NBA

Zukunft am Alamo

Von David Digili
Ist das die Zukunft in Texas? Tim Duncan mut seinen Kindern nach den gewonnen Finals
© getty

Die San Antonio Spurs sind zum fünften Mal NBA Champion. Ein Ende der glorreichen Ära um Tim Duncan und Coach Gregg Popovich rückt trotzdem näher - doch an der Zukunft wird schon gearbeitet.

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Es soll, kann, darf und vielleicht auch muss wie eine Drohung an die restliche Basketballwelt aufgefasst werden, was Tony Parker sagt, gerade einmal zwei Tage nach dem Gewinn seiner vierten Meisterschaft mit den San Antonio Spurs. "Ich bin mir sicher, dass alle in der kommenden Saison wieder da sein werden", glaubt der 32-Jährige.

"Irgendwann wird es zuendegehen, aber nicht im nächsten Jahr." So ist sie, die Sportwelt im Generellen und die NBA-Welt im Speziellen: Kaum ist eine Saison vorbei, ein Erfolg (kurz) gefeiert, ein Mal durchgeatmet, schon kommen sie, die Fragen nach der Zukunft, schon fangen die Synapsen an, zu arbeiten, zu überlegen, zu denken - und gerade die Zukunft dieser San Antonio Spurs ist das Thema.

GM Buford: "Denke an die Zeit nach Timmy und Pop."

Denn der Lauf der Schwarz-Silbernen in der Spitze der Liga dauert nun schon seit 1999 an, seine Protagonisten nähern sich immer vehementer dem verdienten Ruhestand. Diskussionen um das Alter und die sich angeblich auf dem absteigenden Ast befindlichen Leistungsvermögen der Truppe um den mittlerweile 38-jährigen Tim Duncan und den 36-jährigen Manu Ginobili werden zwar in gewohnter Regelmäßigkeit vor und nach jeder Saison geführt (nur, um dann wieder einmal in wunderbarster Art und Weise Lügen gestraft zu werden), doch dieser Zeitpunkt nun, im Sommer 2014, scheint einfach zu perfekt, zu maßgeschneidert für einen Abgang auf dem absoluten Höhepunkt, für einen Ritt in den texanischen Sonnenuntergang.

"Ich denke daran hunderte Male jeden Tag", betont Spurs-Manager R.C. Buford, mit Coach Gregg Popovich der Architekt dieser Mannschaft. "Ich denke an die Zeit nach Timmy und Pop." Seit 1994 lenkt Buford die Geschicke im Front-Office der Texaner, erst als Scout, dann als Chef der Scouting-Abteilung, später als Assistant-GM, ehe der heute 54-Jährige 2002 die Position voll übernahm. Buford ist der wichtigste Teil der Mannschaft hinter den Kulissen, konnte im Duo mit "Pop" heute legendäre Trades und Draft-Picks landen - und sollte sich spätestens seit diesen NBA-Finals 2014 sicher sein: Auch wenn der Übergang in eine Zeit ohne Duncan, ohne Coach Pop, ohne Ginobili irgendwann kommen muss - die Zukunft der Spurs liegt in guten Händen.

"Ich weiß gar nicht, was gerade passiert", entfuhr es Kawhi Leonard immer wieder in den Sekunden, den Minuten, den Stunden nach diesem 104:87 gegen die Miami Heat am Sonntag, als feststand: Die Spurs sind NBA Champion 2014. Und ein weiterer Moment war es, der noch einmal den ganzen Teamgeist, den ganzen Zusammenhalt dieser San Antonio Spurs deutlich machte. Als NBA-Commissioner Adam Silver kurz nach Ende von Spiel fünf ans Mikrofon trat und Leonard zum Finals-MVP 2014 kürte, nahm das durch die gerade perfekt gemachte Meisterschaft ohnehin schon strahlende Leuchten in den Augen der restlichen Spurs noch einmal an Glanz zu - er, der jüngste unter ihnen, das große Talent, der LeBron-Stopper, der eine Schüler unter einer Gruppe alter Lehrmeister, schien endgültig angekommen.

"Ich habe noch immer das Gefühl, dem Team helfen zu können"

Viel wichtiger noch: Leonard, seit seiner Ankunft am Alamo 2011 von Coach Gregg Popovich als "zukünftiges Gesicht der Franchise" geadelt, sollte jeden Spurs-Fan die Sorgenfalten im Gedanken an die nächsten Jahre austreiben - schließlich ist die Zusammensetzung dieses Teams, das im Kern aus Coach Pop, Tim Duncan, Tony Parker und Manu Ginobili schon seit 2002 zusammenspielt, noch unklar.

Gerade die Situation um den 38-jährigen Duncan scheint unsicher - und ließ in den letzten Wochen Raum für wildeste Spekulationen. Karriereende im Falle einer erneuten Finals-Niederlage, Karriereende im Falle der fünften Meisterschaft, Karrierefortsetzung - so ziemlich jede Variante fand Fürsprecher. Nun steht fest: Die Spurs sind zum fünften Mal Champion, zum fünften Mal mit Tim Duncan - doch "The Big Fundamental" selbst wollte noch keine feste Zusage treffen: "Ich habe noch keine Pläne", beteuerte die legendäre Nummer 21 der Texaner noch auf dem Spielfeld am Sonntag. "Aber ich habe noch immer das Gefühl, weiterspielen zu können. Ich habe noch immer das Gefühl, dem Team helfen zu können", sagte er, seine beiden Kinder in den Armen. "Ich werde schon zu einer Entscheidung kommen, wenn es so weit ist." Die Meinung von Klubbesitzer Peter Holt zur Karriere von Duncan und auch Ginobili bedarf keiner Übersetzung: "Tim and Manu want to play until they die."

Gerade Leonard könnte dabei eine Schlüsselrolle zukommen: Der 22 Jahre alte Forward wird immer besser - und nimmt immer mehr Last von den Schultern seines 2,13 Meter großen Teamkollegen. "Er lernt so unglaublich schnell", sagt auch Pop über seinen jungen Musterschüler, "und sein Antrieb, der Beste zu sein, ist einmalig. Er ist der erste beim Training und der letzte, der geht. Er fleht uns förmlich an, ihn noch mehr zu fordern." Rosige Aussichten also für diesen wunderbaren Teambasketball, den die Spurs nicht nur in diesen Playoffs in Perfektion geboten, zur Kunstform erhoben haben.

Free-Agent-Verhandlungen als Schlüssel

Arbeit wartet trotzdem: Diesen Sommer stehen Vertragsverhandlungen für eine vorzeitige Verlängerung an, und auch wenn die Position des Youngsters durch die überragenden Playoff-Auftritte durchaus stark ist, so wird doch erwartet, dass letztendlich eine Einigung ohne diesen so oft beschworenen "Max-Deal" stehen wird, auf den auch schon Duncan, Parker und Ginobili verzichtet haben, um dem Team Verstärkungen zu ermöglichen. Boris Diaw und Patty Mills, die gerade gegen Miami so viel Entlastung, so wichtige Unterstützung, so starke Performances von der Bank bringen konnten, sind ab 1. Juli Free Agents, auch Matt Bonners Kontrakt läuft aus. Gerade der Franzose Diaw und der Australier Mills werden - wie Leonard - Gehaltserhöhungen verlangen können. Ob sie es auch wirklich in solchem Maße tun werden, dass ein Wechsel unausweichlich wird, ist noch offen.

Bleibt das Team in seiner jetzigen Konstellation erhalten, mit einem Leonard, der immer mehr Verantwortung übernimmt, mit dem Trio Duncan/Ginobili/Parker mit all seiner Klasse, Souveränität und Erfahrung, mit dieser Supporting Cast, so ist auch 2014/15 ein weiterer Run drin - eine Titelverteidigung ist den Spurs bei allen fünf Meisterschaften noch nicht gelungen. Vielleicht das letzte Ziel dieses Klubs, der anderthalb Jahrzehnte konstant zur Elite der besten Basketball-Liga der Welt gehört hat.

Auch für Popovich noch einmal eine große Herausforderung, der der leidenschaftliche Basketball-Lehrer nicht widerstehen können wird. Auch der 65-Jährige wurde mit einem Karriereende in Verbindung gebracht, auf der Höhe des Erfolgs - und konterte in seiner ganz eigenen Art: "Ich fühle mich nicht müde", erklärte dazu ein gewohnt launiger "Pop" am Rande der Finals zu seiner eigenen Zukunft auf der Trainerbank. Es soll, kann, darf und vielleicht auch muss wie eine Drohung an die restliche Basketballwelt aufgefasst werden.

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