"Wir wurden zu Pferdeschlächtern gemacht": Fünfkampf-Bundestrainerin Kim Raisner über Aufreger von Tokio

SID
Annika Schleu (heute Zillekens) bei den Olympischen Sommerspielen in Tokio 2021
© getty

Drei Jahre nach dem Tokio-Trauma der Modernen Fünfkämpfer durch einen außer Kontrolle geratenen Ritt von Annika Schleu (heute Zillekens) weist Bundestrainerin Kim Raisner die seitdem wiederkehrenden Vorwürfe wegen Tierquälerei weiter zurück. "Wir wurden zu Pferdeschlächtern gemacht, in Reitschulen passieren noch viel schlimmere Sachen", sagte Raisner in einem Interview mit Münchner Merkur/tz.

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Der große Olympia-Medaillencheck: So schlecht wie in Tokio ist Team D diesmal sicherlich nicht

Zillekens hatte 2021 im Olympia-Wettbewerb von Tokio mehrfach versucht, ihr scheuendes Pferd mit der Gerte anzutreiben. Nach den erfolglosen Bemühungen ihrer auf Medaillenkurs liegenden Athletin schlug Raisner das Tier mit der Hand und forderte auch von Zillekens: "Hau nochmal drauf."

Auch im Rückblick ist sich Raisner ungeachtet aller Selbstkritik ("Wir haben Fehler gemacht") keiner tatsächlichen Schuld bewusst: "Gerte und Sporen sind Hilfsmittel, die in der Reiterei erlaubt sind. Deswegen ist man kein Pferdeschlächter, der Einsatz ist bei uns reglementiert."

Die Szene von Tokio sorgte international weit über Tierschutz-Kreise hinaus für Empörung. Nicht zuletzt auch aufgrund des anschließenden Drucks durch das Internationale Olympische Komitee (IOC) streicht der Weltverband UIPM die Reiterei nach den bevorstehenden Sommerspielen in Paris aus seinem Programm und führt stattdessen den Hindernislauf als neue Disziplin ein. Dadurch soll der Olympia-Status der Pentathleten gesichert bleiben.

2016: Kim Raisner (r.) und Annika Schleu (heute Zillekens) bei der Rückkehr von den Sommerspielen in Rio. Schleu hatte dort Platz vier belegt.
© imago images

Veränderter Modus im Fünfkampf "ein großer Einschnitt"

Für die letzten beiden Fünfkampf-Wettbewerbe im Zeichen der Ringe mit Pferden hat die UIPM mehrere Maßnahmen zum Schutz der Tiere ergriffen. "Der Parcours ist niedriger und nicht mehr so lang. Die Pferde kommen wohl aus der Vielseitigkeit und sind verschiedene Reiter gewohnt. Der Weltverband hat sich Mühe gegeben, die Pferde so vorzubereiten, dass sie verschiedene Reiter tolerieren", beschrieb Raisner die veränderten Voraussetzungen.

Dem nachfolgenden Austausch der Reiterei gegen Hindernisläufe blickt die frühere Staffel-Weltmeisterin mit gemischten Gefühlen entgegen: "Es ist ein großer Einschnitt. Es gibt Kinder, die aufhören, weil sie die Sportart mit Reiten machen wollen. Es gibt aber auch Kinder, die anfangen, weil sie das Hindernisrennen so toll finden. Wir sind motiviert, diesen Weg zu gehen. Für uns ist wichtig, dass wir olympisch bleiben. Das ist unsere Zukunft."