NBA

Auf dem Weg zum Superstar

Von Matthias Gante
Mudiay spielte vor dem Draft in Asien
© getty

Schon in der Highschool galt Emmanuel Mudiay als großes Basketballtalent. Auch in seiner Rookie-Saison bekommt er von allen Seiten Lob. Doch sein Leben begann alles andere als einfach.

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Manchmal können selbst persönliche Erfolge nicht über eine Niederlage hinwegtrösten. Nach der 107:114-Heimpleite gegen die Phoenix Suns am 20. November jammerte Nuggets-Point-Guard Emmanuel Mudiay: "Ich bin total enttäuscht! Wir haben verloren, und das ist für mich alles, was zählt." Dabei lag es bei Weitem nicht an ihm, dass Denver das Spiel trotz einer komfortablen Halbzeitführung von 63:49 noch aus der Hand gegeben hatte. Denn der 19-Jährige erzielte gegen die Suns ein Career-High von 26 Punkten, eine bärenstarke Trefferquote von 62,5 % aus dem Feld inklusive. Trotz der knappen Niederlage eine beachtliche Leistung des Rookies!

Ritterschlag von Kidd

Wahrscheinlich war es Bucks-Coach Jason Kidd, der bei Mudiay einige Tage zuvor mit einer Lobeshymne für zusätzlichen Auftrieb gesorgt hatte. "Er wird einfach immer besser! Ein NBA-Team schon mit 19 Jahren zu führen ist definitiv nicht zu unterschätzen", schwärmte Kidd und führte aus: "Nur die besten Spieler können das - wie zum Beispiel Magic Johnson."

Mudiay fühlte sich von den lobenden Worten des zehnfachen All Stars, der 2011 mit den Mavericks NBA-Champion wurde, und dem Vergleich mit Johnson mehr als geschmeichelt: "Wenn eine Hall-of-Fame-Legende so über dich spricht, ist das schon eine Riesensache."

Kidd redete sich angesichts der bisher überzeugenden Auftritte des gebürtigen Kongolesen regelrecht in einen Rausch. "Er fürchtet sich nicht, den entscheidenden Wurf zu nehmen. Einige Leute meinen zwar, dass er nicht schießen kann. Doch er findet stets einen Weg, den Ball im Korb zu versenken", analysierte Kidd.

Der ultimative Ritterschlag sollte aber erst noch folgen: "Ich möchte ihn ermutigen, besser zu werden als ich. Und ich glaube, dass er das letzten Endes auch schaffen wird." Dass Mudiay momentan derartige Vorschusslorbeeren bekommt, ist das
i-Tüpfelchen auf einem der wohl aufregendsten Rookie-Märchen der NBA-Geschichte. Denn nicht immer stand er auf der Sonnenseite des Lebens.

Als Flüchtling in die USA

Am 5. März 1996 wird Emmanuel in Kinshasa, der Hauptstadt des heutigen Kongo, als jüngster von drei Söhnen geboren. Seinen Vater verliert er schon als Kleinkind, und die Folgen der verheerenden Kongo-Kriege sind auch für ihn spürbar. "Ich kann mich nicht mehr an viel erinnern", sagt er und ergänzt: "Ich weiß nur noch, dass meine Mutter und meine Brüder höllisch auf uns achtgeben mussten."

Im Alter von fünf Jahren erhält die gebeutelte Familie schließlich Asyl in den USA und zieht nach Dallas. "Für mich war das voll okay, aber für meine älteren Brüder war es nicht ganz so einfach", erinnert sich Emmanuel an die erste Zeit in den Staaten.

In seiner Jugend spielt er für die Grace Preparatory Academy in Arlington und in seinem letzten Highschool-Jahr für die Prime Prep Academy in Dallas. Dank seiner -außerordentlichen Leistungen erhält er nach der Highschool neben den Einladungen zum Jordan Brand Classic und zum McDonald's All-American Game eine Zusage der Southern Methodist University, um beim dortigen College-Team unter Trainer--Legende Larry Brown zu spielen.

Erstes Profispiel in China

Doch anstatt auf das College zu wechseln, schlägt der mittlerweile 1,96-Meter-Guard einen anderen Weg ein: Er bricht mit der Tradition und unterschreibt in der chinesischen CBA bei den Guangdong Southern Tigers einen mit 1,2 Millionen Dollar dotierten Jahresvertrag. Zeitgleich mit dem Wechsel nach China erkennt der amerikanische Sportartikelhersteller Under Armour sein großes Talent und stattet ihn mit einem lukrativen Werbevertrag über mehrere Jahre aus. "Mein Ziel ist natürlich die NBA, doch im Moment möchte ich einfach nur besser werden und so viel wie möglich dazulernen", begründet Mudiay seine Entscheidung.

Im November 2014 absolviert er schließlich sein erstes Profispiel, bevor er nach zehn Begegnungen eine langwierige Verletzung am Sprunggelenk erleidet. In insgesamt zwölf Partien (zehn in der Regular Season, zwei in den Playoffs) bringt es der Point Guard im Schnitt aber immerhin auf 18,0 Punkte, 6,2 Rebounds, 5,9 Assists und 1,6 Steals.

"Die erste Option"

Beim Draft 2015 wird Mudiay an siebter Stelle von den Denver Nuggets gezogen. "Für uns war Emmanuel die erste Option", freut sich Coach Michael Malone noch am Abend des Drafts und betont: "Wir sind sehr glücklich, dass wir unseren absoluten Wunschspieler bekommen haben."

Und schon in seiner ersten NBA-Saison ist der Rookie bei den Nuggets nicht mehr aus der Starting Five wegzudenken, erzielt durchschnittlich 10,7 Punkte und 5,7 Assists pro Spiel. Doch -Mudiay will mehr: "Ich trainiere immer so, als ginge es ums Überleben. Das ist meine Einstellung, und diese werde ich bis zum letzten Spiel meiner Karriere verfolgen." Am besten soll es in dieser Saison aber schon mit einem Teilerfolg klappen.

Denn obwohl Denver bis Redaktionsschluss eine negative Bilanz von 9:14 Siegen aufweist und in der Western Conference im unteren Tabellendrittel steht, formuliert der NBA-Neuling seine persönliche Zielsetzung selbstbewusst: "Ich will in dieser Saison auf jeden Fall in die Playoffs!" Das hätte Jason Kidd wohl auch gesagt ...

Der Artikel erscheint in der BASKET 02/2016

Emmanuel Mudiay im Steckbrief

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