Die Bucs werden dann das erste Team sein, das einen Super Bowl im heimischen Stadion austrägt.
Zwar wird es auch aufgrund der Pandemie vermutlich keinen sonderlich großen Vorteil dadurch geben, was die Fans im Stadion betrifft - allerdings war von vorneherein geplant, dass die Teams in diesem Jahr erst deutlich später zum Super Bowl anreisen, da auch Dinge wie das große Medien-Event digital stattfinden werden. Insofern hat Tampa den logistischen Vorteil, schon deutlich früher vor Ort zu sein als die Chiefs.
Der andere Aspekt, der über die nächsten eineinhalb Wochen rauf und runter diskutiert werden wird, ist der der Staffelstabübergabe.
Tom Brady wird seinen zehnten (!) Super Bowl spielen, ein absurder Wert. Er wird damit in 18 Prozent aller Super Bowls gespielt haben - während andere Hall-of-Fame-Quarterbacks wie Drew Brees und Aaron Rodgers in ihren großen Karrieren vielleicht je nicht mehr als einen einzigen spielen werden. Er ist auch der erste Quarterback, der in drei verschiedenen Dekaden im Super Bowl steht.
Brady hat jetzt schon sechs Titel gewonnen, mehr als jeder andere Spieler. Mahomes könnte im Alter von nur 25 Jahren in seiner dritten Saison als Starter seinen zweiten Ring gewinnen.
SPOX bringt Euch mit dem ersten Blick auf den Super Bowl auf Stand mit den Infos, Statistiken, Matchups und Storylines, die ihr über die nächsten zehn Tage wissen solltet.
Die Eckdaten: Wann und wo findet der Super Bowl 2021 statt?
- Wann? In der Nacht vom 7. auf den 8. Februar, ab 0.30 Uhr deutscher Zeit.
- Wo? Raymond James Stadium, Tampa/Florida.
- Wie? Die Buccaneers sind nicht nur ganz praktisch, sondern auch auf dem Papier das Heimteam. Sie dürfen also auch auswählen, in welchem Trikot sie spielen wollen.
- Wie viele Zuschauer? 22.000 Zuschauer werden trotz der Corona-Pandemie im Stadion sein. Darunter werden 7.500 bereits geimpfte Mitarbeiter des Gesundheitswesens sein, die von der NFL eingeladen werden. Es wird dennoch die geringste Zuschauerzahl jemals bei einem Super Bowl sein.
- Halftime Show? Der kanadische Sänger "The Weeknd" wird die Halbzeitshow gestalten.
- DAZN überträgt den Super Bowl live - wahlweise auch im US-Originalkommentar. In der deutschen Version kommentieren Günter Zapf, Ingo Seibert und Adrian Franke das Spiel.
Super Bowl 55 Preview: Der Blick auf die Buccaneers
Die Saison der Bucs ist geprägt von einigen ungewöhnlichen Statistiken. Beispielsweise hat Tampa Bay bereits 41 Punkte infolge von gegnerischen Turnovern erzielt - nur in dieser Postseason. Acht weitere, und die Bucs würden laut ESPN Stats auch noch die 2010er Packers in dieser Hinsicht überholen. Das bedeutet aber auch, dass 45 Prozent der Bucs-Punkte nach Turnovern kamen, eine enorme Zahl. In der Regular Season waren es 101 Punkte (Platz 3 ligaweit), oder 21 Prozent.
Im Super Bowl sollte Tampa eine solche Quote lieber nicht einkalkulieren, Kansas City hatte in der Regular Season die viertwengisten Giveaways. Also wird man mehr Effizienz von der eigenen Offense brauchen, und dabei würde es definitiv helfen, die First-Down-Runs runter zu schrauben. Gegen die Packers liefen sie 18 Mal bei First Down, oder auch bei zwei Drittel ihrer First-Down-Snaps. Das ging nur auf, weil Brady insbesondere in der ersten Hälfte spektakulär bei Third Down war. Insgesamt wandelte Tampa fünf von acht Third Downs, bei denen sieben oder mehr Yards fehlten, in ein neues First Down um.
Darauf kann man sich gegen eine Chiefs-Defense, die man nicht unterschätzen sollte, nicht nochmal verlassen. Sehen wir also einen effizienteren Game Plan der Bucs-Offense? Oder setzt sich das fort, was jetzt gegen die Saints und gegen die Packers das Bild prägte?
Antonio Brown sollte im Super Bowl wieder mit von der Partie sein, und dann fährt Tampa Bay vielleicht das beste Waffenarsenal der Liga auf. Mit Brown, mit Mike Evans, Chris Godwin, Rob Gronkowski, Cameron Brate und Scotty Miller sowie Tyler Johnson als gefährliche Waffen aus der zweiten und dritten Reihe, die beide für Big Plays in kritischen Momenten gut sind. Allein: Zu sehr auf die individuelle Qualität sollte sich Tampa eben nicht verlassen, das hat das Bills-Chiefs-Spiel eindrucksvoll untermauert.
Aus Matchup-Sicht gibt es defensiv mehrere Ansätze. Carlton Davis wurde Eins-gegen-Eins im Regular-Season-Duell von Tyreek Hill für ein Viertel komplett verbrannt, ehe Tampa schließlich umstellte und den Cornerbacks mehr half. Riskieren sie nochmal den aggressiveren Ansatz, oder ist der im Papierkorb verschwunden? Außerdem: können Lavonte David und Devin White Travis Kelce halbwegs ausschalten? Tampa sollte die Line of Scrimmage defensiv kontrollieren können, und dann gibt es viel Spielraum für Defensive Coordinator Todd Bowles' Kreativität dahinter.
Bekommt Tampa Bay außerdem seine Starting-Safeties Antoine Winfield und Jordan Whitehead zurück, erwartet die explosive Chiefs-Offense eine Bucs-Defense in Bestbesetzung. Game on.
Super Bowl 55 Preview: Der Blick auf die Kansas City Chiefs
Über die Offensive Line zu sprechen ist nicht unbedingt sexy und ist im Vorfeld des Super Bowls selten unter den Top-Themen zu finden. Dieses Jahr aber ist es eine substanzielle Geschichte für die Vorschau auf die Partie.
Aus Kansas City ist bereits bekannt, dass Left Tackle Eric Fisher nicht spielen wird - Fisher hatte sich im AFC Championship Game an der Achillessehne verletzt. Die prognostizierte Offensive Line für die Chiefs, denen jetzt fast alle nominellen Starter fehlen, für den Super Bowl sieht damit so aus:
- Left Tackle: Mike Remmers (seit 2016 kein Snap auf Left Tackle gespielt, eigentlich der Backup-Right-Tackle)
- Left Guard: Nick Allegretti (ehemaliger Siebtrunden-Pick, erste Saison als Starter)
- Center: Austin Reiter (der einzige im Vorfeld der Saison auf dem Papier klar als Starter prognostizierte und noch übrige Spieler dieser Line)
- Right Guard: Stefen Wisniewski (von den Chiefs in der Offseason gehen gelassen, im November von den Steelers entlassen worden)
- Right Tackle: Andrew Wylie (Undrafted Free Agent 2017, bisher 117 NFL-Snaps auf Right Tackle, hat nahezu ausschließlich Guard gespielt)
Reicht das, um Mahomes konstant mit dem 4-Men-Rush unter Druck zu setzen? Die Antwort auf diese Frage könnte das Spiel entscheiden, denn davon ausgehend, dass Mahomes nach seiner Fußverletzung in zwei Wochen wieder deutlich mobiler ist, sollte klar sein: Der Blitz ist nicht wirklich die Antwort gegen Mahomes und die Chiefs-Offense.
Nur zwei Quarterbacks wurden in der Regular Season seltener geblitzt als Mahomes (21 Prozent seiner Dropbacks). Und das aus gutem Grund: Mahomes zerstörte den Blitz mit spektakulärer Konstanz, am Ende brachte er gegen den Blitz im Vergleich zu den regulären Dropbacks einen höheren Prozentsatz seiner Pässe (70,5 Prozent) für mehr Yards pro Pass (9,3) an und legte 16 Touchdowns auf, bei nur einer Interception. Ganze vier (!) Sacks gelangen gegnerischen Defenses bei 145 Versuchen, wenn sie Mahomes blitzten.
Warum ist das wichtig? Die Bucs blitzten in der Regular Season bei 38 Prozent der Dropbacks, der fünfthöchste Wert. Das ist Teil ihrer defensiven DNA, doch schon im Woche-12-Duell zwischen diesen beiden Teams schraubte es Tampa deutlich zurück, nachdem die Bucs früh mehrfach verbrannt worden waren. Bei 53 Dropbacks brachte Tampa neun Blitzes - Mahomes legte dagegen 11,8 Yards pro Pass und zwei Touchdowns auf, ein Sack gelang Tampa auf diesem Wege nicht.
Wie die Chiefs also ihre Line unterstützen wird eine zentrale Frage sein. Doch auch die andere Seite des Balls verspricht einige brisante Duelle: Können Tyrann Mathieu und Co. in ihren sehr flexiblen Coverages auch Tom Brady verwirren? Kann Chris Jones Brady über die Mitte unter Druck setzen? Und sind die Chiefs nach einer herausragenden Vorstellung in Coverage gegen die Buffalo Bills auch in der Lage, gegen das randvoll bestückte Waffenarsenal der Buccaneers derart konstant in Coverage zu bestehen?
Fakten und Statistiken zu Super Bowl 55:
- Für die Chiefs ist es die vierte Super-Bowl-Teilnahme in der Franchise-Geschichte, Kansas City geht nach dem Triumph über die San Francisco 49ers im Vorjahr als Titelverteidiger in die Partie. Sie könnten das erste Team seit den Patriots 2003 und 2004 werden, das seinen Titel erfolgreich verteidigt. Für Tampa Bay ist es erst die zweite Super-Bowl-Teilnahme überhaupt: 2002 gewannen die Bucs den Titel mit Spielern wie Derrick Brooks, Keyshawn Johnson, Warren Sapp und dem heutigen 49ers-GM John Lynch.
- Sehen wir - passend zu einer von den Offenses geprägten Saison - auch einen historischen Super Bowl? Noch immer stehen als Super-Bowl-Bestmarke die 75 kombinierten Punkte aus Super Bowl XXIX (Januar 1995), als die San Francisco 49ers um Steve Young und Jerry Rice die San Diego Chargers mit 49:26 schlugen. Die Eagles und Patriots verfehlten diese Bestmarke bei ihrem Shootout vor drei Jahren nur um einen Punkt, Philadelphia gewann damals 41:33.
- Eine Bestmarke wird Brady sich unabhängig vom Ergebnis sichern: Colts-Kicker Matt Stover ist bislang der älteste Spieler, der jemals in einem Super Bowl gespielt hat - in Super Bowl XLIV war er 42 Jahre alt. Brady ist 43.
- 13 Jahre ist es her, dass die New York Giants die New England Patriots im Super Bowl schockten und den Pats so die Chance auf eine perfekte Saison vermasselten - New England war zuvor als erstes Team, seitdem die Regular Season 1978 auf 16 Spiele erweitert wurde, ohne Niederlage durch die Saison und bis in den Super Bowl marschiert. Getragen wurden die G-Men damals von einer dominanten Defense unter der Leitung von Defensive Coordinator Steve Spagnuolo - seit 2019 der Defensive Coordinator der Chiefs.
- Trotz Heimvorteil, trotz Brady: Die Chiefs gehen bei den Buchmachern als Favorit in diese Partie. Vegas sieht Kansas City mit drei Punkten in Front und bleibt es bei dieser Line, dann wäre es für Brady im zehnten Anlauf erst der zweite Super Bowl, in den er nicht als Favorit geht. Nummer eins war gleich Bradys erster, im Februar 2002 waren die Patriots krasser 14-Punkte-Außenseiter gegen Kurt Warner und die St. Louis Rams. New England gewann die Partie damals.
- Das Over/Under für das Spiel sind stolze 57 Punkte. Es ist das zweithöchste Over/Under in der Super-Bowl-Geschichte, getoppt nur von der Quote vor dem Super Bowl 2016 zwischen den Atlanta Falcons und den New England Patriots. Damals übertrafen die beiden Teams die Marke.