NBA

Im Zeichen des Drachen

Von Martin Gödderz
Goran Dragic (r.) und Justise Winslow gehörten zu den Garanten des Heat-Erfolgs
© getty

Zwei Teams als Hüter der Spannung in der Eastern Conference und ein Mann für die wichtigen Momente. Die Thriller-Serie zwischen den Heat und Raptors wird fortgesetzt wegen "The Dragon" und der unorthodoxen Entscheidung seines Coaches. In Kanada ist man unzufrieden. Game 7 gibt es am Sonntagabend um 21:30 Uhr im LIVESTREAM FOR FREE.

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Als Dwyane Wade unmittelbar nach dem Spiel gefragt wurde, was denn den Unterschied ausgemacht hätte gegen die Raptors, fiel seine Antwort relativ kurz aus. "Goran Dragic", meinte der in diesen Playoffs so überragende Routinier nur. Wer die vorherigen 48 Minuten verfolgt hatte, der wusste, was der Shooting Guard meinte.

Dragic schien überall auf dem Feld zu sein. Immer wieder zog der Slowene mit Leichtigkeit an den Raptors vorbei, fand Lücken, wo eigentlich keine waren und traf Korbleger, die komplett verbaut waren. Toronto hatte einfach keine Lösung gegen den Point Guard.

"Es war der Abend von Goran. Er hat heute dominiert", freute sich auch Head Coach Erik Spoelstra. Miamis Sieg stand ganz im Zeichen von "The Dragon", auch wenn er in der Schlussphase etwas abbaute. Spätestens da übernahm allerdings auch schon Dwyane Wade, der das Spiel in trockene Tücher brachte und das Werk des Drachen vollendete.

Spoelstras Umstellung wirkt

Die beste Playoffleistung in der Karriere von Dragic war allerdings nicht die einzige Geschichte des sechsten Spiels einer Serie, wie sie sich Tom Clancy nicht besser hätte ausdenken können. Natürlich ist Wades Lob am Kollegen völlig berechtigt, doch es war schließlich nicht nur Dragic zu verdanken, dass Miami einen im Verhältnis zu den restlichen Spielen der Serie beinahe schon ungefährdeten Sieg einfuhr.

So wurde letztendlich auch der Mut von Heat-Coach Spoelstra belohnt. Dieser hatte sich nicht einfach nur für Smallball entschieden, denn als Center hatte sich Spoelstra auf Justise Winslow festgelegt. Eigentlich ein Small Forward, zudem ein Rookie, gerade einmal 20 Jahre alt. Ein extrem mutiger Schritt, der belohnt wurde. Winslow hielt nicht nur gut mit, er zeigte sogar eine höchst überzeugende Vorstellung.

Immer wieder machte der Frischling, der schon beim Draft im letzten Sommer als flexibler Defensivspezialist angepriesen wurde, seinen deutlich größeren Kontrahenten Probleme mit seiner Mobilität. Hinten stopfte er vor allen Dingen im Pick'n'Roll äußerst gut die Löcher.

Winslow wie Magic

Winslow hatte die völlig ungewohnte Rolle in der Mitte so schnell verinnerlicht, dass Josh Richardson seinen Rookie-Kollegen beim Verlassen der Halle am Ende des Abends schon mit den Worten "Gute Nacht, Center" verabschiedete.

Er wurde von den Journalisten vor Ort sogar bereits mit Magic Johnson verglichen, der in seiner Rookiesaison ebenfalls als Center aushalf. Angesprochen auf die Tatsache, stellte Winslow selbst aber nur nüchtern fest: "Das stimmt, Magic hat dann aber auch 40 Punkte gemacht."

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Head Coach Spoelstra begründete seine spielentscheidende taktische Veränderung jedenfalls sehr sachlich und betonte: "Letztes Jahr um diese Zeit waren wir im Urlaub. Es gibt keinen einfach Weg in so einer Serie, deswegen habe ich das getan, was ich für nötig hielt."

Ein Lächeln hatte der Coach bei seinen Ausführungen nach dem Spiel allerdings schon auf dem Gesicht, schließlich ging sein Plan perfekt auf. Das lag allerdings auch an der Einstellung seines Teams. Was Miami an Größe fehlte, machte das Team mit unbändigem Einsatz und cleverem Positionskampf wett.

Ein einsames Duo

Vor allen Dingen funktionierten die Heat aber abseits der überragenden Leistung von Dragic auch als Team weitaus besser. "Wir waren einfach nicht aggressiv genug, haben in der Defensive dieses Mal einfach nicht gut gespielt", ärgerte sich DeMarre Carroll nach dem Spiel völlig zurecht über sein eigenes Team, das sich zu sehr auf das starke Backcourt-Duo verließ.

Zwar gelang es DeRozan und Lowry endlich einmal, gleichzeitig offensiv eine starke Leistung abzurufen, doch das schien die restlichen Mitspieler eher dazu zu veranlassen, jegliche Ideen und Verantwortungen in der Offensive auf die beiden Guards zu übertragen. 59 Punkte legten sie zusammen auf. "Das bedeutet am Ende rein gar nichts", stellte DeRozan richtigerweise fest.

Durch das Ungleichgewicht beider Teams entwickelte sich ein Spiel, das fast schon atypisch war für die gesamte Serie. Miami dominierte ab dem zweiten Viertel und ließ die Raptors bis zum Schluss lediglich noch am Comeback schnuppern. Die Fans bekamen sogar einige Highlight Dunks geboten, weil sich immer mal wieder eine Lücke in den zuvor so überragenden Defensivreihen auftat. Ein ähnliches Szenario ist am Sonntag wohl ausgeschlossen.

"Es gibt kein Morgen mehr"

Dass es zu einem siebten Spiel kommt, ist dabei eigentlich nur die Folge einer äußerst ausgeglichenen Serie zweier Teams, die als Hüter der Spannung agieren in einer Eastern Conference, wo die Cavaliers extrem sparsam mit ihren Playoffspielen umgehen. Abseits der Cavs müssen eben andere Teams für den Thrill sorgen.

So wird schließlich niemand anzweifeln, dass es im letzten Spiel noch einmal heiß her geht. Beide Teams haben in diesem Jahr schon bewiesen, dass sie siebte Spiele können und sie brennen beide auf ein Duell mit den Cavs. Die Heat wollen es ihrem Ex-Leader zeigen, die Raptors unbedingt das erste Conference Final der Franchise-Geschichte bestreiten.

Dwyane Wade richtete seinen Blick nach dem Sieg jedenfalls unmittelbar auf Sonntag und meinte beinahe martialisch: "Wir werden alles geben, was wir haben. Es gibt kein Morgen mehr."

Der Spielplan im Überblick

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