NHL

Zurück in die Elite

Von Dominik Stenzel
Kapitän Jamie Benn ist ein Garant für den Aufschwung der Dallas Stars
© getty

Nach Jahren der Erfolglosigkeit gehören die Stars in dieser Saison zu den heißesten Teams der Liga. Grund für den Aufschwung sind eine überragende Offensive und ein General Manager, der die richtigen Entscheidungen trifft. Die Ansprüche sind mittlerweile gestiegen. Allerdings gilt es nun, eine altbekannte Schwachstelle in den Griff zu bekommen.

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Der 28. April 2013 wird wohl als Wendepunkt in die jüngere Geschichte der Dallas Stars eingehen. Die Texaner hatten gerade zum fünften Mal in Folge die Playoffs verpasst, Klub-Besitzer Tom Gaglardi zog die Reißleine: General Manager Joe Nieuwendyk, der als Spieler mit den Stars 1999 deren einzigen Stanley Cup gewonnen hatte, musste seinen Hut nehmen.

"Joe hat die Dallas Stars als General Manager exzellent repräsentiert", sagte Gaglardi und erklärte seinen Entschluss: "Aber ich denke, es ist nun an der Zeit, eine neue Richtung einzuschlagen. Unsere Absicht ist es, wieder zur Elite der NHL zu gehören. Ich bin mir sicher, dass wir den richtigen General Manager gefunden haben, um in die Erfolgsspur zurückzukehren."

Nill: "Die Kultur verändern"

Der Mann, der den Erfolg zurück nach Dallas bringen sollte, war schnell gefunden: Jim Nill, der zuvor lange im Front Office der Detroit Red Wings tätig war, wurde nur einen Tag nach Nieuwendyks Entlassung vorgestellt. "Wir wollen hier gewinnen. Dafür werden wir ein klein wenig die Kultur verändern", zeigte sich der heute 57-Jährige von Beginn an selbstbewusst. Nill hielt Wort: Noch im Sommer traf er weitreichende Personalentscheidungen, mit denen er im Nachhinein betrachtet goldrichtig lag.

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Am 20. Juni ernannte er Lindy Ruff, der zuvor fast 16 Jahre bei den Buffalo Sabres an der Bande gestanden hatte, zum neuen Headcoach und fädelte kurz darauf seinen ersten Blockbuster-Trade ein. Neben dem Schweden Loui Eriksson wurden die Nachwuchsspieler Reilly Smith, Matt Fraser und Joe Morrow nach Boston geschickt, im Gegenzug wechselten Ryan Button, Rich Peverley und Tyler Seguin nach Texas.

Seguin als Glücksgriff

Vor allem die Verpflichtung von Seguin sollte sich schon bald als Glücksgriff herausstellen. Dem Center wurde in Boston fehlende Reife vorgeworfen, in Dallas blühte er jedoch regelrecht auf. In seiner ersten Saison erreichte das Team erstmals seit sechs Jahren wieder die Playoffs, in der vergangenen Spielzeit wurde die Postseason nur denkbar knapp verpasst.

In diesem Jahr scheinen sich die Veränderungen nun endgültig auszuzahlen. Dallas legte einen furiosen Saisonstart hin und verlor bis zum Jahreswechsel keine zwei Spiele am Stück. Zur Halbzeit der Regular Season gehört Dallas (29-12-4) zweifellos zu den heißesten Teams der Liga - lediglich die Washington Capitals (33-7-3) und die Chicago Blackhawks (30-13-4) weisen aktuell eine noch bessere Bilanz auf.

Das Prunkstück bildet die Angriffsreihe. Keine Mannschaft hat auch nur annähernd sooft eingenetzt wie Dallas: 149 Mal schlugen die Stars bisher zu, auf Rang zwei folgen die Caps mit 141 Treffern.

Traumduo Benn /Seguin

Auch für Kapitän Jamie Benn zahlen sich Nills kluge Entscheidungen aus. Mit der Ankunft von Center Seguin rückte der 26-Jährige auf den linken Flügel, wo er sich deutlich wohler fühlt als im Zentrum. Das Zusammenspiel mit seinem Sturmpartner funktioniert nahezu perfekt: "Seguin möchte Spaß haben, gleichzeitig wird er sehr ernst, wenn es ums Gewinnen geht", sagt Benn über seinen Mitspieler und lobt dessen Einstellung: "Er hat kein Lächeln auf dem Gesicht, bis wir das Spiel gewonnen haben. Er hat mir sehr geholfen, mein Spiel weiterzuentwickeln und ich glaube, umgekehrt sieht es genauso aus."

Für die gegnerischen Teams ist das Duo unheimlich schwer auszurechnen. Beide gehören sowohl im Abschluss als auch im Passspiel zur Elite der NHL - das belegt auch ein Blick auf die Zahlen: Benn liegt in der Torschützenliste (26:24) und auch bei den Assists (28:27) nur knapp vor Seguin.

Ruff setzt auf Sharps Erfahrung

Allerdings sollte man Dallas nicht auf seine beiden Superstars reduzieren, denn auch sonst ist die Mannschaft im Angriffsdrittel enorm breit aufgestellt. Der schwedische Verteidiger John Klingberg weiß auch offensiv zu überzeugen und lieferte bereits überragende 32 Assists. Bei der Verpflichtung von Patrick Sharp bewies Nill, dessen Vertrag kürzlich um fünf Jahre verlängert wurde, abermals ein gutes Händchen.

Der 34-Jährige, der mit den Chicago Blackhawks drei Stanley Cups gewann, bringt jede Menge Erfahrung mit und soll das junge Team führen: "Er beschäftigt sich nicht mit der Vergangenheit. Er würde nichts lieber, als ein viertes Mal den Stanley Cup zu gewinnen und einen großen Teil dazu beitragen", lobt Trainer Ruff seinen Routinier, der bereits 37 Scorerpunkte auf dem Konto hat.

Defensive als Sorgenkind

So gut es bis zum Jahreswechsel auch lief, im Januar mussten die Stars die ersten Rückschläge einstecken. Fünf der ersten sechs Spiele des Monats wurden verloren und auch in der hochgelobten Offensive scheint die Leichtigkeit etwas abhanden gekommen zu sein.

Ruff ließ Benn und Seguin bei der deftigen Pleite bei den Rangers (2:6) den Großteil des Schlussabschnitts sogar auf der Bank schmoren. "Das war beschämend heute. Sie hatten einen sehr schwachen Tag, keine Frage. Am Ende habe ich sie einfach nicht mehr eingesetzt", war Ruff im Anschluss bedient.

Die Niederlagenserie offenbart jedoch auch, wo weiterhin das Hauptproblem der Stars liegt: Die Defensivleistung treibt den Verantwortlichen regelmäßig Sorgenfalten auf die Stirn. Bis dato kassierten die Stars bereits 118 Gegentore - kein anderes Top-Ten-Team musste derart viele Treffer hinnehmen. Insgesamt lies die Hintermannschaft in dieser Spielzeit bereits sechsmal mindestens sechs Gegentore zu.

Zumindest ist ein positiver Trend zu erkennen: Bisher kommen die Stars in dieser Saison auf einen Schnitt von 2.6 Gegentoren pro Partie, im vergangenen Jahr waren es noch 3.1 Gegentore. Auch die Verpflichtung von Torhüter Antti Niemi hat dazu zweifellos beigetragen. Der 32-Jährige kam vor der Saison von den San Jose Sharks und teilt sich den Goalie-Job mit seinem finnischen Landsmann Kari Lehtonen, der in der vergangenen Spielzeit nicht immer sattelfest wirkte.

Fokus liegt auf den Playoffs

Über kurz oder lang muss die Defensivschwäche jedoch gänzlich der Vergangenheit angehören - schließlich sind die Ansprüche in Big D mittlerweile deutlich gestiegen. Der Teilnahme an den Playoffs sollte nichts mehr im Wege stehen - doch auch in der Postseason soll nicht so schnell Schluss sein, wie Franchise-Player Benn verdeutlicht:

"Seit ich hier bin, haben wir noch keine Playoff-Serie gewonnen. Wir müssen zeigen, dass wir ein Team sind, das gewinnen kann, wenn es darauf ankommt. Wenn wir das nicht schaffen, wissen wir, dass wir unser Ziel nicht erreicht haben." Die Weichen, dieses Ziel zu erreichen, sind jedenfalls gestellt.

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