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NFL - Las Vegas Raiders und Los Angeles Chargers vor Endspiel um die Playoffs: Und am Ende einigt man sich auf Unentschieden?

Von Jan Dafeld
Die Los Angeles Chargers und Las Vegas Raiders wollen beide in die Playoffs einziehen.
© getty

Zum Abschluss der Regular Season kommt es zwischen den Raiders und den Chargers zu einem echten Endspiel, der Sieger zieht sicher in die Playoffs ein. Die Form beider Teams lässt auf ein enges und spannendes Spiel hoffen. Sogar ein sehr skurriles Szenario ist denkbar.

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"Win and you're in."

Wenn die Raiders in der Nacht auf Montag die Chargers in Las Vegas empfangen, kommt es zum Abschluss der Regular Season zu einem Spiel, wie es die NFL und ihre Fans lieben: Der Gewinner des Spiels zieht in die Playoffs ein, der Verlierer wird die Postseason sehr wahrscheinlich verpassen. Ein Playoff-Spiel vor den Playoffs quasi.

Durch die Ansetzung der Begegnung als abschließendes Spiel der Saison ist allerdings auch ein skurriles Szenario denkbar: Sollten die Colts wenige Stunden zuvor gegen die Jaguars unterliegen, würde sowohl den Raiders als auch den Chargers ein Unentschieden zum Einzug in die Playoffs genügen. Beide Teams wären nicht mehr auf einen Sieg angewiesen.

Wer sich nun aber bereits diebisch auf ein Spiel mit Dutzenden Kneeldowns auf beiden Seiten freut, der dürfte Montagnacht enttäuscht werden. "Ich denke, dass wir das Spiel alle zu sehr respektieren, als dass wir bei so etwas mitmachen würden", erklärte Brandon Staley, Head Coach der Chargers in der Rich Eisen Show. "Wir werden alles dafür tun, um dieses Spiel zu gewinnen."

Mit der gleichen Einstellung will auch Derek Carr in das Aufeinandertreffen mit dem Division-Rivalen gehen: "Ich hoffe, dass sich keiner die anderen Spiele angucken und unser kompletter Fokus auf diesem Spiel liegen wird", so der Quarterback der Raiders. "Wenn vor dem Spiel jemand zu mir kommen und 'Hey, wird sind drin' sagen wird, dann sage ich: 'Oh, super. Ich will immer noch da raus gehen und die Chargers besiegen.'"

NFL: Las Vegas Raiders trotz Turbulenzen auf Playoff-Kurs

Für Carr dürfte diese Woche eine ganz besondere sein, noch mehr als für die meisten seiner Mitspieler. Seit 2014 spielt der 30-Jährige mittlerweile in der NFL, in einem Playoff-Spiel stand er allerdings noch nie auf dem Platz. 2016 führte er sein Team mit zwölf Siegen in die Wild Card Round, brach sich allerdings im vorletzten Spiel der Regular Season das Schlüsselbein. Die 14:27-Niederlage seiner Raiders gegen die Texans musste er vom Spielfeldrand aus mitverfolgen.

"Wir wissen, was in dieser Woche auf dem Spiel steht", sagt Carr. "Es ist aufregend, wirklich. Aber ich habe vollstes Vertrauen, dass unser Team bereit sein wird. Wir werden nicht von unseren Emotionen überwältigt werden." Dass Las Vegas nach 16 gespielten Spielen überhaupt noch eine realistische Chance auf den Einzug in die Playoffs hat, ist dabei beeindruckend. Die Saison der Raiders als turbulent zu beschreiben, wäre eine fette Untertreibung.

Head Coach Jon Gruden trat mitten in der Saison zurück, nachdem anstößige E-Mails von ihm veröffentlicht worden waren. Wide Receiver Henry Ruggs wurde entlassen, weil er betrunken einen Autounfall verursachte, bei dem eine junge Frau ums Leben kann. Cornerback Damon Arnette musste gehen, nachdem er in den sozialen Medien damit gedroht hatte, jemanden umzubringen. In dieser Woche wurde schließlich auch noch Cornerback Nate Hobbs wegen des Verdachts von Fahren unter Alkoholeinfluss festgenommen.

All diese Vorfälle - insbesondere natürlich die Tragödie um Ruggs - sind zu verurteilen und werfen kein gutes Licht auf General Manager Mike Mayock, der seit seinem Amtsantritt 2019 stets betont hatte, einen besonderen Wert auf den Charakter seiner Spieler zu legen. Aus rein sportlicher Sicht ist die Standhaftigkeit der Raiders, die trotz all der Turbulenzen abseits des Platzes nie voll aus der Bahn gerieten, jedoch beeindruckend.

Einem erfolgreichen Saisonabschluss steht nun nur noch ein Hindernis im Weg: Das Spiel gegen die Chargers.

Raiders vs. Chargers: Run-Game könnte entscheidend werden

Neben Carr, dem wichtigsten Spieler der Raiders, dürfte dabei auch Josh Jacobs eine Schlüsselrolle zukommen. Der Running Back spielte große Teile der Saison angeschlagen, kommt seiner Bestform allerdings näher und näher. Nachdem Las Vegas in dieser Saison lange zu den schlechtesten Rushing-Teams der Liga zählte, legten Jacobs und Co. über die vergangenen drei Wochen zumindest durchschnittliche Zahlen auf. Der Trend geht in die richtige Richtung.

Gegen die Chargers, deren Run-Defense über Monate hinweg schlicht eine Katastrophe war, könnte der Erfolg des Laufspiel für die Raiders entscheidend werden. Im Hinspiel kam Jacobs bei 13 Carries auf gerade mal 40 Yards - deutlich zu wenig.

Auf Seiten der Chargers waren bei der Defense gegen den Run zuletzt allerdings auch Fortschritte zu sehen: Gegen die Broncos ließ Los Angeles in der Vorwoche gerade mal 2,67 Yards pro Carry zu, mit Justin Jones, Kyler Fackrell und Drue Tranquill scheinen mehrere Schlüsselspieler in der Front Seven pünktlich zum Entscheidungsspiel gegen die Raiders zurückzukehren.

"Man kann unsere Front Seven, unsere Secondary und unsere Art und Weise, wie wir heute den Run attackiert haben, gar nicht genug loben", freute sich Staley nach dem Sieg gegen die Broncos über die Fortschritte. Und Defensive Coordinator Randlo Hill kündigte mit Blick auf diese Woche an: "Wir brauchen elf Spieler, die den Ball jagen. Bei jedem Play."

NFL: Los Angeles Chargers endlich mit fitter Secondary

Auch in der Pass-Verteidigung erhofft sich Staley so spät in der Saison noch einen Sprung nach vorn: Mit Asante Samuel Jr., Michael Davis, Chris Harris Jr., Derwin James, Nasir Adderley und Alohi Gilman haben die Chargers erstmals seit dem Saisonauftakt ihre sechs besten Coverage-Defender wieder fit zur Verfügung.

Dies ermöglicht Los Angeles mehr Dime-Packages mit sechs Defensive Backs auf dem Feld zu spielen. Das sollte den Chargers vor allem bei längeren Third Downs helfen - eine weitere riesige Schwäche in dieser Saison.

"Es war toll, endlich mal wieder mit unserer Starting Secondary spielen zu können", so Staley. "Wir konnten so spielen, wie wir am Anfang der Saison schon gespielt haben."

Die Chargers gehen also mit jeder Menge Selbstvertrauen in ihr Endspiel in Las Vegas - auch wenn die Raiders selbst auf die Rückkehr eines ganz wichtigen Leistungsträgers bauen können: Darren Waller soll in dieser Woche nach mehr als einmonatiger Abstinenz sein Comeback feiern, mit James wird auf der Gegenseite allerdings häufig einer der besten Cover-Safeties der NFL auf ihn warten.

NFL: Passspiel als Drahtseilakt für die Chargers

Auf der Gegenseite liegt das Hauptaugenmerk wiederum auf der Line of Scrimmage: Mit Maxx Crosby und Yannick Ngakoue verfügt Las Vegas über das vielleicht beste Pass-Rushing-Duo der laufenden Spielzeit. Zusammen kommen Crosby und Ngakoue in dieser Saison bereits auf 148 Pressures.

Im ersten Aufeinandertreffen begegneten die Chargers, deren rechte Seite der Offensive Line in Pass-Protection gefährlich wackelt, dieser Herausforderung mit vielen schnellen Pässen. Justin Herbert wurde den Ball im Schnitt nach nur 2,31 Sekunden los - für ihn der zweitniedrigste Wert in dieser Saison.

"Du musst sehr effizient gegen so ein Team sein", glaubt Joe Lombardi, Offensive Coordinator der Chargers. "Das bedeutet nicht, dass du keine explosiven Plays haben kannst, aber du darfst auch keine Angst davor haben, den Ball kurz zu werfen."

Für Los Angeles könnte genau das zu einem echten Drahtseilakt werden: Über die erste Hälfte der Saison bewegten die Chargers den Ball offensiv vor allem im Kurzpassspiel, Herberts herausragende Fähigkeiten als Deep Passer wurden erst im weiteren Saisonverlauf mehr und mehr genutzt. Gegen eine disziplinierte Raiders-Defense wird Herbert den Ball nicht in Coverage forcieren dürfen, eine Chargers-Offense, die zu sehr auf Pässe in die Flats ausgelegt ist, dürfte allerdings den Gastgebern entgegen kommen.

Chargers gewannen erstes Spiel gegen die Raiders deutlich

Zumal fraglich ist, ob die Chargers sich in Las Vegas auf konstante Hilfe durch ihr Run-Game verlassen können werden: Ihre Cover-3-basierte Defense mit einem zusätzlichen Safety in der Box erlaubt es den Raiders, den Run aggressiv zu spielen. Diese Erfahrung musste über die letzten Wochen bereits so manches Team machen.

Nur vier Teams spielten über die letzten drei Wochen noch effektiver gegen den Run als die Unit von Defensive Coordinator Gus Bradley. Und das, obwohl die Raiders in diesem Zeitraum unter anderem auf die Browns mit Nick Chubb und die Colts mit Jonathan Taylor trafen.

Im ersten Aufeinandertreffen der beiden Teams dominierte die linke Seite der Offensive Line der Chargers ihre Gegenspieler noch. Austin Ekeler lief bei nur 15 Carries für 117 Yards. Dass sie dieses Erfolgsformular in dieser Woche wohl nicht einfach erneut umsetzen können, weiß auch Staley: "Es wird ein anderes Spiel sein, ein anderer Plan", kündigte er an.

Vor drei Monaten hatten die Chargers einen mühelosen Sieg über ihren Division-Rivalen einfahren können: Zur Pause führten die Gastgeber bereits mit 21:0, Pass-Rusher Joey Bosa nutzte die Gunst der Stunde, um nach dem Spiel über Carr auf der Gegenseite zu spotten.

Dass die Partie diesmal ähnlich deutlich entschieden wird, scheint unwahrscheinlich. Zu nah liegen beide Teams aktuell beieinander, auch die Buchmacher gehen von einem engen Spiel aus. Die Chancen stehen also nicht schlecht, dass das "Endspiel" zwischen den Raiders und Chargers bis zur letzten Minute spannend bleibt. Und wer weiß? Sollte es dann Unentschieden stehen, erscheint die die Möglichkeit eines Remis ja womöglich doch noch für beide Seiten attraktiv...

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