Trust the Pirlo!

Von Sebastian Hahn
Andrea Pirlo spielt seit 2015 für den New York City FC
© getty

Die MLS ist mit Vollgas in ihre 21. Saison gestartet. Bereits Week 1 sorgte für epische Comebacks, unglaubliche Tore und einige interessante Jubelposen. Andrea Pirlo fasste sich wegen seinem Keeper an den Kopf, Toronto feierte eine Ameise - und in L.A dominierte "Magic Mike".

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Comeback des Spieltags: Eigentlich schien die große Karriere von Mike Magee schon vorbei zu sein. Nachdem er sich 2013 noch in Diensten der Chicago Fire den MVP-Award gesichert hatte, bremste eine komplizierte Hüft-OP die Karriere des Stürmers, im Sommer musste er die Windy City schließlich verlassen. Gut, dass die L.A. Galaxy "Magic Mike" noch in bester Erinnerung hatten, denn mit ihm im Angriff hatte Los Angeles 2011 und 2012 zweimal den MLS Cup gewonnen.

Als Giovani dos Santos zur Pause der Saisoneröffnung gegen D.C. United beim Stand von 0:1 verletzt raus musste, erhielt Magee erhielt seine Chance. Er zerlegte den Gast aus der Hauptstadt quasi im Alleingang. Zunächst legte er Daniel Steres per Eckball den Kopfball zum Ausgleich auf, dann überlupfte er frech United-Keeper Andrew Dykstra und holte auch noch den Elfmeter zum 3:1 heraus. Den Schlusspunkt setzte sein zweiter Treffer des Abends, den er nach einem Freistoß von Steven Gerrard per Kopf erzielte.

Die Chancen, dass Magee am Wochenende gegen die Colorado Rapids aufläuft stehen gut. Dos Santos' Einsatz am Samstag ist weiterhin fraglich.

Ameise des Spieltags: Der Toronto FC hat wahrscheinlich den härtesten Saisonauftakt im Profifußball. Acht Auswärtsspiele in Folge muss das Team aus Ontario zum Start der neuen MLS-Saison bestreiten, weil die eigene Heimstätte, das BMO Field, im Moment umgebaut wird. Jeder Punkt auf diesem Trip ist also wichtig, denn die "Reds" wollen in diesem Jahr in den Playoffs endlich was reißen.

Zum Season Opener mussten die Kanadier dann auch noch zu den New York Red Bulls, die im Vorjahr immerhin bis in die Eastern Conference Finals vorgedrungen waren. Es entwickelte sich eine zähe Partie, beide Teams agierten auf Augenhöhe. Doch zum Glück hat der TFC den amtierenden MVP Sebastian Giovinco in seinen Reihen. Der Italiener aus der Jugendakadamie von Juventus traf eine Viertelstunde vor Schluss den rechten Pfosten, bevor er kurz danach über links zum Vollsprint ansetzte und die Flanke in den Sechzehner schlug, die den spielentscheidenden Elfmeter für die Gäste brachte.

Die "Atomic Ant", wie Giovinco aufgrund seiner nur 1,64 Meter Körpergröße genannt wird, verwandelte dann sicher selbst - und zeigte mit seinem Chopper-Jubel eine der einfallsreichsten Posen des Spieltags. In der Nachspielzeit sammelte er schließlich noch einen Assist nach schöner Vorlage auf Marky Delgado.

Fans des Spieltags: Dass die Portland Timbers nach jedem Treffer eine dicke Holzscheibe von einem Baumstamm abschneiden, dürfte mittlerweile hinlänglich bekannt sein. Dass die Franchise aus Oregon mittlerweile auch sportlich ganz oben mitspielt, wissen seit dem Gewinn der Meisterschaft 2015 alle Fußball-Experten.

Die "Timbers Army", wie sich Portlands Fans nennen, überraschen nebenbei immer wieder mit eindrucksvollen Choreographien wie beim Aufhängen des Banners für den Titelgewinn. Übrigens: Das Finals-Rematch gegen Columbus Crew gewannen die Gastgeber mit 2:1.

Der "Ich-hab's-dir-doch-gesagt"-Moment des Spieltags: Andrea Pirlo hat in seiner Karriere viel erlebt und viel Erfolg gehabt. Wenn der italienische Mittelfeld-Maestro, der aktuell seine Karriere beim New York City FC ausklingen lässt, also eine Marschroute vorgibt, sollten ihm seine Teamkollegen eigentlich vertrauen. Sollte man zumindest annehmen.

NYCFC-Keeper Josh Saunders war da anderer Meinung. Beim Stand von 4:2 für die Mannschaft aus dem Big Apple gab es für die Chicago Fire einen Elfmeter. Pirlo zeigte bereits vor der Ausführung durch David Accam in die rechte Ecke. Saunders hechtete nach links - und lag falsch. Gut, dass New York die Partie am Ende mit 4:3 gewann, sonst hätte der Torwart wohl noch mehr von dem abbekommen, was nach dem Anschlusstreffer im Gesicht von Pirlo zu sehen war...

Debüt des Spieltags: Während in Los Angeles Comebacker Magee gefeiert wurde, warteten etwas weiter nördlich alle auf das Debüt von Jordan Morris. Der 21-Jährige hatte in der Jugendakademie der Seattle Sounders gespielt, bevor er nach Stanford ging und dort die Hermann Trophy als bester College-Fußballer abräumte. Nach Empfehlung von US-Nationaltrainer Jürgen Klinsmann (und nachdem er nach einem Probetraining ein Angebot von Werder Bremen ausgeschlagen hatte) verließ Morris dann vorzeitig das College, um für seine Jugendliebe zu spielen.

Denn Morris stand bereits als Kind auf der Tribüne, sein Vater arbeitet als Teamarzt bei den Sounders. Gegen Sporting Kansas City durfte er dann von Beginn an ran, und hatte Mitte des ersten Durchgangs nach einem Konter die dicke Chance, Seattle in Führung zu schießen. Morris setzte den Ball aber drüber und konstatierte nach der bitteren 0:1-Pleite: "Den muss ich natürlich machen, das hätte den Spielverlauf geändert." Vielleicht holt er sich ja Tipps von seinen Teamkollegen, denn neben US-Legende Clint Dempsey spielen bei den Sounders auch die Ex-Bundesliga-Profis Nelson Valdez und Andreas Ivanschitz.

Bruder des Spieltags: Normalerweise steht Federico Higuain eher im Schatten seines Bruders Gonzalo, am Sonntag schaffte es der 31-Jährige aber mal aus diesem heraus. Mitte des zweiten Durchgangs lag seine Columbus Crew gegen die Portland Timbers mit 0:1 zurück - bevor der Argentinier einen genialen Moment hatte.

Die Kugel kam von rechts in den Strafraum, Higuain sprang der Ball bei der Annahme rechts im Strafraum erstmal etwas vom Tor weg. Dadurch löste er sich aber von seinem Verteidiger Nat Borchers (der übrigens den Award für den Bart UND die Reaktion des Spieltags bekommt) und setzte zum selbst vorbereiteten Fallrückzieher an. Der Ball ging rein - und Higuain ist jetzt schon ein Anwärter auf das Tor des Jahres.

Das Finish des Spieltags: ...geht an Orlando City! Die Franchise aus Florida hatte in der 93. Minute beim Stand von 0:2 gegen Real Salt Lake das Spiel eigentlich schon mit der ersten Heimniederlage abgeschlossen, doch dann sorgten Cyle Larin und Adrian Winter binnen 63 Sekunden in der vierten und fünften Minute der Nachspielzeit noch für den 2:2-Ausgleich.

Larin beförderte zunächst eine flache Hereingabe ins rechte obere Ecke, in dem er sie volley über den Torwart hob, bevor er nach einem langen Ball in die Spitze auf Winter querlegte, der frei vor RSL-Keeper Nick Rimando zum umjubelten Ausgleich einnetzte.

Das "Hast du das gesehen?" des Spieltags: Real Salt Lake darf sich mit der besten Aktion des Spieltags trösten. Juan Manuel Martinez alias "Burrito" ließ die Verteidiger der "Lions" ziemlich alt aussehen - und das gleich zweimal!