Gründung kostete Deutschland Olympia

SID
Walther Tröger ist Ehrenmitglied des IOC
© getty

Die Gründung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) vor zehn Jahren hat den deutschen Sport laut IOC-Ehrenmitglied Walther Tröger die Ausrichtung von Olympischen Spielen gekostet.

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"Ich weiß, dass es schwer beweisbar ist, aber ich bin überzeugt: Drei Olympiabewerbungen innerhalb von zehn Jahren wären unter der Führung eines NOK, wie es sich vor der Fusion präsentiert hat, auf keinen Fall gescheitert", sagte Tröger (87) im Interview mit dem SID.

Das "internationale Ansehen, die hervorragende Vernetzung" des Nationalen Olympischen Komitees (NOK), das er mehr als 40 Jahre als Generalsekretär beziehungsweise Präsident angeführt hatte, "ließ sich nicht ersetzen durch den DOSB", sagte Tröger im Vorfeld der Geburtstagsfeier des Dachverbandes am Freitag in der Frankfurter Paulskirche. Am selben Ort war der DOSB am 20. Mai 2006 aus der Fusion von NOK und dem damals finanziell schwer angeschlagenen Deutschen Sportbund (DSB) entstanden. Seitdem sind zwei Münchner Bewerbungen um Winterspiele (2018 und 2022) sowie die Hamburgs um die Sommerspiele 2024 gescheitert.

"Fusion war falsch"

"Meine Meinung ist heute noch, dass die Fusion falsch war", sagte Tröger. Eine Fusion müsse eine wirkliche Verbesserung zur Folge haben: "Das kann ich beim besten Willen nicht sehen: Die Fusion ist über die beiden Verbände ohne systematische Vorbereitung hereingebrochen, stimuliert wurde sie nur über die alberne, kindische Forderung, der Sport solle mit einer Stimme sprechen."

Das Abstimmungsergebnis innerhalb des NOK, das sich 2006 mit knapper Mehrheit für die Fusion entschied, würde laut Tröger "so heute niemals mehr zustande kommen. Denn jeder dürfte mittlerweile mitbekommen haben, dass die olympischen Verbände ihr Tafelsilber verschenkt haben." Als Beobachter müsse man heute "mehr denn je den Eindruck gewinnen, dass die Leistungssportverbände nicht so zu ihrem Recht kommen wie damals unter dem NOK".

Tröger sagte, er respektiere den DOSB, er sei aber auch überzeugt, dass er "noch eine ganze Weile mit den Fehlern der Fusion zu leben haben wird". Der DOSB müsse seine Finanzen in Ordnung bringen, die Kommunikation mit den Verbänden und die Zusammenarbeit mit der Sporthilfe verbessern, außerdem müsse er "die Politik im Griff behalten. Und er muss sich weiter um die vielen Detailfragen, um die sich der DSB am Ende gar nicht gekümmert hat und die der DOSB richtigerweise wieder auf die Agenda genommen hat, bemühen - ein schwieriges Unterfangen."

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