eine Woche gut gespielt hat. Er hatte 2017 einige gute Wochen, danach gab es immer einen Abfall in körperlicher und spielerischer Hinsicht. Körperliche Fitness geht auch mit der geistigen einher, daran arbeiten wir.
tennisnet: Wie sehen Sie die nächste Generation, etwa Rudi Molleker, der ja in Oberhaching trainiert hat, oder Marvin Möller?
Uebel: Im Moment sehe ich das Potenzial auf die Top 200 eigentlich nur bei Daniel Altmaier. Von den Kanadiern mit Shapovalov und Auger-Aliassime sind wir ein Stück weit weg, ohne das jetzt böse zu meinen. Ich habe nicht das Gefühl, dass Rudi weit weg ist. Spielerisch auf keinen Fall, da ist viel Potenzial da. Rudi muss, das habe ich auch schon bemängelt, als er hier bei uns war, an seiner Einstellung arbeiten, an seinem Auftreten auf dem Platz. Einfach professioneller werden. Er fightet natürlich, will gewinnen, das ist unbestritten. Aber von der Einstellung her ist er weiter weg von den Jungs als spielerisch. Wenn sich Rudi im kommenden Jahr zwischen 200 und 300 einpendelt, wäre das sehr, sehr gut, den Schritt unter die Top 200 traue ich ihm noch nicht zu.
tennisnet: Bis in welche Jahrgänge reichen Ihre Beobachtungen?
Uebel: Ich war in diesem Jahr bei den Deutschen Jugendmeisterschaften, um einmal einen Eindruck zu gewinnen von den Jungs, die wir hier in der Tennisbase haben. Das geht ja runter bis Jahrgang 2003. Und ich habe mir auch die Mädchen angesehen. Wir arbeiten hier ja im extrem hohen Bereich, aber ich wollte mal das Level der Jugendlichen sehen, von der U14 bis zur U18. Ich war nicht unglaublich überzeugt. Es ist für mich natürlich auch schwierig: Ich bin nur einen Tag dort, dann versuche ich natürlich so viele Eindrücke wie möglich zu sammeln. Aber es ist nicht so gewesen, dass ich jetzt rausgegangen bin und gesagt habe: Der wird jetzt in zwei Jahren durchstarten. Wir haben ein gutes Level, einen guten Durchschnitt, aber ich habe niemanden gesehen, der rausragt. Molleker und Möller haben nicht gespielt, aber für mich war es in Essen nicht so klar, dass ich sagen würde: auf den wette ich mein Geld.
tennisnet: Wie oft kommt es vor, dass jungen Spielern und ihren Eltern gesagt wird, dass es wahrscheinlich zur Bundesliga, nicht aber für den Wimbledonsieg reicht?
Uebel: Zu selten. Es ist ein schmaler Grat - es ist unsere Aufgabe, hier junge Spieler zu fördern, ihnen auch eine schulische Ausbildung zu ermöglichen. Auf der anderen Seite müsste der Fokus noch mehr auf die Frage ausgerichtet sein, wer es denn in den Profisport schaffen kann. Wir brauchen andererseits in der Tennisbase auch einen gewissen Stamm von Spielern - das ist von außen immer schwer einzuschätzen. Da habe ich mich auch gefragt, warum nur wenige den nächsten Schritt schaffen. Jetzt bin ich tiefer in der Materie drin. Und ja: wir werden besser. Aber es ist nicht so einfach, wie es vielleicht von draußen scheint.
tennisnet: Sie selbst spielen auch noch starkes Tennis. Wie oft werden wir Sie im kommenden Jahr aktiv auf dem Platz sehen, etwa in der Ü-30-Bundesliga?
Uebel: Es ist für mich eine Herzensangelegenheit, weil ich auch unseren Vorständen beim MTTC Iphitos, Fabi Tross und Peter Bosch, freundschaftlich verbunden bin. Ich will da gerne dem Club helfen, anderseits auch gucken, was geht bei mir noch. Aber dieses Mal konnte ich nur zweimal spielen, viel mehr wird es im kommenden Jahr auch nicht werden.