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NFL Mailbag: Welche Teams machen 2022 einen Sprung nach vorne? Welche einen Schritt zurück?

Von Jan Dafeld
Tua Tagovailoa ist als Quarterback der Miami Dolphins umstritten
© getty

Die Regular Season ist vorbei, schon geht der Blick bei vielen Fans in Richtung der kommenden Saison. Welche Teams können dann einen Sprung nach vorne machen? Welche einen Schritt zurück?

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Außerdem: Wie haben sich die Rookie-Head-Coaches geschlagen? Und was wird jetzt aus Tua Tagovailoa?

Diesmal beantwortet SPOX-Redakteur Jan Dafeld eure Fragen nach Woche 18, Adrian Franke übernimmt allerdings wie gewohnt den Video-Mailbag.

Mailbag: Welche Teams machen 2022 einen Sprung nach vorne? Welche einen Schritt zurück?

simon: Welche Teams können nächste Saison einen großen Sprung und welche könnten eher einen Schritt zurück machen?

So unmittelbar nach dem Ende der Regular Season sofort einen Ausblick auf die kommende Spielzeit zu wagen, ist natürlich riskant. Die Free Agency und der Draft stehen noch an, wie die Teams in der kommenden Spielzeit genau aussehen werden, ist also noch unklar.

Und doch gibt es ein paar Anhaltspunkte, die bei einem Blick in die Zukunft helfen können. Um abschätzen zu können, welche Teams sich in der kommenden Saison wahrscheinlich verbessern und welche sich vermutlich verschlechtern werden, helfen in meinen Augen vor allem vier Faktoren:

  • Zum einen ist da das Verletzungsglück bzw. -pech in der abgelaufenen Saison. Ein Team, das große Teile der Saison ohne seinen Starting Quarterback spielen musste, diesen zur kommenden Spielzeit allerdings zurückbekommen soll, wird im darauffolgenden Jahr wahrscheinlich mehr Spiele gewinnen.

  • Nummer zwei ist selbstverständlich die Kader-Situation des Teams. Welche Leistungsträger werden Free Agents? Wieviel Cap Space steht zur Verfügung? Ein Team, das seine wichtigsten Spieler halten und gleichzeitig die größten Baustellen mit viel Cap Space angehen kann, hat im Hinblick auf die nächste Spielzeit gute Aussichten.

  • Als dritter Punkt kommen die Turnover ins Spiel. Selbstverständlich gibt es Spieler wie Trevon Diggs, Darius Leonard oder J.C. Jackson, die konstant mehr Takeaways forcieren als andere. Als Team dauerhaft mehr Turnover zu kreieren als der Durchschnitt ist allerdings sehr schwierig. Ähnliches gilt auch für die Offense: Ein Aaron Rodgers verantwortet sicher weniger Turnover als ein Rookie-Quarterback, Fumbles variieren dagegen jedoch von Saison zu Saison. Die Turnover-Differenz eines Teams ist in der Regel also eine sehr volatile Statistik, auf die man sich als Team nicht verlassen sollte.

  • Der wahrscheinlich wichtigste und nach wie vor sehr unterschätzte Aspekt ist die Bilanz eines Teams in so genannten One-Score-Games, also in Spielen, die durch maximal einen Touchdown Differenz entschieden wurden. Teams, die besonders "clutch" sind, gibt es in der NFL schlicht nicht, bei Spielen, die sehr knapp entschieden werden, spielt Glück immer auch eine Rolle. Teams, die in einer Saison fast alle ihrer One-Score-Games gewannen, werden in der darauffolgenden Saison meist weniger Glück haben - und dementsprechend weniger Spiele gewinnen. Teams, die viele knappe Spiele verloren, werden im kommenden Jahr derweil meist besser abschneiden.

Unter Berücksichtigung dieser vier Faktoren kann ich somit bei einigen Teams mit relativ großer Sicherheit prognostizieren, dass diese in der kommenden Saison besser oder schlechter abschneiden werden. Hier sind also meine jeweils vier Picks für Teams, die in der kommenden Saison mehr bzw. weniger Spiele gewinnen werden.

Diese Teams machen 2022 einen Sprung nach vorne:

Detroit Lions

Die bitteren Niederlagen der Lions zogen sich wie ein roter Faden durch die Saison des Teams - insbesondere in den ersten zwei Saisondritteln. Von seinen ersten elf Saisonspielen gewann Detroit kein einziges und verlor dabei gegen die Ravens, Vikings, Browns und Bears denkbar knapp, teilweise in geradezu herzzerreißender Art und Weise (man denke an Justin Tuckers 66-Yard-Field-Goal zum Sieg).

Drei Siege in der gesamten Spielzeit zeigen, dass die Lions in diesem Jahr kein besonders gutes Football-Team waren - damit hatte auch niemand gerechnet -, mit neun äußerst knappen Spielen zeigte das Team allerdings, dass es bereits überraschend konkurrenzfähig ist. Mit ein paar Verbesserungen, ein paar gedrehten Stellschrauben, dürfte Detroit in der kommenden Saison also schon so manches Spiel mehr gewinnen. Und die Voraussetzungen dafür sind da.

Detroit verfügt über den zweiten Pick im kommenden Draft, damit dürfte es sofort eine Verstärkung für die Defensive Line geben, ein weiterer Erstrunden- sowie ein früher Zweitrundenpick könnten das Team ebenfalls verstärken. In der Free Agency steht Detroit zwar nicht der Cap Space zur Verfügung, um mehrere Difference-Maker in die Motor City zu lotsen, die Verpflichtung eines gestandenen Wide Receivers könnte allerdings bereits enorm helfen. Die Lions werden Ende dieses Jahres vermutlich noch nicht wieder um die Playoffs mitspielen, zum Bodensatz der Liga sollte Detroit aber keine weitere Saison zählen.

Denver Broncos

Das Schicksal der Broncos in der kommenden Saison steht und fällt natürlich mit der Quarterback-Position. Teddy Bridgewater wird Free Agent, Denver hofft - wie so häufig in den vergangenen Jahren - auf ein Upgrade auf der wichtigsten Position im Football. Aaron Rodgers wird vermutlich nicht auf den Markt kommen, auch bei Russell Wilson deutet mittlerweile einiges auf einen Verbleib hin. Bleibt noch Deshaun Watson.

Sollte der Quarterback der Texans in diesem Frühjahr tatsächlich den Weg in die Mile High City finden, steigen die Broncos praktisch über Nacht von einem Team im unteren Mittelfeld der Liga in den erweiterten Kreis der Contender auf - sofern Watson angesichts seiner Off-Field-Probleme spielen darf natürlich.

Doch selbst wenn das gewaltige Upgrade auf der Quarterback-Position (mal wieder) ausbleibt, gibt es einige Punkte, die Broncos-Fans Hoffnung machen dürften: Denver gewann in dieser Spielzeit nur eines seiner sechs One-Score-Games, das sollte 2022 besser werden. Ein Downgrade auf der QB-Position hat das Team nach einem Jahr mit Bridgewater, Drew Lock und zeitweise Brett Rypien zudem wohl auch nicht zu befürchten. Das Team verfügt über eine ansehnliche Summe an Cap Space, zudem könnte auch der neue Head Coach für positive Impulse sorgen.

Buffalo Bills

Die Bills? Zugegeben, ich hätte es mir leichter machen und an dieser Stelle kein Team, das in dieser Saison gerade elf Spiele gewonnen hat und als Division-Sieger in die Playoffs eingezogen ist, nennen können. Aber: Mit Ausnahme der üblen Pleite gegen die Colts erlitt Buffalo seine deutlichste Niederlage in dieser Saison in Week 1 mit 16:23 gegen die Steelers, ihren knappsten Sieg fuhren sie in Week 16 mit 33:21 gegen die Patriots ein. Die Punktedifferenz der Bills ist mit +194 die beste in der NFL.

Zur Wahrheit gehört auch, dass Buffalo in dieser Spielzeit - trotz des schwerwiegenden Ausfalls von Tre'Davious White - insgesamt sehr von Verletzungen verschont blieb, mit 30 Takeaways rangiert das Team zudem auf Platz drei in der NFL, das dürfte schwierig zu wiederholen sein. Die Art und Weise, wie die Bills ihre Spiele in dieser Saison gewannen (38:20 gegen die Chiefs, 31:6 gegen die Saints) bzw. verloren (31:34 gegen die Titans, 27:33 in OT gegen die Bucs) lässt dennoch auf eine Steigerung hoffen.

Mit Jerry Hughes und Levi Wallace werden zwei Leistungsträger des Teams in der kommenden Offseason Free Agents, Buffalo verfügt zwar nicht über viel Cap Space, aber doch genug, um ein paar Moves machen zu können. Die Bills werden in der kommenden Saison nicht plötzlich an der perfekten Saison kratzen, die Chancen stehen allerdings nicht schlecht, dass das Team 2022 noch mehr Spiele gewinnt als in der abgelaufenen Regular Season.

Baltimore Ravens

Die Ravens sind das einzige Team in dieser Liste, das in dieser Spielzeit keine klar negative Bilanz in One-Score-Games aufweist. Baltimore gewann sechs seiner zwölf knappen Spiele, sechs gingen verloren. Zu Beginn der Saison hatte das Team in diesen Spielen meist noch Glück, fünf ihrer letzten sechs Spiele verloren die Ravens dann allerdings mit drei oder weniger Punkten Unterschied.

Hoffnung macht bei dem Team von Head Coach John Harbaugh selbstverständlich die Verletztensituation. Mit Ronnie Stanley, Marcus Peters, J.K. Dobbins, Derek Wolfe, Gus Edwards und L.J. Fort verpassten zahlreiche Leistungsträger praktisch die komplette Saison, Marlon Humphrey, Deshon Elliott, Rashod Bateman, Sammy Watkins, Odafe Oweh und natürlich Lamar Jackson fehlten ebenfalls länger. Wohl kein anderes Team wurde in diesem Jahr stärker vom Verletzungspech getroffen als die Ravens.

Darüber hinaus forcierte Baltimore in dieser Spielzeit gerade mal 15 Turnover, nur die Jets und die Jaguars hatten noch weniger, in den Jahren zuvor waren es bei den Ravens stets mehr als 20 gewesen. Als Division-Letzter wird das Team 2022 zudem von einem ungewöhnlich leichten Schedule profitieren. Statt gegen die Chiefs, Titans und Cowboys (wie die Steelers) trifft Baltimore in der kommenden Saison auf die Broncos, Jaguars und Giants.

Mit Bradley Bozeman, Justin Houston, Calais Campbell, Patrick Ricard sowie Watkins und Elliott werden einige Leistungsträger des Teams Free Agents, alle wird Baltimore nicht halten können. Die Ravens stehen somit vor einer durchaus herausfordernden Offseason. Bleibt Jackson in der kommenden Spielzeit fit, sollte das Team die Saison dennoch zumindest wieder mit einer positiven Bilanz beenden können.

Diese Teams machen 2022 einen Schritt zurück:

Pittsburgh Steelers

Mike Tomlin wird in diesen Tagen mit Lob überhäuft - und das zu Recht! Auch seine 15. Saison als Head Coach in der NFL schloss Tomlin nicht mit einer negativen Bilanz ab, das gab es so zuvor noch nie und verdient den größten Respekt. Und doch wird man das Gefühl nicht los, dass die Steelers in dieser Spielzeit mehr Spiele gewonnen haben als sie hätten gewinnen sollen.

Neun Spiele gewannen die Steelers in dieser Saison, nur ein einziges (26:14 gegen einen schrecklichen Baker Mayfield) wurde mit mehr als acht Punkten Unterschied entschieden. Pittsburghs Niederlagen kamen dabei meist deutlich klarer zustande: Gegen die Bengals (2x) und Chiefs verlor das Team beispielsweise zusammengerechnet mit 71 Punkten Differenz. Ihre Bilanz von 8-2-1 in One-Score-Games werden Tomlin und Co. 2022 kaum wiederholen können.

Darüber hinaus wird Pittsburgh erstmals seit einer Ewigkeit mit einem anderen Quarterback als Ben Roethlisberger in die kommende Saison gehen müssen. Und ja, Big Bens Limitierungen wurden in dieser Spielzeit mehr als offensichtlich, ein klares Upgrade zu ihm zu finden, dürfte dennoch äußerst schwer werden. Die Steelers verfügen über eine ordentliche Menge an Cap Space, sehr wahrscheinlich aber nicht genug, um die zahlreichen Baustellen im Team beheben zu können. Mein Tipp: Im nächsten Jahr reißt Tomlins Rekord-Serie.

Atlanta Falcons

Die Falcons schienen bereits in der vergangenen Offseason an einem Scheideweg zu stehen: Kommt der Rebuild? Oder wird der Kern des Teams rund um Matt Ryan doch noch weiter zusammengehalten? Atlanta entschied sich, trotz des Abgangs von Julio Jones, für Zweiteres - doch dieser Weg scheint ins Nichts zu führen. Die Falcons blieben zwar bis zuletzt rein rechnerisch im Playoff-Rennen, wie ein Playoff-Team sah die Truppe in dieser Spielzeit allerdings nie aus.

Atlanta gewann kein einziges Spiel mit mehr als acht Punkten Vorsprung, gleichzeitig wurde das Team von den Eagles, Cowboys, Patriots und 49ers komplett auseinander genommen. Die Falcons beendeten die Spielzeit mit einer Punkte-Differenz von -148! Zum Vergleich: Die Seahawks und Broncos, die die Saison ebenfalls mit sieben Siegen beendeten, kamen auf +29 und +13.

Und auch sonst besteht im Hinblick auf die kommende Saison nur wenig Hoffnung: Atlanta verfügt über keinerlei Cap Space, mit Cordarrelle Patterson wird einer der wenigen Lichtblicke der laufenden Spielzeit Free Agent. Es scheint nur noch eine Frage der Zeit, bis die Falcons die Reißleine ziehen und einen radikalen Rebuild einleiten müssen. Sehr gut möglich also, dass es in der kommenden Saison noch weiter bergab geht.

Tampa Bay Buccaneers

Die Bucs? Der Super-Bowl-Champ? Mit Tom Brady als Quarterback? Einen Schritt zurück? Ja, auch das ist eine relativ gewagte Prognose. Ein Blick auf die vier eingangs von mir genannten Faktoren macht zumindest einen kleinen Rückschritt des Teams allerdings wahrscheinlich.

Auch die Bucs profitierten in dieser Spielzeit von einer sehr guten Bilanz in One-Score-Games, tatsächlich gewann Tampa Bay alle seiner sechs Spiele, die mit sieben oder weniger Punkten Unterschied entschieden wurden. Dazu kommen die herausragenden Turnover-Zahlen des Teams: Mit 29 Takeaways rangieren die Bucs ligaweit auf Rang vier, in puncto Turnover-Differenz belegen sie Platz sechs. Diese Zahlen dürften 2022 schwächer werden.

Dazu kommt, dass auch in Tampa Bay eine Offseason mit einigen kniffligen Entscheidungen wartet. Chris Godwin, Carlton Davis, Ryan Jensen, Leonard Fournette, Alex Cappa, Jason Pierre-Paul und Jordan Whitehead werden alle Free Agents, in diesem Jahr werden die Bucs nicht erneut alle ihre Leistungsträger halten können. Stürzt das Team in der kommenden Spielzeit also plötzlich ab? Das sicher nicht, dafür ist Tom Brady nach wie vor schlicht viel zu gut. Eine erneute Saison mit 13 oder sogar mehr Siegen sehe ich allerdings nicht.

Tennnessee Titans

Auch die Titans sind ebenso wie die Steelers ein Team, das für seinen Abschluss der Regular Season in Anbetracht der eigenen Möglichkeiten großen Respekt verdient, diese Leistung soll durch die Nennung in dieser Liste überhaupt nicht geschmälert werden. Den Nummer-eins-Seed in der AFC erklimmt man nicht im Vorbeigehen - erst Recht nicht mit einer neuen Rekordzahl an eingesetzten Spielern.

Und doch scheint eine Wiederholung dieses Kunststücks Stand heute unwahrscheinlich. Ja, Derrick Henry fiel knapp die Hälfte der Saison aus, auch Julio Jones und A.J. Brown fehlten verletzungsbedingt und in mehreren Spielen musste Tennessee die Tiefe in seinem Kader gehörig durcheinanderwirbeln. Weil die Leistungsträger mit Ausnahme der "Dudes" in der Offense aber nahezu komplett fit blieben, traf das Verletzungspech die Titans insgesamt doch deutlich weniger stark als beispielsweise die Ravens oder die Packers.

Mit Ben Jones, Harold Landry und Anthony Firkser wird das Team von Head Coach Mike Vrabel im Frühjahr zudem einige wichtige Spieler ziehen lassen müssen, Cap Space wäre nur vorhanden, wenn andere Eckpfeiler wie Taylor Lewan oder Rodger Saffold entlassen würden. Kann Tennessee in der kommenden Saison erneut um den Division-Sieg mitspielen? Gut möglich. Bei zwölf Siegen und auf Platz eins in der AFC sehe ich die Titans allerdings nicht erneut.

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Welcher offene Head-Coach-Posten ist der attraktivste? Und welcher Franchise kann man trotz einer negativen Bilanz eine gute Saison attestieren?

Die Antworten gibt's im Week-18-Video-Mailbag.

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