MLB

MLB: Die Renaissance der Atlanta Braves - reicht es schon für ganz oben?

Ronald Acuna Jr. steuert auf den Titel des Rookies des Jahres in der National League zu.
© getty

Die Atlanta Braves befinden sich in dieser Saison ganz klar auf Playoff-Kurs. Nach einem jahrelangem Rebuild sind sie nun dank starker Jugendarbeit und punktuellen Verbesserungen wieder zum Topteam gereift. Doch reicht die Substanz für den Endspurt?

Cookie-Einstellungen

Vor der Saison wäre es ein ordentlicher Erfolg für die Atlanta Braves gewesen, wenn sie das Jahr mit einer positiven Bilanz abgeschlossen hätten. Das nämlich war ihnen zuletzt 2013 (96-66) gelungen. Seither setzte es eine "Losing Season" nach der anderen. Ein Rebuild stand an.

Eigentlich wären die Braves gerne schon im Vorjahr wieder konkurrenzfähig gewesen, schließlich wurde der nigelnagelneue SunTrust Park in Fulton County eröffnet. Verletzungen, Formschwankungen und letztlich auch in der Breite fehlende Qualität machten dieses Vorhaben schließlich zunichte.

In diesem Jahr jedoch sah der Kader ohnehin besser aus. Und spätestens seit Ronald Acuna Jr. sein Major-League-Debüt Ende April gab, bliesen die Braves zum Angriff.

Der Umbruch war weitestgehend abgeschlossen und die Qualität im Kader so hoch, dass das junge Team mit den ebenfalls jungen Wilden aus Philadelphia Schritt halten konnte. Ende August geht es soweit, dass die Braves sogar alleine den Ton in der National League East angeben. Die Washington Nationals - per se das Topteam der Division - haben bereits die weiße Fahne gehisst und werden die Saison voraussichtlich nur noch mit Anstand ausklingen lassen können, lediglich die Philadelphia Phillies lauern noch.

Die Braves steuern auf die Playoffs zu - ein Erfolg, der ihnen seit 2013 verwehrt blieb. Nun jedoch scheint dieses Ziel zum Greifen nahe. Wie hat das Team den Turnaround geschafft?

Atlanta Braves: Ronald Acuna Jr. erfüllt die Erwartungen

Schon vor der Saison schien klar, dass ein paar Bedingungen erfüllt werden müssten, damit Atlanta wieder angreifen könne. Zum einen musste Ronald Acuna Jr. einschlagen. Und das tat der Rookie auch. Er führt alle NL-Rookies mit seinen aktuell 21 Homeruns an und gilt wie erhofft als großer Favorit auf den Rookie des Jahres.

Punkt zwei auf der Liste war, dass Starting Pitcher Mike Foltynewicz allmählich sein Potenzial abrufen würde. Und siehe da, der Rechtshänder pitcht zu einem 149 ERA+, also fast 50 Prozent über Ligaschnitt! Er kommt auf 169 Strikeouts (56 Walks) über 145 Innings und sieht damit durchaus wie das erhoffte Ace aus.

Bemerkenswert ist, dass die Braves eine derart gute Saison hinlegen, obwohl sie mitnichten von Verletzungspech verschont blieben. Derzeit stehen zehn Pitcher auf der Disabled List, von denen nicht wenige in diesem Jahr nicht mehr zurückkommen werden. Dennoch scheinen die Braves über eine schier unerschöpfliche Pipeline an Talenten zu verfügen, die es ihnen erlaubt, im Falle von Ausfällen einfach den nächsten hochveranlagten Nachwuchsspieler zu befördern.

So geschehen etwa mit den 20-jährigen Rookie-Pitchern Mike Soroka, Kolby Allard und Bryse Wilson, die allesamt in diesem Jahr ihr Debüt gaben und zu überzeugen wussten.

Nur zwei Stammspieler der Braves sind älter als 30 Jahre

Jugend ist auch der Schlüssel zum Lineup in Atlanta: Neben Acuna (20) ist auch Second Baseman Ozzie Albies gerade erst 21 Jahre alt, während nur Catcher Kurt Suzuki und Outfielder Nick Markakis (beide 34) in der Stammformation über 30 sind.

Markakis wiederum erlebt so etwas wie seinen zweiten Frühling. Bereits seit 2015 spielt das einstige Urgestein der Baltimore Orioles schon in Georgia. Doch nie war er so produktiv wie in diesem Jahr. Aktuell führt er die National League mit 158 Hits und 38 Doubes an und peilt seine erst dritte 100-RBI-Saison überhaupt an - seine letzte hatte er 2009. Von Fans und Kollegen wird dies anerkannt - Markakis wurde in seiner 13. Saison in den Big Leagues erstmals ins All-Star Game gewählt.

Zudem haben die Braves ihren Anker zurück, ihren Superstar: First Baseman Freddie Freeman. Dieser verpasste im Vorjahr mehrere Monate mit einer Handgelenksfraktur. Nun jedoch ist er wieder fit und verpasste kaum ein Spiel. Prompt gehört er wieder zu den wertvollsten Spielern der National League - seine 4,8 Wins above Replacement nach FanGraphs sind der viertbeste Wert der NL, die 144 wRC+ ebenso.

Was fehlte, waren ein paar punktuelle Verstärkungen über den Sommer, doch auch in diesem Bereich verdienten sich General Manager Alex Anthopoulos und sein Team gute Noten. Mit Adam Duvall (Reds) wurde etwa die latente Schwäche gegen Linkshänder bekämpft. Der Outfielder spielt im Platoon mit Center Fielder Ender Inciarte und weiß auch defensiv zu überzeugen - er steht bereits bei 16 Defensive Runs saved, gut genug für Platz 4 in der NL - Inciarte kommt derweil nur auf 10, obgleich er als weitaus spektakulärerer Verteidiger gilt.

Kevin Gausman: Wichtiges Upgrade für Atlanta Braves

Zudem wurde die Rotation durch einen Trade für Kevin Gausman (Orioles) nachhaltig stabilisiert. Über seine bisherigen vier Starts ist er 3-1 mit einem 2.00 ERA, womit das vorhandene Pitching noch tiefer aufgestellt ist. Hier ist im Übrigen noch Winter-Neuzugang Anibal Sanchez zu erwähnen, der seit seines verletzungsbedingt späten Saisondebüts nicht nur mit seiner Erfahrung überzeugt (130 ERA+).

Für den Bullpen holten die Braves überdies Brad Brach als Baltimore sowie Rückkehrer Jonny Venters aus Tampa Bay.

Alles in allem wurde eine Truppe zusammengestellt, die in erster Linie aus Eigengewächsen besteht, und sinnvoll auf dem Transfermarkt - per Trade oder Free Agency - ergänzt wurde.

Dabei half freilich auch das prallgefüllte Farmsystem. Laut MLBPipeline verfügen die Braves auch nach der Non-Waiver Trade Deadline Ende Juli noch über das zweitbeste Farmsystem in der MLB. Das heißt: Es könnten noch zahlreiche weitere Top-Talente ihren Weg in die Big Leagues finden, sodass Atlanta auf Jahre hinweg gerüstet scheint für viele weitere Angriffe auf die Spitze.

Die Top-100 Prospects der Atlanta Braves (MLB Pipeline)

RangSpielerAlterPositionSpiellevel
15Mike Soroka21PitcherMLB (Disabled List)
24Kyle Wright22PitcherTriple-A
39Ian Anderson20PitcherDouble-A
43Austin Riley21Third BasemanTriple-A
55Cristian Pache19OutfielderDouble-A
59Luiz Gohara22PitcherTriple-A
74Touke Toussaint22PitcherTriple-A
88Kolby Allard21PitcherTriple-A
96Drew Waters19OutfielderSingle-A Advanced

Dass dem so ist, ist allerdings noch dem alten Regime gutzuschreiben. Unter dem füheren GM John Coppolella wurde ein Großteil des nun glänzenden Systems aufgebaut. Und die Tatsache, dass es selbst nach den Sanktionen rundum den Skandal mit den zahlreichen illegal verpflichteten Amateurspielern noch so gut dasteht, spricht natürlich für sich. Wer weiß, wo die Organisation stünde, wären ihnen nicht die betroffenen 13 Spieler wieder abgenommen worden?

Für den Moment jedoch steht für Atlanta (73-57) der Kampf um die Postseason im Fokus. Sie führen gut einen Monat vor Ende der Regular Season mit dreieinhalb Spielen Vorsprung vor den Philadelphia Phillies (70-61), während der Abstand auf die Washington Nationals (66-66) schon 8 1/2 Partien beträgt. Zudem spricht ein ganz wichtiger Faktor für die Braves in der NL East: Sie haben eine Run-Differenz von +98, die Phillies liegen hier bei +2! Das führt zu einer Playoff-Wahrscheinlichkeit von 70,3 Prozent (Phillies 40,2).

Und sollte es letztlich doch nur auf eine Wildcard hinauslaufen, dann wären sie für diese ebenfalls in guter Position, schließlich haben die Braves die zweitbeste Bilanz (73-57) in der NL vorzuweisen - nur die Cubs sind besser (76-53).

Die erste Playoff-Teilnahme seit 2013 ist also im Bereich des Möglichen. Bis dahin braucht es allerdings eine weiterhin konstant gute Leistung. Etwas, was dem Team zuletzt nicht immer geglückt ist. Am Wochenende gab man etwa zwei der vier Spiele in Miami, dem zweitschlechtesten Team der National League, ab. Hohe Belastung durch den Spielplan spielte dabei aber sicher auch eine Rolle, schließlich absolvierten die Braves 22 Spiele in nur 20 Tagen am Stück und gingen aus diesen mit einer 13-9-Bilanz hervor.

Ozzie Albies weiß stets mit hoher Intensität zu überzeugen.
© getty
Ozzie Albies weiß stets mit hoher Intensität zu überzeugen.

September wird zum Monat der Wahrheit für Atlanta Braves

Ihr Glück zuletzt war es jedoch, dass auch die Phillies zur nahezu gleichen Zeit schwächelten. Sie gewannen nur drei ihrer letzten zehn Spiele. Für den Endspurt wiederum stehen nun noch ein paar höchst attraktive - und ebenso schwierige - Gegner an. Entscheidend werden aber voraussichtlich die noch sieben ausstehenden Duelle mit Philadelphia - die letzte Serie des Jahres findet sogar in Philly statt.

Zeit zum Durchatmen gibt es also keine für die die jungen Wilden, die im kommenden Monat nun zeigen müssen, wie weit sie wirklich schon sind. Jetzt, da es zählt.

Dieser Artikel wurde ohne vorherige Ansicht durch die Major League Baseball veröffentlicht.

Artikel und Videos zum Thema