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NFL - New England Patriots: Jakob Johnson über Rassismus: "Schade, dass 2020 vielen Leuten immer noch die Empathie fehlt"

Jakob Johnson erzielte gegen die Seattle Seahawks seinen ersten NFL-Touchdown.
© imago images / Gregory Fisher

Jakob Johnson spricht über seinen ersten Touchdown in der NFL für die New England Patriots und erklärt seinen Jubel danach, der einen traurigen Hintergrund hat. Überbewerten will er seinen Erfolgsmoment jedoch nicht. (Jakob Johnsons ersten NFL-Touchdown seht Ihr hier im Video!)

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Im Rahmen einer Medienrunde mit deutschen Journalisten spricht Johnson (25) zudem über das anhaltende Rassismus-Problem in den USA, Quarterback Cam Newton und die überraschend gute Aussprache seines Namens in den US-Medien.

Jakob Johnson über ...

... die Entstehung des Touchdowns: "Wir selber callen die Spielzüge nicht. Wir haben das Play unter der Woche immer wieder im Training einstudiert. Und als dann der Call kam, war klar, dass ich das Play machen musste. Und es lief dann so, wie wir es geplant hatten."

... den Zeitpunkt, indem er wusste, dass das Play zum Touchdown ihn als Adressat haben würde: "Als der Call im Huddle kam, war mir klar, dass das Play über mich geht oder es eben nicht erfolgreich sein würde. Es war mir klar, dass der Ball auf jeden Fall zu mir kommt. Und dann fällt man zurück auf sein Training. Wir hatten den Spielzug ein paar Mal trainiert und an der Technik gearbeitet. Und dann verlässt du dich einfach darauf. Dann geht es nur noch darum, das Ganze in die Tat umzusetzen. Wenn der Ball in der Luft ist, kommt es dir vor wie in Zeitlupe. Und dann musst du dich auf dein Training verlassen und den Ball fangen. Das ist das Wichtigste. Danach war die Erleichterung natürlich groß, denn nicht jeder bekommt die Gelegenheit, einen Touchdown in der NFL zu erzielen."

... den Stellenwert seines Touchdowns: "Der Sieg wäre mir lieber gewesen als der Touchdown. Abgesehen davon ist es natürlich schön, einen Touchdown zu erzielen, aber am Ende des Tages ist es ein Teil deines Jobs. Wenn ein Spielzug ausgewählt wird, in dem nur du den Ball bekommen kannst, dann ist es dein Job, den Ball zu fangen. Die Coaches freuen sich natürlich, weil sie meine Story auch ein bisschen kennen. Aber es ist nicht so, dass dir die Leute jetzt noch vier Tage danach auf die Schultern klopfen, schließlich haben wir am Sonntag wieder ein Spiel."

Jakob Johnson: Erster Touchdown? "Am Ende des Tages ist es ein Teil deines Jobs"

... das Lob von Belichick nach dem Seahawks-Spiel: "Ich weiß nicht, ob so etwas direkt immer gesagt werden muss. Hier im Gebäude musst du dir alles verdienen, was du bekommst. Jeder hier im Kader oder der Practice Squad hat eine Funktion, die er erfüllt, mit der sozusagen das Lob der Coaches schon mit eingebaut ist. Und dann muss man das Vertrauen, das die Coaches einem schenken, auch erfüllen."

... den Spielball nach der Partie für den ersten Touchdown: "Nach Niederlagen werden bei uns keine Awards vergeben. Den Ball von dem Spielzug habe ich aber behalten. Den habe ich den Equipment-Managern gegeben und die haben ihn dann mit nach Boston gebracht. Der kommt in den Schrank."

... seine Planung für einen möglichen Touchdown-Jubel: "Jeder, der mal Football gespielt hat, überlegt doch, was er machen würde, wenn er mal einen Touchdown erzielt. Wir haben hier zwar keine Regel, aber wir sagen immer, feiere mit deinen Teamkollegen. Keiner erzielt den Touchdown alleine - ich habe ihn zwar gefangen, aber andere brachten ihn bis an die Goal Line und ein paar Jungs haben für mich geblockt ... Eine Sache, die ich aber auf jeden Fall machen wollte, war mit dem Finger nach oben zu zeigen. Ich habe einen Coach verloren, der einen Herzinfarkt hatte. Mit ihm habe ich immer in der Offseason gearbeitet. Ich kannte ihn schon seit meinen High-School-Zeiten und das war das Dankeschön an ihn."

Jakob Johnson: Touchdown-Jubel als Dankeschön an verstorbenen Coach

... Chris Corprew, seinen verstorbenen ehemaligen Coach: "Er hätte jetzt als Wide Receivers Coach am Edward Waters College in Jacksonville/Florida angefangen. Er war damals, als ich in Jacksonville auf der High School war, einer der Coaches im Staff. Er war, glaube ich, der Defensive Backs Coach damals. Und ich bin vor meinem Senior-Jahr am College, als ich kaum gespielt habe, zu ihm nach South Carolina in der Offseason gegangen. Er hat mir beigebracht, wie man Bälle fängt, und mein Vertrauen in meine Fähigkeiten wieder aufgebaut. Ich habe bei ihm auf der Couch geschlafen, wir machten zwei bis drei Trainingseinheiten pro Tag und er hat mich kostenlos bei ihm durchgefüttert. Er hatte Beziehungen in die NFL und wir sprachen über Football und bestimmte Spielzüge, die in der NFL vorkamen. Das hat mir sehr geholfen in meinem letzten Jahr in Tennessee, wo ich dann deutlich mehr gespielt habe, weil ich den Ball besser fangen konnte. Wir sind über die Jahre in Kontakt geblieben und ich war im Februar wieder für ein, zwei Wochen in Jacksonville."

... die Komplexität seiner verschiedenen Aufgaben in Pass-Protection, Run-Blocking und als Receiver: "Es ist nicht wirklich so, dass eine Sache komplexer ist als die andere. Aber in der NFL sind die Kader so klein - man hat nur eine sehr begrenzte Anzahl an Spielern, die am Wochenende aktiv sind. Und dann ist es gerade als Fullback oder Tight End wichtig, dass du verschiedene Funktionen erfüllen kannst. Und da kommt es immer darauf an, was die Coaches dir zutrauen und wie sie sich in der jeweiligen Woche einsetzen wollen. Und wenn du eine Chance bekommst, musst du diese eben wahrnehmen."

... den Eindruck, den Cam Newton bislang hinterlassen hat: "Die Kader in der NFL werden ja jedes Jahr einigermaßen durchgemischt. Du bekommst immer neue Teamkollegen. Aber seitdem Cam hier ist, sprechen die Ergebnisse für sich, seine Arbeitseinstellung und seine Führungsqualitäten. Ich hoffe, dass ich ihn überzeugen kann, in der Offseason mal nach Deutschland zu kommen. Dort gibt es bestimmt viele Fans, die ihn gern mal treffen würden."

Jakob Johnson: "Es ist schade, dass auch 2020 immer noch die Empathie bei vielen Leuten fehlt"

... die ausgebliebenen Mord-Anklagen gegen die drei Polizisten, die für den Tod von Breonna Taylor verantwortlich sind, und die Frage, ob die NFL genug gegen Rassismus tut: "Das ist überall ein Thema. Ein paar meiner Teamkollegen haben sich dazu am Donnerstag in den Medien geäußert. Hier in den USA ist Rassismus ein Thema, das nie weggeht. Du kannst dem Ganzen nicht entkommen. Und gerade die Kollegen, die Kinder haben, machen sich sehr viele Sorgen, denn es wird auch für künftige Generationen ein Thema bleiben. Gerade mit den Wahlen im November ist das Klima hier ohnehin aufgeheizt. Es ist einfach schade, dass es auch 2020 immer noch so eine fehlende Empathie bei so vielen Leuten gibt. Ich denke, dass es egal ist, was du politisch denkst, mit welcher Bewegung du dich identifizierst - Leute sterben hier und dann wird das Ganze zu einer politischen Diskussion. Da sollten wir einen Weg finden, wie die Leute zusammenkommen und einfach mit Empathie dem Ganzen begegnen."

... die überraschend korrekte Aussprache seines Namens in den US-Medien: "Das ist zum Großteil den PR-Jungs der Patriots zu verdanken. Ich habe hier einen ganz guten Draht zu den Leuten im PR-Office und die haben sich darum gekümmert, dass das richtig ausgesprochen wird. Als ich in Tennessee (auf dem College, Anm. d. Red.) gespielt hab, war es eigentlich immer Jaykob Johnson. Aber es ist cool zu sehen, dass die Kollegen hier von CBS oder NBC es schön Jakob Johnson aussprechen können." (lacht)

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