IOC sperrt Sotschi-Sieger Tretjakow lebenslang

SID
Das IOC sperrte Alexander Tretjakow lebenslang für Olympia
© getty

Die Oswald-Kommission des IOC verhängt eine weitere lebenslange Olympia-Sperre gegen einen Sotschi-Sieger. Der Fall verhärtet zwei Wochen vor der Strafverkündung im Staatsdopingskandal die Fronten zwischen IOC und Russland weiter.

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Das Internationale Olympische Komitee greift im russischen Dopingskandal weiter hart durch und hat gegen einen weiteren Goldmedaillengewinner von Sotschi eine lebenslange Olympia-Sperre verhängt.

Skeleton-Olympiasieger Alexander Tretjakow erhielt wie drei seiner Teamkolleginnen die Höchststrafe und muss zudem seine Medaille von Sotschi zurückgeben. Das teilte das IOC am Mittwoch mit, ohne Urteilsbegründungen zu nennen.

Lebenslang für alle Olympia-Funktionen gesperrt wurden außerdem die Skeleton-Fahrerinnen Jelena Nikitina, die ihre Bronzemedaille verliert, sowie Olga Potylizina und Maria Orlowa.

Damit greift die IOC-Kommission von Exekutivmitglied Denis Oswald, die für die Sanktionierung der im McLaren-Bericht genannten 28 verdächtigen russischen Sotschi-Starter zuständig ist, weiter hart durch.

Die Fronten verhärten sich

Die Fronten zwischen Russland und dem IOC verhärten sich zwei Wochen vor der Strafverkündung des Ringeordens gegen Russland im Zuge des Staatsdopingskandals dadurch weiter.

Insgesamt sechs Langläufer sind bereits ebenfalls für alle Funktionen bei Olympischen Spielen lebenslang gesperrt worden, darunter Alexander Legkow, Goldmedaillengewinner von Sotschi über 50 Kilometer.

Alle Sportler wurden aus den Olympia-Ergebnislisten gestrichen. Auch in diesen Fällen will das IOC die Urteilsbegründungen nachreichen.

Stärkerer Rückhalt des IOC gewünscht

Tretjakow hatte in den beiden Rennen der neuen Weltcupsaison die Ränge drei beziehungsweise sechs belegt. Ob er weiter im Weltcup starten darf, muss nun der Weltverband IBSF entscheiden. Nikitina hatte am Samstag den Weltcup in Park City gewonnen - vor Vizeweltmeisterin Tina Hermann.

"Gut, dass man diese Dinge nun ernst nimmt. Ich hätte mir einen stärkeren Rückhalt vom IOC schon vor den Olympischen Spielen in Rio gewünscht", sagte Sportdirektor Thomas Schwab vom Bob- und Schlittenverband Deutschland: "Die IBSF muss sich jetzt wegen der Weltcup-Starts Gedanken machen, aber ohne detaillierte Urteilsbegründung ist das natürlich schwierig."

Die russischen Reaktionen fielen wie erwartet aus. Der nationale Bob- und Schlittenverband teilte mit, dass "fundamentale Rechtsprinzipien der Sportler verletzt" worden seien und kündigte den Gang durch alle Instanzen an.

"Die Meinung der Sportler ist nicht gehört worden"

Vize-Premierminister Witali Mutko sagte der Nachrichtenagentur TASS: "Die Meinung der Sportler ist nicht gehört worden."

Geht das IOC in der Einzelfallbewertung weiter so rigide vor, geraten die Medaillenlisten von Sotschi völlig durcheinander. Geradezu tragisch wären die Verschiebespiele, die das IOC noch offiziell vollziehen muss, für die Letten.

Nach der Disqualifikation von Tretjakow wäre der ursprünglich zweitplatzierte Lette Martins Dukurs neuer Skeleton-Olympiasieger von Sotschi. Damit würde Lettland seine erste Goldmedaille in der Geschichte Olympischer Winterspiele am grünen Tisch erhalten.

Medaillenspiegel beeinflusst

Die Perversität des Verfahrens verdeutlicht auch der Blick an die Spitze des Medaillenspiegels. Mittlerweile liegt Sotschi-Gastgeber Russland nur noch dank der mehr gewonnenen Silbermedaillen auf Platz eins des Medaillenspiegels vor Norwegen, beide Länder haben nun elfmal Gold auf dem Konto.

Würde beispielsweise Bobpilot Alexander Subkow, der schon von Oswald verhört wurde, seine beiden Goldmedaillen verlieren, wäre Russland seinen Platz an der Sonne los.

Die Oswald-Kommission, die derzeit die verdächtigen russischen Sotschi-Starter entweder persönlich in Lausanne oder per Videokonferenz befragt, will der Reihe nach ihre weiteren Sanktionen veröffentlichen.

Haben mehr als 1000 russische Athleten profitiert?

Anlass der Untersuchungen waren zwei Berichte des kanadischen Rechtsprofessors Richard McLaren, der Russland staatlich orchestriertes Doping nachgewiesen hat.

Mehr als 1000 russische Athleten sollen insgesamt profitiert haben. In Sotschi sollen russische Dopingproben mithilfe des Geheimdienstes ausgetauscht oder manipuliert worden sein.

Die zweite IOC-Kommission unter der Leitung des ehemaligen Schweizer Spitzenpolitikers Samuel Schmid befasst sich mit der Frage der Mitwisserschaft russischer Politiker und Behörden.

Übergreifende Strafe am 5. Dezember

Auf Basis ihrer Einschätzung will die IOC-Exekutive unter dem deutschen Präsidenten Thomas Bach am 5. Dezember eine übergreifende Strafe verhängen.

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