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NFL - Super-Bowl-Contender im Check: Warum die Chiefs und Dolphins in der AFC leer ausgehen

Von Constantin Eckner
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Sechs Wochen der NFL-Regular-Season sind absolviert, gleich fünf Teams stehen bei einer Bilanz von 5-1: Machen sie den Titel unter sich aus? Wir analysieren ihre Leistungen und bewerten ihre Chancen auf eine Teilnahme am Super Bowl im kommenden Februar in Las Vegas. Gelingt den Kansas City Chiefs der Repeat? Was fehlt den Eagles und Dolphins zum großen Wurf - und was haben die San Francisco 49ers und Detroit Lions gemeinsam?

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Super-Bowl-Contender: Kansas City Chiefs (5-1)

Offensive: 24,5 Punkte (Rang 9) und 382,3 Yards Raumgewinn (Rang 4) pro Spiel

Defensive: 14,7 zugelassene Punkte (Rang 2) und 284 zugelassene Yards (Rang 6) pro Spiel

  • Was für die Chiefs spricht: Der Super-Bowl-Champion von 2023 weiß, wie man selbst knappe Spiele für sich entscheidet. Besonders Patrick Mahomes, Travis Kelce und Chris Jones können in den entscheidenden Momenten die wichtigen Plays erfolgreich gestalten - und das gerade im Fall von Mahomes allein aufgrund individueller Extraklasse. Kein Quarterback in der NFL hat eine derartige Feldübersicht wie der 28-Jährige. Mahomes befindet sich zum Beispiel nach Rollouts aus der Pocket irgendwo auf der rechten Seite und wirft fast schon in schöner Regelmäßigkeit den Ball einmal diagonal übers Feld. Es ist beängstigend, wie häufig er sogenannte "Broken Plays" noch in Raumgewinn und nicht selten in First Downs verwandelt.
  • Was gegen die Chiefs spricht: Dass es so viele "Broken Plays" in den Spielen der Chiefs gibt und der Quarterback fast schon wie ein Point Guard in der NBA agieren muss, hat selbstverständlich seine Schattenseiten. Die Chiefs haben es unter Head Coach Andy Reid und Offensive Coordinator Matt Nagy noch nicht geschafft, eine Konstanz ins Offensivspiel zu bekommen. Gegen die mittelmäßigen und schwachen Teams reicht es in der Regel trotzdem zu Siegen, wenngleich vier der fünf Siege, die nun in Folge eingefahren wurden, knappe Angelegenheiten waren. Gegen die Top-Gegner, die im Januar und Februar auf Kansas warten, könnte die aktuelle Spielweise nicht ausreichen. Bislang haben die Chiefs lediglich zwölf Punkte im vierten Viertel erzielt - allesamt durch Field Goals von Harrison Butker. Ob die Regular Season nach dem Titel letztes Jahr einfach nur ein bisschen langweilt, sei einmal dahingestellt - aber die Qualität gerade der Offensivabteilung hat nach dem Sieg in Glendale abgenommen.
  • Prognose: Die NFL würde sich aus PR-Gesichtspunkten gewiss wünschen, dass die Romanze zwischen Travis und Taylor Swift noch eine Weile anhält und die wohl momentan berühmteste Frau der Welt auch im kommenden Februar bei Super Bowl LVIII in einer Skybox im Allegiant Stadium sitzt und ihrem Lover zujubelt. Allerdings könnten die Chiefs gegen eine starke Defensive in den Playoffs eine Bruchlandung erleiden, weil Mahomes und Kelce allein irgendwann einfach nicht mehr reichen. Dieses Mal ist im Conference Championship Game Schluss.
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Super-Bowl-Contender: Philadelphia Eagles (5-1)

Offensive: 25,8 Punkte (Rang 5) und 395 Yards Raumgewinn (Rang 2) pro Spiel

Defensive: 20,7 zugelassene Punkte (Rang 16) und 298 zugelassene Yards (Rang 9) pro Spiel

  • Was für die Eagles spricht: Im Gegensatz zum oben genannten Gegner im letzten Super Bowl verfügen die Eagles über ein stärkeres Fundament, sprich: über weiterhin brutal gute Lines. Diese so gut es geht aufzubauen und immer wieder mit neuen Puzzleteilen aufzufrischen, ist bekanntlich die Philosophie von Nick Sirianni. Trotz eines etwas verhaltenen Saisonstarts gehören die Eagles weiterhin zu besten Teams der NFC und ihr Leistungsvermögen sollte sich im November und Dezember noch erhöhen. Jalen Hurts ist vielleicht kein Anwärter auf den MVP-Titel, aber abgesehen von kleinen Ausreißern nach unten weiter einer der besten und variabelsten Quarterbacks der Liga. Die drei Interceptions gegen die Jets waren wirklich nur partiell seine Schuld.
  • Was gegen die Eagles spricht: Dem Team fehlt offensiv ein wenig der letzte Punch, der vergangene Saison noch häufig sichtbar war und auch zu der langen Siegesserie beitrug. Ballsicherheit spielt auch eine Rolle, wenn man sich zum Beispiel die verpatzten Catches von DeVonta Smith oder Dallas Goedert anschaut. Ob nun die Verpflichtung des 34-jährigen Julio Jones eine Lösung ist, um Hurts mehr Optionen zu geben, bleibt abzuwarten - zumal die Eagles teilweise ohne Not zu wenig auf das Laufspiel setzen. Das wurde gegen die Jets ersichtlich. Vielleicht glauben manche innerhalb der Organisation, dass man den hochdotierten Vertrag von Hurts rechtfertigen und der Quarterback nun mehr Pässe als zuvor an den Mann bringen müsste. Dabei ist Hurts eine solche Gefahr mit dem Ball in der Hand, dass es töricht wäre, von seinen Powerläufen nicht mehr Gebrauch zu machen. Hurts und Offensive Coordinator Brian Johnson scheinen generell noch eine Weile zu benötigen, bis sie komplett auf einer Wellenlänge agieren. Darüber hinaus ist es für ein Team nie leicht, nach einer Niederlage im Super Bowl direkt im nächsten Jahr nochmal bis ins Finale vorzustoßen - der berüchtigte "Super Bowl Hangover": Gerade ältere Spieler zweifeln gerne, ob sie ihre eine Chance auf den Ring schon vergeben haben.
  • Prognose: In der NFC zeichnet sich ein Dreikampf zwischen den Eagles, 49ers und Lions ab. Anders als im Vorjahr schweben die Eagles nicht über den Dingen, sondern müssen sich auf einen harten Kampf um Heimvorteil in der Postseason einstellen. Es wirkt realistisch, dass sie die Divisional Round überstehen, aber dann etwa gegen San Francisco den Kürzeren ziehen. Genau wie für die Chiefs ist auch für Philly im Conference Championship Game Endstation.
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Super-Bowl-Contender: San Francisco 49ers (5-1)

Offensive: 30,7 Punkte (Rang 2) und 371,3 Yards Raumgewinn (Rang 6) pro Spiel

Defensive: 14,5 zugelassene Punkte (Rang 1) und 278 zugelassene Yards (Rang 3) pro Spiel

  • Was für die Niners spricht: Allein aufgrund eines verpassten Field-Goal-Versuchs von Rookie Jake Moody haben die 49ers ihre makellose Bilanz verloren. Das System von Kyle Shanahan kann gegen Top-Defensivreihen wie jene von Cleveland ins Stolpern geraten, aber ein solches Schicksal werden auch viele andere Teams noch erleiden - fast niemand verteidigt momentan derart stark wie die Jungs von Jim Schwartz. Die Niners haben jedoch, wenn alle Mann fit sind, eine derart variable Offensive, gepaart mit einem oftmals blitzsauber agierenden Quarterback. Ein Run bis zum Super Bowl ist so allemal möglich.
  • Was gegen die Niners spricht: Es sind eben selten alle fit in San Francisco. Das Verletzungspech nimmt langsam historische Züge an und prägt die Shanahan-Ära ungemein. Nun stehen Fragezeichen hinter den Namen Christian McCaffrey, Deebo Samuel und Trent Williams. Besonders "CMC" muss zuweilen vor sich selbst geschützt werden, weil er so viel auf dem Feld unternehmen und auch noch die letzten Millimeter herausholen möchte. Bis jetzt war der 27-Jährige seit seinem Wechsel nach Kalifornien von Verletzungen verschont geblieben - die Niners müssen hoffen, dass es bei kurzen Ausfallzeiten bleibt. Ebenso sollten sie hoffen, dass die etwas erratische Vorstellung von Brock Purdy gegen Cleveland eine Ausnahme bleibt.
  • Prognose: In der NFC sind die Niners trotz der ersten Saisonniederlage weiterhin das Maß aller Dinge. Ausschließlich Verletzungen der Leistungsträger könnten dem Super-Bowl-Unterfangen einen gewaltigen Strich durch die Rechnung machen. Shanahan selbst hat die taktischen Werkzeuge, um das Team zum nächsten Endspiel zu führen, selbst wenn er als Head Coach manchmal zu konservativen Entscheidungen neigt. Der Weg für die Niners führt nach Nevada zu Super Bowl LVIII.
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Super-Bowl-Contender: Miami Dolphins (5-1)

Offensive: 37,2 Punkte (Rang 1) und 498,7 Yards Raumgewinn (Rang 1) pro Spiel

Defensive: 26 zugelassene Punkte (Rang 26) und 343,7 zugelassene Yards (Rang 20) pro Spiel

  • Was für die Dolphins spricht: Kein Team in der NFL kann eine derartige High-Speed-Offensive aufs Feld schicken wie die Dolphins. Head Coach Mike McDaniel spielt die Liga aktuell im Arcade Mode und schafft damit zweierlei Dinge: Er kreiert perfekte Schemes für Tyreek Hill und Co. und erlaubt zudem Quarterback Tua Tagovailoa, den Ball wie schon in seinen besten Collegetagen sehr schnell zu werfen, was ihn auch ein Stück weit vor Sacks schützt. Übersehen wurde eine Zeitlang das Running Game von Miami, aber De'Von Achane und Raheem Mostert haben so manche Defensive das Fürchten gelehrt. Es passt vieles zusammen.
  • Was gegen die Dolphins spricht: Die bislang einzige Niederlage in dieser Saison erlitten die Dolphins gegen Buffalo, den direkten Rivalen in der AFC East. Sollten die Bills mit ihrer Josh-Allen-motorisierten Offensive zum Kryptonit für die ansonsten starke Miami-Defensive werden, so würden die Chancen auf eine Super-Bowl-Teilnahme selbstverständlich erheblich sinken. Zudem hatte Miami bislang einen recht einfachen Spielplan: Die fünf Teams, die von den Dolphins geschlagen wurden, haben zusammengenommen eine Bilanz von 5-24. Die wahren Tests kommen nun mit den Eagles in Week 7 und den Chiefs in Week 9 in Frankfurt.
  • Prognose: Sollte das Team auch im Duell mit den jüngsten Super-Bowl-Teilnehmern starke Leistungen abliefern, wären die meisten Zweifel verflogen. Bis dahin bleibt aber noch ein wenig Skepsis, ob das High-Speed-Spiel auch gegen Elite-Teams funktionieren kann. Im schlechtesten Fall kommt in der Divisional Round das Aus für Miami.
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Super-Bowl-Contender: Detroit Lions (5-1)

Offensive: 28 Punkte (Rang 4) und 383,7 Yards Raumgewinn (Rang 3) pro Spiel

Defensive: 18,8 zugelassene Punkte (Rang 9) und 285,8 zugelassene Yards (Rang 7) pro Spiel

  • Was für die Lions spricht: Die Lions sind von den "Kader-Zutaten" her eine Art junge Kopie der Niners. Aber natürlich gehört mehr zum Aufstieg Detroits aus der langen sportlichen Versenkung. Da wäre zum einen die starke Defensive, die im Vergleich zum Vorjahr fast sieben Punkte weniger pro Spiel zulässt. Die Lions haben bislang noch keinem Gegner erlaubt, über 100 Yards Raumgewinn durch Läufe zu erzielen. Das letzte Mal, dass dies der Franchise in den ersten sechs Saisonspielen gelang, war 1931 - damals noch unter dem Namen Portsmouth Spartans. Die Gegner im Jahr 2023 werden gezwungen, das eigene Passspiel gegen Detroit zu forcieren, doch die Schützlinge von Dan Campbell sind besonders auf den Außen in der Manndeckung nur sehr schwer zu schlagen. Hinzu kommt die offensive Produktivität dank Quarterback, Jared Goff, der vier Jahre nach seinem schwachen Auftritt im Super Bowl im Rams-Trikot sein bestes Niveau erreicht hat und als überlegter Spielgestalter glänzt. Unterstützung erhält er von seinem favorisierten Wide Receiver Amon-Ra St. Brown, den die Kollegen von "Move the Sticks"-Podcast kürzlich liebevoll die "7-Eleven"-Option für Goff tauften: Der Deutsch-Amerikaner ist nämlich wie der genannte Supermarkt rund um die Uhr offen. In seinem dritten Jahr in der NFL läuft St. Brown so richtig heiß: 3 Touchdowns, zwölf Yards pro Catch und fast fünf First Downs pro Spiel sind es nach fünf Einsätzen.
  • Was gegen die Lions spricht: Ähnlich wie in San Francisco verletzen sich momentan auch in Motown an mehreren Stellen wichtige Leistungsträger. Im Spiel gegen Tampa war es Running Back David Montgomery, der ausfiel. Da zudem schon Jahmyr Gibbs fehlte, spielten die Lions mit Craig Reynolds und Devine Ozigbo im Backfield. Wenngleich Campbells Team bislang personelle Rückschläge gut wegsteckt: Zu viele dürfen nicht mehr hinzukommen, denn ansonsten stoßen die Lions an ihre Grenzen.
  • Prognose: Man traut dem Braten noch nicht so ganz. Dafür ist Detroit fast zu rasant an die Spitze der NFC geschossen. Womöglich könnten die Ausfälle und vielleicht auch die mangelnde Erfahrung in Playoff-Partien dazu führen, dass die Lions zumindest in dieser Postseason ein wenig Lehrgeld zahlen müssen. Allein die erste Rückkehr in eben jene seit 2016 wird jedoch den Hype im Ford Field nur noch weiter befeuern. Trotzdem endet für Detroit die Reise wohl in der Divisional Round.
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Super-Bowl-Contender: Fazit

Ein alles überstrahlendes Team gibt es in der NFL momentan nicht. Die Liga ist enorm zusammengerückt, was auch dadurch deutlich wird, dass das Durchschnittsspiel mit nur acht Punkten Vorsprung gewonnen wird. Fast jede Partie bleibt also bis in die Schlussminute hinein eine enge Angelegenheit. Wir tippen darauf, dass San Francisco von allen 5-1-Teams die größten Chancen auf eine Teilnahme am Super Bowl hat. Der Gegner für die Niners muss aber nicht unbedingt aus den oben genannten AFC-Teams stammen ...

NFL: Die letzten fünf Super-Bowl-Sieger

JahrSiegerVerliererErgebnis
2023Kansas City ChiefsPhiladelphia Eagles38:35
2022Los Angeles RamsCincinnati Bengals23:20
2021Tampa Bay BuccaneersKansas City Chiefs31:9
2020Kansas City ChiefsSan Francisco 49ers31:20
2019New England PatriotsLos Angeles Rams13:3
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