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NFL, Week 3 - Gewinner und Verlierer: Taylor Swift, ein gnädiges 70-Punkte-Spiel und ein Kicker in Poldi-Manier

Von Stefan Petri
New York Jets, Zach Wilson
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Week 3 der NFL-Saison hatte mal wieder jede Menge zu bieten: Den größten Popstar des Planeten, den vielleicht verrücktesten Return-Touchdown der Liga-Geschichte, einen neuen Tiefpunkt für die New York Jets - und einen Kicker in bester Podolski-Manier. Ach ja, und natürlich ein gewisses 70-Punkte-Spiel. Die Gewinner und Verlierer vom Sonntag.

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NFL, Week 3 - Gewinner: Miami Dolphins

70 Punkte! Dass die Dolphins eine richtig explosive Offense haben, das war bereits bekannt. Sogar schon letzte Saison, bevor die üblen Gehirnerschütterungen von Quarterback Tua Tagovailoa einem möglichen Playoff-Run einen Strich durch die Rechnung machten. Aber so gut? 10-Touchdowns-in-einem-Spiel-gut? So gut wie keine NFL-Offense mehr seit 1966? Wahnsinn.

Acht Touchdowns in den ersten neun Drives. 726 Yards Raumgewinn. Den Franchise-Rekord mal eben um 15 Punkte (!) gebrochen. Und das ohne Jaylen Waddle, den vielleicht zweitbesten Wide Receiver des Teams, der mit Verdacht auf Gehirnerschütterung fehlte. Ja, die Broncos sind nicht besonders gut. Aber auch nicht soooo schlecht. Die Dolphins dagegen haben sich spätestens jetzt als Super-Bowl-Favorit etabliert. Receiver Tyreek Hill, der den Scoring-Reigen mit einem 54-Yard-Touchdown im dritten Spielzug der Partie eröffnete, muss sich mittlerweile vorkommen wie zurück bei den Chiefs - und das nicht nur, weil Tua jetzt auch schon mit Zauberpässen in bester Mahomes-Manier anfängt.

Der dürfte spätestens jetzt erst einmal klarer Favorit auf den MVP-Award sein. Broncos-Head-Coach Sean Payton hatte vor ziemlich genau einem Jahr übrigens erklärt, dass er mit Teddy Bridgewater als Dolphins-QB rechne, früher oder später werde der Backup Tagovailoa verdrängen. Ganz knapp vorbei ...

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NFL, Week 3 - Verlierer: Defense der Denver Broncos

Dazu muss ja nicht mehr viel gesagt werden. "Das war natürlich peinlich und schwer anzuschauen", bilanzierte Sean Payton. Immerhin waren Pass- und Laufverteidigung fast gleich schlecht: Denver ließ 376 Passing Yards und 350 Rushing Yards zu, übrigens die drittmeisten Yards am Boden in der Geschichte der glorreichen Franchise. Gleich vier 50-Yard-Plays verzeichneten die Dolphins.

Man fühlte nach dem Spiel fast mit Garett Bolles, dem Offensive Lineman. Der hatte die 70 Punkte zwar nicht verbrochen, saß aber dennoch mehr als deprimiert vor dem eigenen Spind: "Scheiße. Ich habe es satt zu verlieren. Ich bin jetzt sieben Jahre hier und habe immer nur verloren. Das ist frustrierend." Der Super-Bowl-Sieg mit Peyton Manning in der Saison 2015 scheint tatsächlich schon ewig her zu sein.

Aber hey, in Chicago wird man den Broncos durchaus dankbar sein: Die 70 Punkte stellten nämlich die Tatsache in den Schatten, dass die Bears ähnlich übel unter die Räder kamen (0:34 zur Pause) - nur nahmen die Chiefs den Fuß deutlich früher vom Gaspedal.

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NFL, Week 3 - Gnade des Tages: Mike McDaniel

Ob Miamis 40 Jahre alter Head Coach Mike McDaniel auch deshalb Gnade walten ließ, weil er selbst einmal für die Broncos aktiv war? Zwar nur als Balljunge, aber immerhin! Auf jeden Fall hätte er dem Gegner problemlos einen neuen NFL-Rekord einschenken und 73 Punkte erzielen können, und das, obwohl seine Starter längst auf der Bank saßen. 33 Sekunden vor Schluss war seine Offense nämlich an die 27-Yard-Linie der Broncos herangerückt, doch statt dem Fiel Goal ließ McDaniel beim vierten Versuch abknien.

Warum? "So will man den Rekord nicht kriegen", erklärte er später. "Stünden die Vorzeichen andersherum, sähe es unser Gegner hoffentlich genauso. Das nennt man Karma. Ich will das gute Karma bei den Dolphins behalten." Löblich! "Punkten und Rekorden nachzujagen, das ist nicht unser Ziel", so McDaniel weiter. "Es war zwar cool, dass der Rekord in Reichweite war, aber das würde die falsche Botschaft senden."

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NFL, Week 3 - Besucherin des Tages: Taylor Swift

NFL-Commissioner Roger Goodell dürfte vor Freude gejuchzt haben, als der größte Popstar des Planeten tatsächlich in der VIP-Loge der Chiefs auftauchte, um Chiefs-Tight-End Travis Kelce anzufeuern - und völlig durchdrehte, als der tatsächlich einen Touchdown erzielte. Wenn die Millionen und Abermillionen an Swifties jetzt auch noch regelmäßig einschalten, um einen Blick auf ihr Idol zu erhaschen - man mag sich die Einschaltquoten gar nicht vorstellen!

Über Wochen hatte der extrovertierte Kelce, der nie um einen coolen Spruch verlegen ist und schon einmal im TV nach einer Freundin suchte ("Catching Kelce"), öffentlich an Swift gebaggert. Wie eng das Verhältnis der beiden nun wirklich ist, dazu hat sie sich noch nicht geäußert - aber immerhin schien Taylor sich mit seiner Mutter wunderbar zu verstehen. Das Stadion verließ sie dann an Kelces Seite und in dessen Cabrio.

Kelces Teamkollegen hatten ihren Spaß mit der Angelegenheit. Quarterback Patrick Mahomes scherzte, er sei "unter Druck" gewesen, "Travis den Ball zu geben: Ich glaube, er wollte genauso sehr in die Endzone, wie die Swifties ihm das gewünscht haben." Und Head Coach Andy Reid erklärte: "Ich habe [Swift] schon einmal getroffen. Ich habe die beiden zusammengebracht."

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NFL, Week 3 - Gewinner: Myles Garrett

Nach Week 1 und dem Shutout der Cowboys gegen die Giants wurde Micah Parsons noch als bester Defensivspieler der Liga gefeiert. In Week 2 warf Ex-NFL-Star JJ Watt seinen Hut für Bruder TJ von den Pittsburgh Steelers in den Ring. Und in Week 3? Da führt kein Weg an Myles Garrett von den Cleveland Browns vorbei. Zumindest galt das für die O-Line der Titans.

Die ließ Pass Rusher Garrett nämlich im Backfield sein Unwesen treiben: 3,5 Sacks bei fünf Quarterback-Hits, dazu drei weitere Tackles im Backfield für Raumverlust. Angeführt von Garrett ließen die Browns nur 94 Yards Offense zu - Negativrekord in der Geschichte der Titans. "Wenn Myles so spielt, ist er der beste Spieler der Welt", lobte Quarterback Deshaun Watson - mehr zu ihm später.

Garrett spielte Tennessee einen derartigen Knoten ins Hirn, dass sie einmal gleich zwei Tight Ends abstellten, die ihn von einer Seite der Line of Scrimmage auf die andere verfolgten. Gebracht hatte das aber auch nichts - die Titans fingen sich nur eine Strafe wegen Spielverzögerung ein.

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NFL, Week 3 - Verlierer: Sam Howell

Seine bisherigen drei Spiele als Starter hatte Commanders-Quarterback Sam Howell allesamt gewonnen, Washington stand überraschend bei einer 2-0-Bilanz. Gegen die Buffalo Bills landeten beide aber wieder auf dem Boden der Tatsachen: Buffalo gewann mit 37:3 - und Howell bekam richtig auf die Mütze. Neunmal wurde er gesackt, dazu kamen vier Interceptions - das hatte ein QB in der Super-Bowl-Ära (seit 1966) vor ihm erst fünfmal geschafft.

Bei fast 70 Prozent seiner Passversuche stand Howell unter Druck (27 von 39) - und so hatte die Bills-Secondary leichtes Spiel. "Ich sehe aus, als hätte ich gar nicht gespielt", witzelte Safety Micah Hyde: "Mein Jersey ist komplett weiß, überhaupt nicht dreckig geworden."

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NFL, Week 3 - Touchdown des Tages: Andrew Beck

Als Fullback hat man in der NFL kein schönes Leben - wenn man überhaupt noch einen Job findet, schließlich wird die klassische Position des Vorblockers für den Running Back kaum noch genutzt. Im Running Game die Drecksarbeit machen, vielleicht auch noch bei den Special Teams, viel mehr ist nicht. Das galt auch für Andrew Beck von den Houston Texans. Bis zum Sonntag. Jetzt ist der 115-Kilo-Mann der schwerste Spieler der NFL-Geschichte, der einen Kickoff-Return zum Touchdown zurücktragen konnte.

Dabei hätte Beck den Spielzug beinahe vermasselt: Als der kurze, hohe Kickoff der Jaguars bei ihm an der 10-Yard-Line landete, ließ er ihn nämlich erst einmal fallen, musste hinterher und das Ei sichern. Dann reichte eine Finte, um gleich drei Gegenspieler aussteigen zu lassen, er brach zwei weitere Tackles und lief den übrigen Gegnern an der rechten Seitenlinie einfach davon. Wie er selbst die Szene sah? "Ich hatte einen kleinen Autounfall, hab den Ball geschnappt, hochgeschaut und ein bisschen Platz gesehen. Dann bin ich einfach abgedüst. So läuft das eben manchmal." Korrektor: Eigentlich läuft das nie so! Chapeau!

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NFL, Week 3 - Rückkehr des Tages: Jimmy Graham

Die besten Jahre von Tight End Jimmy Graham sind schon lange vorbei. Der mittlerweile 37-Jährige spielt in dieser Saison wieder für die Saints, für die er schon von 2010 bis 2014 aktiv war und unter Quarterback Drew Brees zu den besten Spielern auf seiner Position gehört hatte. Danach versuchte es Graham bei den Seahawks, Bears und Packers, wo er 2018 und 2019 aber keine Bäume ausreißen konnte, um es mal vornehm auszudrücken.

In Week 3 ging es mit New Orleans zurück ins Lambeau Field in Green Bay, also an alte Wirkungsstätte. Graham fing tatsächlich einen Touchdown - und wagte es anschließend tatsächlich, seinen Score mit dem klassischem "Lambeau Leap" zu feiern, also einem Sprung in die Zuschauer. Muss man sich erst einmal trauen.Die Cheeseheads blieben aber freundlich - und durften sich am Ende auch über den Sieg freuen.

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NFL, Week 3 - Gewinner: De'Von Achane und Raheem Mostert

Wir hatten es ja oben schon von den Dolphins, aber die beiden Running Backs des Teams gehören noch einmal separat gefeiert: Rookie Achane und Veteran Mostert, mittlerweile 31, krönten sich nämlich zum ersten Duo der NFL-Geschichte, das in einem Spiel jeweils vier Touchdowns erzielen konnte - also für das gleiche Team.

"70 Punkte sind verrückt. Das gibt's sonst nur an der Konsole", staunte Achane, der es bei 18 Carries auf 203 Rushing Yards brachte (2 TDs) und dazu auch noch vier Pässe für 30 Yards und zwei weitere Scores fing. Mostert (82 Rushing Yards, 3 TDs, 60 Receiving Yards, TD) drohte derweil der Konkurrenz: "Das wird viele Teams aufgeschreckt haben, mit uns ist nicht zu spaßen."

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NFL, Week 3 - Verlierer: Zach Wilson

Was soll man sagen: Der Quarterback der New York Jets ist einfach schlecht! Wie schlecht? So schlecht, dass er sich im Zweifelsfall einfach selbst sackt. So schlecht, dass den Fans vor Wut die Zähne aus dem Mund fallen. Und so schlecht, dass die Jets jetzt endlich zum Hörer greifen und einen anderen QB holen müssen, sei es einen vertragslosen Veteranen oder per Trade. So geht es einfach nicht weiter.

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NFL, Week 3 - Pass des Tages: Deshaun Watson

Mit 27 von 33 angekommenen Pässen für 289 Yards und zwei Touchdowns war der Browns-Quarterback gegen die hilflosen Titans richtig gut. Aber dieser Spielzug ... meine Güte. Das hätte auch Zach Wilson sein können.

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NFL, Week 3 - Gewinner: Matt Gay

Das muss man erst einmal schaffen, der beste Kicker im Stadion zu sein, wenn man gegen die Baltimore Ravens und Justin Tucker spielt. Aber Matt Gay von den Indianapolis Colts hatte am Sonntag einfach Eis in den Venen. Anders lassen sich seine vier erfolgreichen Field Goals über mindestens 50 Yards nicht erklären - neuer NFL-Rekord! Natürlich zählt auch der Kick in Overtime zum 22:19-Erfolg dazu. So stellte Gay auch das 62-Yard-Fiel-Goal von Cardinals-Kicker Matt Prater in den Schatten.

"Zu diesem Zeitpunkt hatte ich meinen Groove gefunden", gab er sich bescheiden. "Das war einfach ein Blackout-Modus, in dem ich nicht viel nachgedacht habe." Das erinnert mich an mein Lieblingszitat von Lukas Podolski: "Ich denke nicht vor dem Tor - das mache ich nie."

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NFL, Week 3 - Verlierer: Dallas Cowboys

16:28 bei den Arizona Cardinals: Den Championship Belt als "bestes Team der NFL" sind die Cowboys erst einmal los. Wie kann man nur gegen die Cards verlieren? "Das ist eine Niederlage, die uns demütig machen sollte", sagte Dallas-Quarterback Dak Prescott. Kann man wohl sagen - zeigt aber auch, dass es in der NFL keine geschenkten Wins gibt. Jedes Team kann mal heiß laufen, besonders dann, wenn auch 62-Yard-Field-Goals (siehe oben) ihr Ziel finden und der Gegner 13 Strafen für 107 Yards begeht.

Und: Vielleicht ist Arizona, das vor Saisonbeginn schon fast zu tanken schien, ja doch nicht so schlecht, wie man befürchtet hatte. Die San Francisco 49ers, Gegner am kommenden Sonntag, sind auf jeden Fall gewarnt!

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NFL, Week 3 - Blick des Tages: Randall Cobb

Diese Augen. So sieht man aus, wenn der Hail-Mary-Pass zum Sieg in der letzten Sekunde des Spiels eigentlich abgewehrt und mehrfach abgefälscht wird - und dann doch direkt vor einem landet. Fast in Reichweite, aber eben nur fast. Wie sagte schon ein gewisser Al Pacino: Im Football geht es um Zentimeter.

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