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Top 5: Die wichtigsten Erkenntnisse aus Woche 11 in der NFL

SPOX-Redakteur Adrian Franke blickt zurück auf Woche 11 in der NFL.
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3. Wer verabschiedet sich aus dem Playoff-Rennen?

Ich hatte überlegt, wie ich diesen Part einleiten soll. Klar, es kann noch viel passieren, gerade in dieser Saison, die so komplett unberechenbar daherkommt, selbst für NFL-Verhältnisse. Und mit dem zusätzlichen Spiel und dem zusätzlichen Playoff-Platz müssen wir sowieso alle erst einmal unsere Sensoren neu kalibrieren, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wer noch eine echte Playoff-Chance hat - und wen man trotz noch rechnerischer Chance schon abschreiben kann.

Es erschien mir auch deshalb passend, dieses Segment diese Woche von der anderen Seite einzuleiten; mit drei Teams, die in meinem Kopf kurz davor waren, abgeschrieben zu werden, und sich mittlerweile nicht nur wieder mittendrin im Rennen befinden, sondern die reale sportliche Argumente haben, warum sie in der zweiten Saisonhälfte das offene Mittelfeld nutzen und in die Playoffs stürmen können.

Das erste Team sind hier ganz klar die Philadelphia Eagles. Ich hatte letzte Woche bereits ein wenig über die Eagles geschrieben, und darüber, dass Jalen Hurts gerade sehr gute Argumente sammelt, dass die Eagles die nächsten beiden Jahre eher um ihn herum investieren und ihr reiches Draft-Kapital nicht in einen Nachfolger investieren sollten.

Vor allem auffällig ist für mich, dass Philadelphia seine klare Identität gefunden hat. Mit dem vielseitigen Run Game, in welchem Hurts selbst längst eine feste Rolle spielt, hinter einer zunehmend dominanten Offensive Line. Das Spiel gegen die Saints-Front, in meinen Augen die dominanteste Run-Defense in der NFL über die letzten Wochen, war ein weiteres Ausrufezeichen in diese Richtung: Die Eagles können den Ball laufen und scheinen dabei aktuell auch unabhängig vom Matchup zu sein.

Das gibt ihnen einen enorm hohen Floor, während sich DeVonta Smith immer besser zurechtfindet und für die Explosivität im Passspiel sorgt, mit Dallas Goedert als Motor daneben. Die Defense ist immer noch statisch und strukturell eher simpel, hier spielt vor allem Darius Slay auf einem exzellenten Level aktuell. Die Eagles sind auf bestem Wege, ein maximal unangenehmes Team zu sein - und das könnte für den Nummer-7-Seed in der NFC schon reichen dieses Jahr.

Das andere sind die Indianapolis Colts, die gerade für das vermutlich schwächste Spiel der Bills-Defense gesorgt haben. Die Colts sind für mich ein Team, das potenziell einen hohen Floor hat, solange Carson Wentz keine kritischen Fehler unterlaufen; das hat Indy das Spiel gegen die Titans gekostet.

Aber mit der O-Line, mit Jonathan Taylor, mit Frank Reichs Scheme, mit der Qualität in der Defensive Front - die Colts sind für mich kein Team mit enormem Potenzial nach oben aktuell, aber das wird es auch nicht brauchen, wenn der Floor bei ihnen stabiler wird. Reich hat das Team einmal mehr aus einer wackligen Phase wieder in ruhigere Fahrwasser geführt, insbesondere das Run Game sieht inzwischen so aus, wie man sich das vor der Saison erhofft hatte und angesichts der inkonstanten AFC-Konkurrenz ist Konstanz sehr viel wert, selbst wenn man vielleicht nicht die enorme Upside anderer Teams hat.

Ich erwarte auch mit dieser Niederlage der Titans gegen Houston - was soll ich hier noch über die AFC sagen? - dass Tennessee sich die Division nicht mehr nehmen lässt. Aber dieser Sieg der Colts war absolut ein Ausrufezeichen in der AFC und katapultiert Indianapolis zurück in Playoff-Rennen, nicht zuletzt weil Indianapolis eine klare Identität hat. Etwas, das vielen Teams in der unberechenbaren NFL fehlt.

Nummer drei sind die San Francisco 49ers, dazu später noch mehr.

Playoff-Prognose: Keine Giants, Bears - oder Seahawks

Detroit Lions (0-9-1): Die zentrale Frage an diesem Punkt bei den Lions ist für mich: Nehmen sie im April im Draft mit dem ersten Pick Kayvon Thibodeaux? Oder doch mit dem zweiten Pick Aidan Hutchinson?

New York Jets (2-8): Ich will auf keinen Fall Robert Saleh nach einem Jahr abschießen. Und natürlich ist das kein guter Kader, natürlich ist das kein Team, von dem man riesige Sprünge erwarten konnte. Nichtsdestotrotz hatte ich mir mehr defensive Fortschritte erhofft als das, was die Jets seit Wochen schon an den Tag legen. Ich hatte mir einen besseres Management der Quarterback-Position gewünscht. Und keine öffentlichen Wutausbrüche, nur weil Rex Ryan seine Meinung zum Besten gibt. Saleh coacht nicht um seinen Job, aber selbst mit niedrigen Erwartungen ist dieses Team noch weiter weg vom nächsten Schritt als ich erhofft hatte.

Houston Texans (2-8): Dass die Texans dieses Jahr nicht um die Playoffs mitspielen, kommt wenig überraschend. Selbst in einer extrem offenen AFC ist Houston doch nochmal weit weg. Die positive Überraschung ist eher, dass die Texans nicht das schlechteste Team in der NFL sind und dass sie "überraschend kompetitiv" sein können. Dieser Titel passte jetzt schon für mehrere Texans-Spiele dieser Saison, zuletzt am Sonntag gegen die Titans.

Jacksonville Jaguars (2-8): Rein mit Blick auf die NFL-Karriere von Trevor Lawrence hoffe ich wirklich, dass die Jaguars die Kurve bekommen. Während sich bei der Defense ein positiver Trend erkennen lässt, wirkt die Offense als wäre sie schlicht kaputt. Sicher, die Jags werden unter anderem bessere Receiver brauchen, aber dass ausgerechnet Urban Meyer sich bisher so ideenlos präsentiert, ist definitiv eine Enttäuschung.

New York Giants (3-6): Bleibt Dave Gettleman? Bleibt Joe Judge? Und falls die Antwort auf beide Fragen "Ja" ist: Wird 2022 dann eine verschwendete Saison, oder sind die beiden in der Lage, das Ruder herumzureißen? 2021 ist in jedem Fall frustrierend, die Giants sind ein Team ohne klare Identität und wirken - daher umso wichtiger die Frage - von außen betrachtet ein wenig ruderlos.

Chicago Bears (3-7): Diese Niederlage gegen die Ravens ohne Lamar Jackson, ohne Marquise Brown - das könnte die Art Spiel sein, welches einen angezählten Matt Nagy schließlich den Job kostet. Und natürlich hatten die Bears ebenfalls ihre prominenten Ausfälle, aber dieser defensive Kollaps gegen Tyler Huntley, nachdem Chicagos Offense zuvor in erster Linie von einzelnen Breakdowns in der Ravens-Coverage profitiert, ansonsten aber kaum zusammenhängende Drives hatte hinlegen können. Es fühlt sich nach einer kritischen anstehenden Offseason in Chicago an, in welcher eine Weichenstellung stattfinden könnte.

Seattle Seahawks (3-7): Ausgerechnet die beiden Spiele nach der Rückkehr von Russell Wilson haben den Seahawks klare Grenzen aufgezeigt. Die Shutout-Pleite gegen die Packers sowie die Heimniederlage gegen ein Cardinals-Team ohne Kyler Murray und ohne DeAndre Hopkins waren schon im Boxscore bitter - die tatsächlichen Auftritte auf dem Platz allerdings waren fast noch dramatischer. Diesem Team fehlt es im Moment in zu vielen Bereichen, und Wilson ist weit weg von der Form vergangener Jahre, mit welcher er Schwachstellen kaschieren und das Team in die Playoffs befördern konnte.

Miami Dolphins (4-7): Ohne Frage eine der größten Enttäuschungen auf dieser Liste. Davon ausgehend, dass Brian Flores und Chris Grier 2022 in ein Make-or-Break-Jahr gehen, können die Dolphins nicht noch einmal mit einer derart desolaten Offensive Line in die Saison gehen, unabhängig davon, was auf der Quarterback-Position passiert. Und selbst dann könnten die Dolphins in den nächsten Jahren so manchem GM als mahnendes Beispiel dafür dienen, wie sehr ein fast wie am Reißbrett geplanter Rebuild trotzdem schiefgehen kann.

Washington Football Team (4-6): Washington gehört zu den Teams, die sich einfach verzockt haben. In der Hoffnung darauf, nochmals mit der Defense dominieren zu können, ging Washington die Offseason so an, dass eine etwas verbesserte Offense schon reichen würde, um dann den nächsten Schritt zu machen. Jetzt braucht das Team aus der Hauptstadt eine schnelle Quarterback-Lösung, ehe zu viele wichtige Spieler bezahlt werden müssen. Zumindest ist das Football Team, dessen Offensive Line zurück in Bestbesetzung ist, unterhaltsam.

Atlanta Falcons (4-6): Der 4-5-Record vor Woche 11 war ein Stück weit irreführend, die deutliche Pleite gegen die Patriots unterstrich das. Die Falcons haben einige Spiele gegen schwächere Teams (Giants, Jets, Dolphins) gewonnen und während sie im Laufe der Saison zumindest eine gewisse offensive Anpassungsfähigkeit unter Beweis gestellt haben, sieht die laufende Saison für mich wie eine Brückensaison aus, wo allerdings am anderen Ende der Brücke komplette Ungewissheit herrscht. Die Falcons sind im Umbruch und ich bin auf die nächsten Schritte des neuen Regimes in diesem Umbruch gespannt. Angesichts der in puncto Rebuild zögerlichen Entscheidungen der vergangenen Offseason muss es ja (hoffentlich) eine Art mittel- und langfristigen Plan geben.