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NFL - Lamar Jackson mit Mama als Berater: Darum wird seine Vertragsverlängerung eine besondere Herausforderung

Von Jan Dafeld
Lamar Jackson soll seinen Vertrag bei den Baltimore Ravens vorzeitig verlängern.
© getty

Lamar Jackson kann in diesem Sommer einen neuen Vertrag bei den Baltimore Ravens unterschreiben. Beide Parteien geben sich betont optimistisch - doch die Verhandlungen könnten so manche ungewöhnliche Herausforderung beinhalten.

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Sportlich zählt das Team zum engsten Contender-Kreis, 2019 gewannen die Ravens ligaweit die meisten Spiele, 2020 zog Baltimore in die Divisional Round ein.

Darüber hinaus hat das Team im Frühjahr seine wohl größte Schwachstelle adressiert: Fehlende Waffen im Passspiel. Mit Sammy Watkins, Rashod Bateman und Tylan Wallace hat Jackson gleich drei neue Receiver an seine Seite bekommen. Mit den Neuzugängen wollen die Ravens in der kommenden Saison erneut angreifen.

Doch die diesjährige Offseason ist auch in anderer Hinsicht eine besonders wichtige für Jackson und seine Franchise.

Ab diesem Sommer kann der Quarterback eine vorzeitige Vertragsverlängerung seines Rookie Contracts unterschreiben. Angesichts seiner Leistungen in den vergangenen zwei Jahren ist klar, dass die Ravens ihren Superstar unbedingt halten wollen. Doch die Rahmenbedingungen sind, insbesondere für einen Vertrag der hier zu erwartenden Größenordnung, ungewöhnlich.

NFL: Lamar Jackson hat keinen Berater

"Lamar und ich hatten Diskussionen dazu", verriet General Manager Eric DeCosta bereits. "Ich denke, es ist wichtig für uns und wichtig für ihn. Doch Lamar ist ein sehr geduldiger Typ." "Ich würde es lieben, für immer hier zu sein", sagt Jackson selbst. "Ich liebe Baltimore, ich liebe die gesamte Organisation."

Druck übt der Quarterback bislang keinen aus: "Ich will nicht lügen: Darauf konzentriere ich mich nicht", so Jackson. "Ich konzentriere mich darauf, einen Super Bowl zu gewinnen." "Lamar weiß, was wichtig ist", glaubt Head Coach John Harbaugh. "Schaut, was er bisher erreicht hat: Er wird bezahlt werden und das weiß er." Die Vertragsverlängerung mit Jackson sei nicht mehr als "eine Formalität".

Ganz so locker wie von den Verantwortlichen in der Öffentlichkeit dargestellt, dürften die Verhandlungen zwischen den beiden Parteien dennoch nicht vonstatten gehen. Jackson gehört zu den besten jungen Quarterbacks der Liga. Sein Vertrag wird einer der teuersten in der Geschichte der NFL werden, so viel ist klar.

Ein weiterer Umstand verleiht den Verhandlungen zudem einen ganz besonderen Charakter: Jackson hat keinen Berater. Seine Vertragsgespräche führt er selbst, gemeinsam mit seiner Mutter.

Lamar Jackson: Auch für die Ravens eine neue Erfahrung

Bereits vor dem Draft 2018 beobachtete manch ein Team Jacksons unabhängiges Auftreten mit hochgezogenen Augenbrauen. Die Tragweite der Entscheidung ist nun allerdings deutlich größer als noch vor drei Jahren, schließlich haben Spieler bei den Verhandlungen ihres Rookie-Vertrags ohnehin nur wenig Spielraum.

"Er steht stark unter Druck, die Verhandlungen sind unglaublich kompliziert", glaubt NFL Network-Insider Ian Rapoport. "Es steht unglaublich viel auf dem Spiel, denn wenn du einen schlechten Vertrag abschließt, könnte dich das 10 Millionen Dollar oder mehr kosten. Das ist schon passiert."

Doch auch über die rein finanzielle Komponente hinaus könnte Jacksons Eigenständigkeit zu einigen ungewöhnlichen Dynamiken führen. Bei Mediennachfragen in Bezug auf den Vertrag verweisen Spieler in der Regel auf ihren Berater, um sich auf das Sportliche konzentrieren zu können. Jackson kann das nicht.

Darüber hinaus sind die Verhandlungen unter diesen Umständen auch für das Team eine neue Erfahrung. Sollten die Ravens gegenüber Jackson zum Beispiel auf dessen Schwächen als Pocket-Passer verweisen, wie sie es in Verhandlungen mit einem Berater vermutlich tun würden? Oder würden sie ihren Superstar damit vor den Kopf stoßen?

Und: Darf man Jacksons fehlende Erfahrung in den Verhandlungen ausnutzen? Durch eine ungewöhnliche und komplizierte Vertragsstruktur könnte das Team eventuell finanzielle Vorteile herausschlagen. Gleichzeitig würde die Franchise jedoch auch ihren wichtigsten Spieler bloßstellen und das Verhältnis zu diesem belasten. Ist es das wert?

Lamar Jackson: Einer der größten Verträge der NFL-Geschichte

Jackson ist nicht der erste Spieler in der NFL-Geschichte, der seinen Vertrag ohne einen offiziellen Berater aushandelt. DeAndre Hopkins, Bobby Wagner, Richard Sherman und Laremy Tunsil schlugen auch ohne Berater - allerdings mit mit finanziellen Beratern, auf die Jackson womöglich ebenfalls verzichtet - respektable Verträge für sich heraus.

Russell Okung hingegen verkalkulierte sich in seinen Verhandlungen 2016 gehörig. Nach nur einem Jahr und acht Millionen verdienten Dollar entließen ihn die Broncos aus seinem Fünfjahresvertrag über bis zu 53 Millionen Dollar.

Es ist allerdings klar, dass diese Spieler nicht direkt mit Jackson verglichen werden können. Quarterbacks sind in der NFL die mit Abstand wichtigsten Spieler, dementsprechend werden sie bezahlt. Jackson könnte bei Vertragsabschluss das Doppelte von Spielern wie Sherman, Wagner oder Hopkins verdienen. Die Fallhöhe ist für ihn somit deutlich höher.

Um abschätzen zu können, in welcher Größenordnung sich Jacksons Vertrag bewegen wird, muss man sich die jüngsten Verträge von anderen jungen Top-Quarterbacks ansehen. Patrick Mahomes unterzeichnete den größten Vertrags in der Geschichte des Sports, über zehn Jahre soll er 450 Millionen Dollar erhalten. Dak Prescotts neuer Vertrag bringt ihm 160 Millionen Dollar über vier Jahre ein, Deshaun Watsons 156 Millionen Dollar über vier Jahre.

Dass Jackson die Zahlen von Prescott und Watson übertrumpfen wird, gilt praktisch als sicher. Jackson wurde schließlich erst im vergangenen Jahr zum MVP gewählt. Eine Auszeichnung, die sich Prescott und Watson bislang noch nicht verdienen konnten.

Lamar Jackson: Kein Vertrag wie Patrick Mahomes?

Und Mahomes? Der 25-Jährige ist aktuell der größte Superstar und der wahrscheinlich beste Spieler der NFL. Dass Jackson einen Vertrag in ähnlicher Größenordnung einheimsen können wird, gilt als unwahrscheinlich. Jedoch nicht als unmöglich.

Mahomes' Vertrag stellte allerdings nicht nur in finanzieller, sondern auch in struktureller Hinsicht eine Anomalie dar. Normalerweise bevorzugen Quarterbacks kürzere Verträge, um mehrfach vom Anstieg des Salary Caps profitieren zu können. Zuletzt unterschrieben praktisch alle Quarterbacks außer Mahomes Verträge über vier neue Jahre.

So mancher Kritiker rät zudem davon ab, sich zu lange an Jackson zu binden. Der Spielstil des 24-Jährigen gilt als verletzungsanfällig und ohnehin weniger beständig - und das obwohl Quarterbacks wie Watson oder Russell Wilson in den letzten Jahren deutlich mehr harte Hits einstecken mussten als Jackson.

Die Eagles und die Rams fielen mit ihren vorzeitigen Vertragsverlängerungen von Carson Wentz und Jared Goff zuletzt auf die Nase, Vorsicht ist also definitiv geboten.

Lässt Lamar Jackson Josh Allen den Vortritt?

Könnte Jackson nun selbst darauf aus sein, einen möglichst langen Vertrag abzuschließen, um sich für den Fall einer Verletzung abzusichern? Bislang sind keine Details der Verhandlungen zwischen Jackson und den Ravens bekannt.

Ohnehin könnte der 24-Jährige davon profitieren, mit einem Vertragsabschluss noch etwas zu warten. Mit Josh Allen und Baker Mayfield können zwei weitere junge Quarterbacks aus seinem Draft-Jahrgang in diesem Sommer neue Verträge unterschreiben.

Jackson könnte abwarten bis zum Beispiel Allen verlängert hat, um dessen Deal dann zu übertreffen. Ganz so wie es beispielsweise Teamkollege Marlon Humphrey im vergangenen Sommer mit Tre'Davious White tat.

Doch selbst dann wird der Spagat zwischen Lamar Jackson dem Quarterback und Lamar Jackson dem Berater ein Drahtseilakt - für beide Seiten. Angesichts der Größenordnung des Vertrags und damit einhergehend des potenziellen Risikos keine einfache Situation.

Zumindest öffentlich verschwendet Jackson keinerlei Gedanken an solche Strategien. "Wenn ich ehrlich bin, konzentriere ich mich nur auf die Saison. Ich konzentriere mich nur darauf, zu gewinnen", sagt Jackson. "Ich sorge mich nicht wirklich darum, ob wir es in diesem oder im nächsten Jahr hinbekommen. Wir werden sehen."

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